Selbst gemacht , oder neudeutsch homemade, heißt das Attribut, mit dem sich Einzelhändler von den Mitbewerbern abheben möchten. Sei es die selbst angerührte Sauce für die Currywurst oder die Konfitüre nach Oma Gretels Rezept – es gilt, dem Konsumenten zu zeigen, dass man etwas speziell für ihn gefertigt hat. Ein Produkt, das es in dieser Form beim Wettbewerber nicht zu kaufen gibt. Erfolg versprechend sind Erzeugnisse aus eigener Kreation unter anderem im Convenience-Bereich. Der moderne Mensch von heute verbringt seine Mittagspause nicht in der heimischen Küche, sondern speist irgendwo: am Schreibtisch, auf der Parkbank oder vielleicht im Auto. Also braucht er eine praktische Verpackung, mit Besteck und Serviette.
Da passt es gut, wenn der Kaufmann etwas anbietet, das genau auf die Bedürfnisse des Stadtmenschen zugeschnitten ist. Nehmen wir, passend zur Saison, das Beispiel Erdbeeren: Frische, aromatische Früchte, geputzt, halbiert und eventuell gezuckert, sind für sich genommen schon lecker. Wenn die Früchte aber noch auf einem Bett aus Quark liegen, ersetzen sie im Nu eine (kleine) Mahlzeit oder dienen zumindest als Nachtisch.
Schon fast fertig
Das alles hört sich in der Theorie prima an. Wenn man die Mitnehm-Produkte aber selbst herstellen soll, treten schnell die Probleme zutage: Zwar denkt der Chef, das sei doch alles „schnell gemacht“. Aber sehen die Produkte dann auch so aus, dass sie den Impuls aussenden: „Kauf mich!“? Und genügen sie den hygienischen Anforderungen?
Die DMK Group, Deutschlands größtes Molkereiunternehmen, hat mit Unterstützung von Partnern wie Dornseifer und San Lucar ein Konzept entwickelt, das die Herstellung von Mitnahme-Produkten stark vereinfacht. Es funktioniert, indem die DMK Group Milchprodukte unter der Marke Milram in Portionsbecher besonders sauber (in der Fachsprache: ultra clean) abfüllt. Vor dem Versand an den Handel werden die Becher mit einer Siegelfolie versehen.
Die Marktmitarbeiter müssen die Folie lediglich abziehen, bevor sie frische Früchte, Müsli oder andere Toppings hinzufügen. Im Anschluss werden die Becher dann mit einem Kuppeldeckel verschlossen und mit mitgelieferten Etiketten versiegelt. Eine Pflichtkennzeichnung nach der Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV) ist nicht notwendig. Peter Dornseifer, Geschäftsführer bei Dornseifer und zuständig für die Eigenproduktionen des Unternehmens, hält das Konzept für eine gute Idee: „Es ist durchaus vorstellbar, dass wir es in unseren Märkten einführen, aber wir sehen auch das Risiko, unsere bewährten Rezepturen zu verändern.“ Das To-go-Konzept von Milram bietet laut Sophie Lang, Leitung Marketing LEH und Category Development, Kalkulationssicherheit: Die Portionsgrößen (185-g-Becher) bleiben immer gleich. Außerdem lassen sich Abschriften vermeiden, die entstehen, wenn kleine Becher aus Großgebinden befüllt werden.
Die DMK Group hat bereits im Großverbraucherbereich Erfahrungen mit einem entsprechenden Konzept gesammelt. Neben den Mitnehm-Bechern bietet sie ein Servicepaket für den Handel an: Plakatvorlagen zur Auslobung im Markt inklusive Preisfeld, Löffel, Servietten sowie ein Transport-Tray. Denn aus Konsumentenstudien wissen die Marketing-Verantwortlichen, dass Verbraucher oft mehr als einen Becher kaufen, um zum Beispiel auch Kollegen einen Snack mitzubringen. Dann ist eine Lösung gefragt, die es ermöglicht, mehrere Becher in einem Tray zu transportieren. Der Handel hat die freie Wahl, welche Produkte die Basis bilden, wie zum Beispiel Milchreis, Quark-Dessert oder Skyr. Auch beim Topping kann er frei wählen, auf Saisonalität und Trends reagieren.
