Round Table Frankreich „Frankreich braucht neue Ideen“ - Round Table Frankreich: Teil 3

Die französische Küche genießt nach wie vor hohes Ansehen und Produkte aus Frankreich stehen für hochwertige Lebensmittel. Dennoch scheint die Aufmerksamkeit und Präsenz für Baguette und Brioche hierzulande nachzulassen. Eine Diskussion über Ursachen und Lösungen.

Donnerstag, 31. August 2017 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild „Frankreich braucht neue Ideen“ - Round Table Frankreich: Teil 3
Bildquelle: Carsten Hoppen

Braucht man eventuell Speerspitzen, also besondere Produkte, die den Weg für andere Produkte bereiten?
Noël-Grautmann: Muss man mehr über Themen nachdenken? Der Apéritif à la française vereint mehrere Produktgruppen. Dies könnte ein Thema sein, um neue und breitere Zielgruppen anzusprechen.

Reifenhäuser: Diese Speerspitzen gibt es doch: „Label rouge“-Hähnchen müssten doch vermittelt werden können. Gerade jetzt, wo der Verbraucher mehr nach Herkunft, Aufzucht, Nachhaltigkeit fragt.

Krick: Die Frage ist schon, wie grenze ich mich ab, wie bin ich authentisch. Dazu muss ich mich intensiv mit dem Markt beschäftigen. Letztlich muss der Konsument bereit sein, für ein solches Produkt zu zahlen. Das bedeutet Kleinarbeit für den Hersteller, es ist nicht Aufgabe von Business France.

Bakhaus: Aber es wäre schon einfacher, wenn eine übergeordnete Organisation koordiniert. Handel und Hersteller müssen natürlich mitmachen.

Krick: Konzentration ist auch nicht schlecht: Norwegen zum Beispiel hat sich in seiner Kommunikation auf ein Thema eingeschossen: den Fisch. Natürlich gibt es dort auch andere Exportprodukte. Die Kommunikation wird jedoch auf eines konzentriert. Frankreich könnte ebenfalls Schwerpunkte setzen. Das könnte natürlich in Abständen auch wechseln.

De la Fouchardière: Es gibt noch eine andere Hürde. Leider sind viele französische Produzenten überzeugt, dass sie das ohnehin beste Produkt haben und dass sich dieses deshalb auch von alleine verkaufen wird. Anpassungen oder Zugeständnisse an den deutschen Markt? Fehlanzeige. Da ist man dann überrascht, wenn es in Deutschland nicht läuft. Hier denken die Hersteller viel zu wenig vom Konsumenten aus. Und der ist nun mal in Frankreich und Deutschland verschieden.

Krick: Stimmt. Das fängt manchmal schon bei den Verpackungen an. Manchem Produzenten fehlt hier die Einsicht in notwendige Vorleistungen zu treten.

Noël-Grautmann: Wie wichtig ist das Aufgreifen von Trends wie Vegan, Vegetarisch oder Bio?

Nottebohm: Vegan ist doch schon wieder tot. Flexitarier werden allerdings mehr werden.

Streifer: Es gibt bleibende Entwicklungen: Gesundheit lässt sich besser kommunizieren, genauso wie Regionalität oder Transparenz.

Hamm: Was wäre aus Ihrer Sicht zu tun, um den Absatz französischer Produkte voranzubringen?

Köstler: Dem Verbraucher müssen Konsumanlässe nahe gebracht werden, die sie mit Frankreich verbinden. Beispiel Apéritif à la française. Vielleicht müssen auch ganz neue Anlässe geschaffen werden.

Zimmermanns: Der Handel muss mehr Mut aufbringen, hochwertige Rohstoffe und Produkten auch preislich darzustellen.

Nottebohm: Bei uns im Vollsortiment sind die Kunden im Durchschnitt rund 49 Jahre alt. Das sind Genussmenschen, und die geben auch Geld für Qualität aus. Wir brauchen aber mehr Ansprache von jungen Leuten. Wenn wir die Kraft, die wir zum Beispiel für Fleisch einsetzen, auch bei Geflügel aufbringen, wird es viel Bewegung geben. Und das kann Frankreich gut.

Streifer: Wir brauchen ein generelles Konzept, welches die Kategorie französischer Produkte transportiert. Apéritif ist ein Thema, aber auch generell „savoire vivre“, also „verstehen, gut zu leben“. Die Marktveränderungen in Deutschland – ein allmählicher Abschied von der reinen Preisfixierung – wäre die Chance für französische Erzeugnisse. Damit sind auch wieder bessere Promotions denkbar. Warum wird zum Beispiel der französische Nationalfeiertag am 14. Juli nicht besser genutzt: immer nur Austern, Rotwein und Champagner. Stattdessen sollten Trends aufgegriffen werden: gesund, fit, convenient.

Dicke: Wir brauchen tatsächlich mehr Kommunikationsanlässe. Diese müssen von einer übergeordneten Organisation wie Business France angestoßen werden.

Krick: Französische Unternehmen, die auf den deutschen Markt wollen, müssen sich mehr mit diesem beschäftigen. Bis zur Frage, ob überhaupt ein Markt da ist. Im Zweifel muss man den dann auch woanders suchen. Schön wäre es, die Frankreich-Wochen neu zu erfinden.

De la Fouchardière: Frankreich zeichnet sich durch eine große Vielfalt an Produkten aus. Die Kommunikation kann nicht alle erfassen. Wir müssen uns die Frage stellen, welche Kategorie beschreibt Frankreich am besten? An den Erfolg neuer französischer Verzehranlässe glaube ich weniger, das wurde zu oft schon vergeblich versucht. Eventuell ist es sinnvoll über ein übergeordnetes Label nachzudenken.