Nachhaltigkeit bei Obst und Gemüse „Wir denken lokal“

Die Obst- und Gemüseabteilung im Remstalmarkt Mack ist ein echter Hingucker und Umsatzbringer. Nicht zuletzt, weil sich Inhaber Rocco Capurso ganz und gar der Nachhaltigkeit verschrieben hat.

Donnerstag, 02. Dezember 2021 - Management
Dr. Friederike Stahmann
Artikelbild „Wir denken lokal“
Bildquelle: Frederike Stahmann

Himbeeren in Kunststoffschalen aus Marokko, Paprika aus den Niederlanden in Plastikschlauchbeuteln, Äpfel aus Neuseeland, die in Knotenbeuteln landen – das alles, inklusive hoher Verluste in der Warengruppe, ist nicht selten Realität in Obst- und Gemüseabteilungen landauf, landab. Dass es anders – nachhaltiger und zugleich effizienter – geht, lässt sich im Remstalmarkt Mack in Weinstadt erleben. In der Region zwischen Stuttgart und Aalen, dem Remstal, lassen Böden und Klima es zu, dass viel Gutes in bester Qualität – von Wein über Kraut bis hin zu Beeren – wächst. Und gleichzeitig machen Bosch, Daimler und Porsche es möglich, dass man sich diesen Genuss auch leisten kann. Also genau die richtige Region für einen Genusshandwerker wie Rocco Capurso.

Der hat sein Handwerk als Kaufmann bei Hieber gelernt und sich vor sechs Jahren mit zwei eigenen Supermärkten im Speckgürtel von Stuttgart selbstständig gemacht. Wie sein Lehrherr macht auch er beim Thema Frische keine Kompromisse. Und ist damit überdurchschnittlich erfolgreich. „21 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit der Obst- und Gemüseabteilung“, sagt der 47-Jährige nicht ohne Stolz. Das hat gute Gründe und fängt bei der Warenauswahl an: mit Tau benetzte Kohlröschen, frischer Berg-Koriander, Steinpilze aus hiesigen Wäldern oder ein tagfrisch zubereitetes Schokodessert mit Himbeeren direkt aus dem Nachbarort? Das gibt es im Remstalmarkt. So wie weitere 400 Artikel.

Die Obst- und Gemüseabteilung im Weinstädter Markt hat Capurso 2019 umgebaut. „Und das in nur einem Tag“, wie er erzählt. Entstanden ist eine 250 Quadratmeter große Bühne vor allem für Lokales. Man wird täglich von Direktvermarktern rund um Weinstadt beliefert. „Viel ist aus dem Remstal direkt“, weiß Bereichsleiterin Angelika Kaiser, die seit 16 Jahren im Unternehmen arbeitet. Die handgeschriebene Schiefertafel dokumentiert Namen und Adressen der lokalen Lieferanten. 14 an der Zahl allein im Oktober. „Regionalität geht bei uns über den Preis“, so Capursos Devise. „Mehr noch: Wir denken lokal, dann regional, erst dann deutschlandweit, und nur wenn wir etwas gar nicht bekommen, greifen wir zu internationaler Ware.“ Um das konsequent umzusetzen, fährt Bereichsleiterin Angelika Kaiser jeden Morgen um drei Uhr früh zum Stuttgarter Großmarkt.

Bedienung als Joker
Von den Kunden gelernt und vor allem geschätzt ist der 40 Quadratmeter umfassende Marktstand. Beratungsintensive und besonders empfindliche Produkte werden hier verkauft. Das Portfolio reicht von schwarzen Trüffeln über Löwenzahn bis hin zu wildem Brokkoli. Die exquisiten Waren landen in kompostierbaren Tüten aus Maisstärke. Beraten wird von 18 topmotivierten Mitarbeitenden, alle in Vollzeit vor und hinter der Theke.

Hochwertige Resteverwertung
Auch beim Thema Verpackung zeigt sich Capurso als Innovationstreiber. Wie die Bedientheke kommt auch die SB-Abteilung ganz ohne Plastik aus: Tomaten in folienlosen Kartonschalen, Papiertüten für Stückware, Salat in Blumenseidenpapier und Zwiebelnetze aus Baumwolle. Um Kartoffeln in umweltfreundlichen Papiertüten anbieten zu können, hat er dem lokalen Lieferanten mit einem Vorschuss für eine neue Absackanlage unter die Arme gegriffen. Doch Nachhaltigkeit ist für den Inhaber kein Selbstzweck: „Kundenfreundlichkeit ist auch hier unser oberstes Gebot.“

Um die Verluste in der Warengruppe und damit die Lebensmittelverschwendung so gering wie möglich zu halten, hat sich der quirlige Kaufmann so einiges einfallen lassen: ob Gsälz-Herstellung, Salate, Gemüsepfannen und Desserts aus der Schnippelküche, die Grünbox oder Spenden an die Tafel. „Mit diesen Schritten bringen wir die Abschriften auf weniger als 1 Prozent.“