Personal Azubi-Suche in der Pandemie

Das Azubi-Recruiting wird auch in diesem Jahr wieder anders verlaufen. Welche Strategien verfolgen Händler diesmal? Die LP hat nachgefragt.

Montag, 19. April 2021 - Management
Hedda Thielking
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Die Pandemie wirkt sich weiter auf den gesamten Azubimarkt in Deutschland aus. Die Zahl der Ausbildungsstellen und Bewerber geht deutlich um 9 beziehungsweise 12 Prozent zurück. Den Lebensmittelhandel aber scheint es nicht so hart zu treffen. So wurden in der Berufsgruppe „Verkauf von Lebensmitteln“ im Februar 12.266 Ausbildungsstellen gemeldet (3 Prozent mehr als im Vorjahresmonat). Gleichzeitig haben sich nur 867 junge Menschen (−18 Prozent) um einen Ausbildungsplatz in dieser Berufsgruppe beworben. Auch wenn in all den Daten noch viel Bewegung ist, scheinen potenzielle Bewerber noch etwas zurückhaltend zu sein. Nicht nur sie.

Unsicherheit verspüren auch Sonja und Markus Lischka in Landsberg am Lech. Sie bilden in ihren drei Rewe-Märkten momentan sieben Azubis aus (alle Kaufmann/-frau im Einzelhandel). Die Suche nach neuen Azubis läuft nach wie vor über die Rewe-Stellenbörse. „Ein Zugpferd ist auch unser Banner im Eingangsbereich mit der LP-Prämierung ,Ausbilder des Jahres‘“, berichtet Sonja Lischka. Von weiteren Werbemaßnahmen sieht das Ehepaar zurzeit jedoch ab. „Auch wenn der Lebensmittelhandel bei den jungen Menschen als krisensicher gilt, tun wir uns mit der Einstellung neuer Azubis schwer. Aufgrund der Pandemie hatten wir selten so wenig Planungssicherheit. Wir wissen nicht, wie sich die Gesellschaft wandeln wird und wie sich das Geschäft entwickeln wird. Somit können wir auch den Personalbedarf schwer abschätzen. Bevor wir die Verträge später auslaufen lassen müssen, stellen wir momentan nur Azubis ein, von denen wir hundertprozentig überzeugt sind.“

Uwe und Gabi Oser sowie ihr Sohn Steffen gehen in die Offensive. Sie bilden in den beiden Edeka-Märkten in Iffezheim und Hügelsheim derzeit neun Azubis aus. Seit dem vergangenen Jahr hat die Anzahl der Bewerbungen coronabedingt nachgelassen. „Wir konnten unseren Markt beispielsweise nicht wie sonst in Schulen vorstellen und auch keine Inhouse-Veranstaltungen für Schulklassen durchführen“, begründet Wassilios Charalabidis, Assistent der Geschäftsleitung, die Entwicklung.

Recruiting per Social Media
Auch wenn die Ausbildungsstellen nach wie vor in der Onlinestellenbörse bei Edeka, IHK und Arbeitsagentur ausgeschrieben werden, setzt Edeka Oser seit Februar auf zwei Kampagnen bei Facebook und Instagram: „Wir haben einen sechsminütigen und einen einminütigen Film über die Ausbildung in unseren Märkten gedreht. Dabei haben wir einmal das Nutzerprofil so konfiguriert, dass der kurze Film bei 13- bis 24-Jährigen als Werbung erscheint. Die zweite Gruppe, die gezielt beworben wird, sind die 30- bis 65-plus-Jährigen, also die Eltern und Großeltern unserer zukünftigen Azubis“, berichtet Charalabidis. Nach zehn Tagen hat Edeka Oser mit den Kampagnen etwa 10.000 Personen erreicht, 300 Personen haben sich den Film angeschaut. Die Kosten bei Facebook belaufen sich auf rund 20 Euro pro Tag.

Boom bei Edeka Südwest
Die Edeka Südwest hat seit dem vergangenen Jahr bei einer etwa gleichbleibenden Zahl an Ausbildungsplätzen deutlich mehr Bewerbungen erhalten. „Sicher deshalb, weil sich der Lebensmittelhandel als krisensicher erwiesen hat, wobei wir diesen Aspekt in unserem Azubi-Marketing nicht einmal explizit betont haben“, ist Vanessa Rehder, Gesamtleitung Personalentwicklung Edeka Südwest, überzeugt. Ihr Plan: „Vergangenes Jahr haben wir Ausbildungsmessen oder Schulbesuche durch passende Onlineangebote ersetzt, die bei Schülern und Lehrkräften sehr gut ankamen. An denen werden wir festhalten, sie ausbauen und weiter an innovativen Konzepten arbeiten.“ Dank sicherer Hygienekonzepte waren persönliche Vorstellungsgespräche und Probearbeiten in den Märkten weiterhin möglich. Mit der Unterstützung des Recruiting- und Personalentwicklungsteams haben sich Bewerber auch mit Vorstellungsgesprächen per Videokonferenz schnell wohlgefühlt.

Trotzdem steht für Vanessa Rehder fest: „Auch wenn viele Bewerber mittlerweile souveräner mit der zunehmenden Digitalisierung umgehen und manche der Online-Tools auch nach Corona noch bei uns eingesetzt werden, wünschen wir uns natürlich auch das persönliche Gespräch wieder zurück.“

Persönliches Gespräch wichtig
Vorab-Praktika und Probearbeiten sind für interessierte Bewerber unter Einhaltung der Hygieneregeln sicherlich nach wie vor möglich und sinnvoll, damit die Bewerber einen Einblick in den Arbeitsalltag bekommen und den Markt sowie die Kollegen kennenlernen. Ob bei den Bewerbern durch ein Praktikum der Funke überspringt oder ob sie sich unter der Arbeit etwas anderes vorgestellt haben, letztlich ist mit Praktika – Pandemie hin oder her – beiden Parteien geholfen.

Vorstellungsgespräche per Video können sinnvoll sein, um einen ersten Eindruck von den Bewerbern zu bekommen. Die meisten Arbeitgeber werden aber auch festgestellt haben, dass man selbst nach einem erfolgreichen Online-Vorstellungsgespräch den neuen Auszubildenden vor Vertragsabschluss wenigstens einmal persönlich sehen und sprechen möchte. Den neuen Azubis geht es garantiert genauso.