Russlandpolitik Sanktionspolitik überprüfen

Mehrere Konsumgenossenschaften haben Olaf Scholz einen offenen Brief zur Russlandpolitik geschrieben. Die Antwort des Bundeskanzlers lässt auf sich warten.

Freitag, 16. September 2022 - Management
Heidrun Mittler
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Bildquelle: Konsum Dresden

Gegen die Sanktionen: Einige ostdeutsche Konsumgenossenschaften appellieren in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Sanktionen gegenüber Russland „neu zu justieren“. Andernfalls drohten Deutschland „ein massives Unternehmenssterben, damit verbundene Arbeitslosigkeit und sinkende (Steuer-)Einnahmen“. Direkt an den Bundeskanzler gerichtet, schreiben die Absender: „Herr Scholz, halten Sie ein und machen Sie eine Politik, mit der wir leben können und nicht untergehen.“

Verhaltene Reaktion der Politik
Hat der Bundeskanzler auf den offenen Brief reagiert? „Nein, von dieser Seite ist nichts gekommen“, sagt Martin Bergner. Er ist Vorstandssprecher der Zentralkonsum eG, Berlin. Dieser Genossenschaft gehören die Konsumgenossenschaften an, die in Sachen Lebensmittelhandel tätig sind, wie Konsum Dresden, Leipzig und Burg-Genthin-Zerbst. Etwas Hoffnung hatte man, weil Olaf Scholz früher als Chefjurist (Syndikus) beim Zentralverband Deutscher Konsumgenossenschaften tätig war. Insgesamt sei die Reaktion der Politik „sehr ruhig“ gewesen. Auf Landesebene und seitens der Kammern allerdings hat der offene Brief viel Zuspruch bewirkt, sagt Bergner. Auch hätten sich zahlreiche ostdeutsche Unternehmer gemeldet und ihre Zustimmung zu den Aussagen der Unterzeichner ausdrücklich bekräftigt.

Die Frage, welche Forderungen die Konsumgenossenschaften konkret an die Politik stellen, hält Bergner für den falschen Ansatz: „Wir wählen Politiker, damit sie uns den passenden wirtschaftlichen Rahmen geben, um mit unseren Unternehmen Geld zu verdienen.“ Die Politik habe millionenschwere Berater, es könne nicht Aufgabe der Wirtschaft sein, die Lösungen vorzugeben.

Eine konkrete Äußerung allerdings macht der Sprecher: Er spricht von „einer verkehrten Welt“ in der aktuellen politischen Landschaft. „Es kann doch nicht sein, dass die Politik versucht, alles auszugleichen“, so wie sie derzeit zum Beispiel den Gaslieferanten Uniper rette.

Sorge um die Mitarbeiter
Roger Ulke, Vorstandssprecher Konsum Dresden, stellt klar: „Auch wir verurteilen den brutalen Angriffskrieg Russlands! Auch habe man nie von einer Beendigung der Sanktionen gesprochen. Doch aus Sorge „um unsere Unternehmen, um unsere Mitarbeiter sowie deren Familien“ appelliert er eindringlich an die Politik, „die Embargopolitik gegen Russland neu zu justieren“. Schließlich sollen die Sanktionen „Putin treffen, nicht aber den deutschen Mittelstand ruinieren“.

Als großes Problem nennt Ulke den Stromverbrauch. Die Preisbindung beim Energieversorger Sachsen läuft Ende des Jahres aus. Die Mehrkosten belaufen sich dann auf 3,5 Millionen Euro pro Jahr. Man arbeite seit Jahren daran, die Energiemenge zu verringern, die Einsparungen seien deutlich messbar.