Aldi Italia Buongiorno Aldi

Aldi bietet in Italien nicht nur der Discount-Konkurrenz die Stirn, sondern auch den Supermärkten. Frische, Regionalität und ladenbauliche Ästhetik fallen auf.

Sonntag, 08. April 2018 - Management
Dieter Druck
Artikelbild Buongiorno Aldi
„Nuss-Spender“ in der O&G Abteilung.
Bildquelle: Roeb

Der 1. März 2018 wird den Menschen Nord-Italiens noch lange in Erinnerung bleiben. Nicht, weil Aldi in Italien seine ersten Filialen eröffnete, sondern wegen heftiger Schneefälle, die den Schienenverkehr teilweise zum Erliegen brachten und Schulen geschlossen blieben. Dennoch war am Eröffnungstag in Piacenza noch um 19 Uhr abends der Aldi-Parkplatz mit rund 100 Autos dicht besetzt und die Kassen fielen aus. Die Kunden mussten mit ihren vollen Wagen über eine halbe Stunde in bis zu 20 Meter langen Schlangen vor den vier Checkouts ausharren. Immerhin wurde ihnen die Wartezeit mit der Verteilung kostenloser Schokowaffeln versüßt. Auch am Folgetag ließ der Andrang nicht nach.

Aldis Auftritt in Italien setzt Maßstäbe und wenn das Andere und Neue immer auch das Bessere ist, hat Aldi hier nicht nur gegenüber den Wettbewerbern, sondern auch gegenüber dem eigenen, neuen Konzept in Deutschland einen deutlichen Vorsprung erarbeitet. Klar ist auf jeden Fall der Hauptgegner: der Supermarkt. Ob dabei die angestammte Preisaggressivität verloren geht, lässt sich jetzt noch nicht beurteilen, auch deshalb, weil es kaum mit Deutschland einerseits, und Lidl Italien andererseits, direkt vergleichbare Produkte gibt. Der Kundenandrang spricht zumindest für die Attraktivität der Sonderangebote.Dass in Italien vor allem der Supermarkt als Wettbewerber aufs Korn genommen wird, lassen zwei Sortimentsausrichtungen erkennen: Regionalität und Frische. Regionalität dokumentiert Aldi bereits in der Eingangszone. Noch vor Betreten des Ladens stellt ein ca. drei Meter breites und 1,5 Meter hohes Schild mit den Umrissen einiger wichtiger Bauten der Umgebung den ersten regionalen, sogar lokalen Bezug her. Das Sortiment weist fast keine Parallelen zu Deutschland auf und ist auch von den Marken her italienisch geprägt. Einen regionalen Akzent setzt überdies eine eigenständige Kühltheke an der Kopfseite, die unter „Banco di Sapori“, frei übersetzt „Truhe der Geschmacksrichtungen“ regionale Spezialitäten bietet.

Obst & Gemüse nach vorne
Noch deutlicher ins Auge sticht der Frischeanspruch. Mit dem O&G-Angebot direkt im Eingangsbereich setzt Aldi bereits ein erstes Ausrufezeichen. Während O&G in Deutschland nach hinten in die Nähe der Kühltheken wanderte– wie auch bei Lidl Italien –, findet sich das Angebot in Italien direkt im Eingangsbereich. Frische – so das deutliche Signal – ist die USP, genau wie bei einem Supermarkt. Die Regale ordnen sich auch nicht in die geraden Reihen des Ladens, sondern stehen teilweise im rechten Winkel dazu und bilden so einen strukturierten Raum, der zwei Regalreihen und einen Gang breit ist. Erst dahinter beginnen die bekannten Regalreihen.Neben der O&G-Abteilung dokumentiert sich der Frischeanspruch insbesondere bei den frischen Backwaren. Auf der Rückseite des Ladens stehen nicht einfach die allseits bekannten, von hinten zu beladenen Regale mit Plexiglas-Fächern. Für die Kunden sichtbar stehen dahinter die Öfen, in denen die Backwaren zubereitet werden. Das ganze ist konzeptionell nicht völlig neu, aber aufgrund der ästhetischen Gestaltung doch etwas Besonderes.

Keine Discount-Ästhetik
Tatsächlich verdient die Ästhetik eine besondere Erwähnung. Vielleicht ist dies neben Regionalität und Frische sogar der dritte strategische Schwerpunkt. Angefangen von den Bodenfliesen über die konvexen Plexiglastüren des Schranks für Frischfleisch, die Schriftbänder oberhalb der Wandregale bis hin zur Kleidung der Mitarbeiter strahlt der ganze Markt eine Gediegenheit aus, die nicht nur die Discount-Konkurrenten Lidl und Eurospin eher ärmlich wirken lässt, sondern auch die in Italien recht einfach gestalteten Supermärkte. Ob, wie und über welchen Zeitraum sich dieser Luxus rechnet, lässt sich von außen nicht erschließen. Immerhin führt Aldi mit 1.900 Artikeln, davon 85 Prozent preiswerte Eigenmarken, weit weniger als ein Supermarkt und man bleibt der kostensparenden Präsentation im Umkarton treu. Das ist ein ästhetischer Wermutstropfen, der umso deutlicher auffällt, als die italienischen Lieferanten die Gestaltung ihrer Umkartons noch nicht so recht beherrschen. Jedenfalls positioniert sich Aldi trotz des discounttypisch begrenzten Sortiments weit oberhalb der meisten Wettbewerber.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Obst und Gemüse empfangen die Kunden.
Bild öffnen „Nuss-Spender“ in der O&G Abteilung.
Bild öffnen In den Regalen stehen insgesamt 1.900 Artikel.
Bild öffnen Die Backstation ist repräsentativer als in Deutschland.
Bild öffnen Erzeuger mit Bezug zur Region werden herausgestellt.