Kundenkarten Bringt‘s der Bonus ?

Ende vergangenen Jahres startete Real ein neues Bonusprogramm. Und versprach satte Rabatte und „exklusiven Kundenservice“. Der Haken: „realPro“ kostet.

Sonntag, 13. September 2020 - Management
Lebensmittel Praxis
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Bildquelle: Carlos Albuquerque

Der Ansatz von „realPro“ ist neu. Aber das Programm kostet Geld. Für Kunden lohnt sich das Programm wahrscheinlich, aber für Real? Warum also macht das Real, und kann der restliche Handel daraus lernen?

20 Prozent Rabatt auf den Normalpreis – das gab es im Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) noch nie. Aber schon mal woanders: „20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“? Umsatz, ja – aber um welchen Preis?! Die Baumarktkette Praktiker hat damals die Umsätze gesteigert, aber die Margen reichten zur Deckung der Kosten nicht aus. 2013 kam die Insolvenz. Bei „realPro“ rentiert sich die Mitgliedsgebühr für Kunden ab einen Einkaufswert von 345 Euro im Jahr. Aktionspreise sind ausgeschlossen. Ist der Normalpreis minus 20 Prozent besser als ein Aktionspreis? Eine „Discounter-Dauerniedrigpreisstrategie“ klappt nur, wenn die Kosten niedrig sind. Das ist bei Real aufgrund der Großflächen und -strukturen aber kaum gegeben. Oder sollten hier kurz vor dem Verkauf die Umsätze noch mal steigen, um eine bessere Verhandlungsbasis zu erreichen? Eine Unterstellung? Wahrscheinlich.

Problem mit der Kostendeckung
Im LEH sind die Margen eng und Kosten hoch. Bei einer durchschnittlichen Marge von 25 Prozent im LEH und einem Nachlass von bis zu 20 Prozent durch ein Vorteilsprogramm bleibt nicht mehr viel zur Deckung der Personal- und Sachkosten. Mehrumsätze sind zwar denkbar, aber zu welchen Kosten? Der größte Block sind wie immer Personalkosten und die steigen sprungfix mit dem Umsatz. Mehr Personal lässt Kosten weiter steigen, aber nicht die Erträge. Das Real-Vorteilsprogramm macht es auch für die künftigen Inhaber schwierig. Hat der Kunde sich an das Vorteilsprogramm an einem Standort gewöhnt, wird er sich sicherlich nicht freuen, wenn die finanziellen Vorteile durch den neuen Inhaber verwehrt bleiben.

Es geht aber auch anders. Drogeriemarkt dm hat seine Basispunkte-Kosten seit Anfang des Jahres auf die Hälfte reduziert: Auf einen Punkt je zwei Euro. So machen es auch Mitbewerber. Durch die Reduzierung wird dm voraussichtlich 27 Millionen Euro Basis-Punktekosten sparen. Dafür soll es mehr Zusatzpunkte-Coupons geben. Ein kluger Schachtzug. Und wie fanden die dm-Kunden das? Sie zeigten sich auf sozialen Medien vereinzelt verärgert. Nach dem ersten „Schock“ ist davon auszugehen, dass sich Kunden an den neuen Rabatt und die dafür höheren Bonus-Coupons gewöhnt haben. Vielleicht hat der ein oder andere Kunde es aber auch nicht bemerkt und freut sich über höhere Bonus-Coupons.

Übrigens: Kundenkarten mit Mitgliedsgebühr haben im Handel schon immer eine untergeordnete Rolle gespielt. „realPro“ zielt bei seinem Leistungsangebot ausschließlich auf finanzielle Vorteile ab. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen aber: Kundenkarten mit ausschließlich finanziellen Vorteil verführen Kunden kaum zum Wechsel der Einkaufsstätte (sogenannte geringere „physische Wechselbarrieren). Das wäre aber maßgeblich für die Kundenbindung. Das heißt: Die Kundenbindung bei „realPro“ basiert nur auf ökonomischen Wechselbarrieren. Sobald diese verschwinden, verschwindet auch der Umsatz. Ein Teufelskreis.