MLF-Tagung Nachhaltigkeit ist kein Luxus

Volles Haus: 470 Teilnehmer folgten der Einladung der Mittelständischen Lebensmittel-Filialbetriebe (MLF) und kamen Mitte Mai zur 164. Tagung in den Norden Baden-Württembergs. Nach zwei Jahren Einschränkungen durch die Corona-Pandemie merkte man den Besuchern aus Industrie und Handel die Freude am gemeinsamen Austausch spürbar an.

Auf der viertägigen Tagung im Heilbronner Messezentrum wurde das Thema Nachhaltigkeit in verschiedenen Redebeiträgen ganzheitlich betrachtet: Wie stehen Kunden wirklich zur Nachhaltigkeit? Wie sehen junge Menschen die Welt von morgen? Welche Ernährungstrends gibt es zwischen Genuss, Umweltschutz und Tierwohl? Wie sieht Nachhaltigkeit als Profilierungsstrategie im digitalen Zeitalter aus?

Markus Mosa, Vorstandsvorsitzender der Edeka, betonte, dass Nachhaltigkeit kein Luxus sei, sondern als Chance gesehen werden müsse. Edeka übernehme bei diesem Thema Verantwortung und fördere die regionale Wertschöpfung, setze sich für Ressourcenschutz und Biodiversität ein und kämpfe gegen Lebensmittelverschwendung. Mosa betonte, dass die Edeka-Zentrale bereits jetzt ambitionierte Klimaziele erfülle. Zudem kritisierte er, losgelöst vom Thema Nachhaltigkeit, die Markenkonzerne, „die momentan auf der Inflationswelle segeln“ und die Preise unverhältnismäßig erhöhen würden. Der Handel „sei in dieser Zeit Anwalt der Verbraucher“.

Die Professoren Stephan Rüschen und Carsten Kortum von der Dualen Hochschule Baden Württemberg empfahlen in ihrem Vortrag einen branchenübergreifenden und umfassenden Nachhaltigkeits-Score. Der Handel müsse mit seiner Marktmacht in Gesprächen Nachhaltigkeit vor Konditionen priorisieren und in der Sortimentspolitik durch Neueinlistungen von Marken und Eigenmarken ein entsprechendes Angebot nachhaltiger Artikel schaffen. Zudem benötige die gesamte Branche endlich eine einheitliche Definition von Klimaneutralität.

Der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer mahnte in seinem Vortrag an, dass die Menschheit mit bald 9 Milliarden Menschen nicht als Wegwerfgesellschaft leben könne, ohne kriegerische Auseinandersetzungen um Ressourcen zu riskieren. Man müsse in Kreisläufen denken und unbedingt verhindern, dass weiterhin jährlich zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel in Deutschland weggeworfen werden.

Weiter bekamen auf der Tagung vier Start-up-Unternehmen, darunter Schokoladenhersteller Tony’s Chocolonely, die Chance, ihre nachhaltigen Innovationsprojekte vorzustellen. Zudem präsentierten etablierte Unternehmen ihre erfolgreichen Nachhaltigkeitsbemühungen. So stellte die Andechser Molkerei das Projekt Klimabauer vor. Großen Anklang fand auch Architekt Professor Hermann Kaufmann für seine nachhaltig auf Holzbasis gebauten Lebensmittelmärkte.

Professor Wolfgang Merkle beschloss das Programm mit seinem Vortrag über die Nachhaltigkeit als Profilierungsstrategie im digitalen Zeitalter. Er warnte davor, eine Art Greenwashing zu betreiben und die Forderungen gerade junger Verbraucher nicht ernst zu nehmen.

Am letzten Tag der Veranstaltung hatten alle Teilnehmer die Gelegenheit, die Edeka-Märkte der Gastgeberfamilie Ueltzhöfer in Heilbronn, Ellhofen und Untergruppenbach zu besuchen. Höhepunkte der Besichtigungen waren der neue Naturkind-Biomarkt in Heilbronn-Sontheim sowie innovative Ladenausstattungen wie das Bier-Terminal.

Abgerundet wurde die MLF-Tagung durch tolle Abendveranstaltungen. „Wir verzaubern die Welt mit Schokolade“ lautete das Motto der Firma Lindt & Sprüngli, die zu einem festlichen Abend auf die Burg Stettenfels einlud. Bekleidet mit Umhängen und Hüten, tauchten die Gäste dort für einige Stunden in eine Zauberwelt ab. Ein toller Abend, der exemplarisch für eine gelungene Veranstaltung in Heilbronn steht.