Cash-Management Bargeldloses Bezahlen ist modern

Gerald Mann, Professor an der FOM Hochschule in München, widmet sich in einem Buch dem Thema Bargeldabschaffung. Im Interview spricht er über die aktuelle Diskussion und wie krisenfest Bargeld ist.

Dienstag, 18. Mai 2021 - Strategie
Wibke Niemeyer
Artikelbild Bargeldloses Bezahlen ist modern
Bildquelle: FOM Hochschule

Jeder fünfte Bundesbürger hat laut einer Umfrage des Deutschen Bankenverbandes mehr als 500 Euro Bargeld zu Hause. Dennoch wird immer wieder über die Abschaffung des Bargeldes diskutiert. Wenn Sie einkaufen gehen, zahlen Sie dann mit Bargeld oder bargeldlos? Und warum bevorzugen Sie diese Bezahlform?
Prof. Dr. Gerald Mann: Selbst bevorzuge ich Bezahlen mit Bargeld, weil es praktisch ist und Anonymität sicherstellt. Allgemein: Die Nachfrage nach Bargeld ist seit Einführung des Euros gestiegen, obwohl die Neigung, mit Bargeld zu zahlen, abgenommen hat. Das scheint widersprüchlich. Es erklärt sich daraus, dass Bargeld von privaten Haushalten verstärkt als Reserve gehalten wird, ohne es für Zahlungsvorgänge zu verwenden.

Laut einer Umfrage des Deutschen Bankenverbands zahlen mittlerweile knapp 60 Prozent der Deutschen mit Karte oder Handy, Tendenz weiter steigend. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation rund um die Diskussion von bargeldloser Bezahlung? Wie nah sind wir in Deutschland dran an der Bargeldabschaffung?
Der Trend zur Bargeldlosigkeit ist offenkundig und durch Diskreditierung von Bargeld während Corona (unterstellte Ansteckungsgefahr) verstärkt. In der Menschheitsgeschichte hat sich stets die kostengünstigere Variante von Bezahlverfahren durchgesetzt. Und elektronisches Bezahlen ist kostengünstiger, wenn man die Gefahren und Kosten einer bargeldlosen Welt nicht in eine umfassende Betrachtung miteinbezieht: Verlust an Anonymität mit daraus folgender noch umfassenderer Überwachungsmöglichkeit sowie noch schlimmerer Systemkollaps bei Ausfall von Internet und/oder Strom.

Warum liebäugeln Staaten, Wirtschaftswissenschaftler und Händler mit der Abschaffung des Bargelds?
Jenseits ökonomischer Argumente gilt für viele die Bargeldlosigkeit als Ausweis von Modernität. Dann ist elektronisches Zahlen kostengünstiger gerade für Händler. Und – auch für manche Ökonomen ein wichtiges Argument – können in einer bargeldlosen Welt noch tiefere Negativzinsen durchgedrückt werden, wodurch man sich die Ankurbelung der Wirtschaft durch indirekten Konsum- und Investitionszwang erhofft. Allerdings läge darin auch ein Frontalangriff auf eine gute Sparkultur und das Eigentumsrecht. Und manche Politiker versprechen sich durch diese Negativzinsen eine günstige Möglichkeit zur weiteren Ausdehnung der Staatsverschuldung, denn teilweise verdienen ja Staaten durch Negativzinsen an ihrer Verschuldung zulasten der Sparer. Hinzu kommt die Möglichkeit einer leichteren Überwachung aller Bürger.

In der Corona-Pandemie nutzen immer mehr Menschen, vor allem Jüngere, die Möglichkeit, bargeldlos zu zahlen. Sehen Sie darin einen kurzfristigen Trend oder eine langfristige Veränderung? Welche Vorteile hat eine bargeldlose Gesellschaft?
Der Trend zur Bargeldlosigkeit steht, und bei Jüngeren ist er deutlich stärker ausgeprägt. In einer bargeldlosen Gesellschaft lassen sich die Vorteile der Digitalisierung noch besser nutzen, weil es keine nicht registrierten Transaktionen mehr gibt. Das erleichtert die Buchhaltung und die Erstellung von Steuererklärungen.

Bei einem Stromausfall funktioniert elektronisches Zahlen nicht mehr. Wie krisenfest ist die bargeldlose Welt?
Ganz genau. Selbst wenn wir Bargeld bereits abgeschafft hätten, müssten wir es zur Absicherung gegen Strom- und/oder Internetausfälle wieder einführen. Jedes Krankenhaus verfügt aus guten Gründen über ein Notstromaggregat. Bargeld dient der Milderung von unter Umständen katastrophalen Folgen eines solchen Vorfalls.

Zur Person
Professor Dr. Gerald Mann, Dipl.-Volkswirt, Dipl. sc. pol. Univ., Jahrgang 1968. Nach Abitur, Wehrdienst, Banklehre und erster Berufstätigkeit im Bankgeschäft studierte Mann Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität sowie Politikwissenschaft an der Hochschule für Politik in München. Anschließend wurde er Unternehmensanalyst in einer Großbank, dann Geschäftsführer und Berater im Verlagswesen.

Mann promovierte an der Universität der Bundeswehr in München über internationale Handelspolitik. Heute lehrt er als Professor für Volkswirtschaftslehre und ist regionaler Gesamtstudienleiter an der FOM Hochschule in München. Er ist Co-Autor des Buches „Bargeldverbot – Alles, was Sie über die Bargeldabschaffung wissen müssen“.