Matthias Rensch
Quark plus Früchte obendrauf? Genau das ist das Richtige für Matthias Rensch. Er ist zuständig für das Markengeschäft der DMK Group und verantwortet dort insbesondere die Marke Milram. Der 46-Jährige ist seit mehr als 20 Jahren in der Lebensmittelindustrie tätig. Er hat seine Laufbahn im Außendienst bei Ferrero Deutschland begonnen, 2009 wechselte er zum Obstund Gemüseanbieter San Lucar, wo er 2011 die Geschäftsführung Deutschland übernahm. 2013 hat er Früchte gegen Milch eingetauscht: Er ist zu DMK nach Bremen gewechselt. Übrigens, sein korrekter Titel lautet: Chief Operating Officer der Business Unit Marke. Seit der Neuorganisation der DMK Deutsches Milchkontor GmbH im Januar 2017 hat das Unternehmen insgesamt sechs Geschäftsbereiche definiert. Neben DMK Marken-Unit gibt es eigene Business Units für die Bereiche Baby, Eis, Industrie, Handelsmarke sowie International. Die DMK Group ist Deutschlands größtes Molkereiunternehmen mit einem Jahresumsatz von 4,6 Mrd. Euro und über 8.300 Milcherzeugern.
Quarkdesserts im Mopro- Regal und zusätzlich als To-go-Becher im Eingangsbereich? Warum und wie das funktionieren kann, erklärt Matthias Rensch von der DMK Group.
Herr Rensch, welchen Vorteil hat der Händler, wenn er Ihr To-go-Konzept nutzt? Er könnte doch auch selbst Quark in die Becher füllen, bevor er die Früchte darauf legt …
Matthias Rensch: Die einfache und schnelle Zubereitung der Produkte bindet wenige Ressourcen. Der Handel profitiert von gleichbleibender, maximaler Qualität, und das bei minimalem Handling-Aufwand. Das heißt für den Handel: hohe Wertschöpfung.
Wie reagiert der Handel auf die Vorstellung Ihres Konzeptes?
Sehr positiv! Wir haben eine überwältigende Nachfrage von verschiedenen Handelspartnern mit unterschiedlichsten Marktgrößen und auch aus diversen Regionen. Es scheint, dass To-go-Angebote ein nationales Thema sind, was nicht nur Händler umtreibt, die erst anfangen, sich mit dem Thema Ultrafrische und Convenience auseinanderzusetzen, sondern auch diejenigen, die sich schon länger darüber differenzieren und profilieren.
Welche Spannen sind Ihrer Erfahrung nach realisierbar?
Mit To-go-Konzepten spricht man eine kaufkräftige, impulsstarke Zielgruppe an. Durch die deutlich reduzierten Handling-Kosten reden wir über eine überdurchschnittliche Wertschöpfung für den Handel.
Welche Kombinationen von Milchprodukten und Frucht kommen beim Kunden besonders gut an?
Wir bieten sättigende, genussreiche und erfrischende Produkte an. Dazu haben wir eigenständige Rezepturen für die verschiedenen Produkte entwickelt. Beispiele sind die Quark-Creme mit Traube, Nuss und Honig sowie mit Cranberries und Cookies. Für den Klassiker Milchreis empfehlen wir Rote Grütze oder Apfelkompott als Ergänzung.
Entwickeln Sie auch pikante Produkte?
Unsere aktuellen Rezepturen sind auf süße Desserts ausgerichtet. Aus Konsumentenstudien wissen wir, dass diese im To-go-Bereich zurzeit ein gefragter Trend sind. Eine Weiterentwicklung des Konzepts in Richtung pikant ist für uns durchaus denkbar.
Wie lange ist die Restlaufzeit Ihrer Becher?
Die von uns garantierte Restlaufzeit beträgt 18 Tage. Das steht übrigens nicht im Gegensatz zur Ultrafrische, da wir über eine Abfüllung im „Ultra-Clean-Bereich“ sprechen.
Welche Voraussetzungen sollte eine Verkaufsfläche mitbringen, damit sich ein solches To-go-Konzept lohnt?
Die Einsatzmöglichkeiten sind variabel. Gibt es eine Schnippelküche, können die Produkte weiter veredelt und dekoriert werden, je nach Tageszeiten in unterschiedlichen Ausprägungen. Also vormittags eher fruchtig und nachmittags eher süß. Doch auch bei wenig Platz im Markt sind die Produkte schnell fertiggestellt, zum Beispiel mit ein paar Beeren oder einem Zimt-Zucker-Topping.
Wo stellt man eine Kühltruhe mit den Produkten am besten auf?
Ob im Eingangsbereich bei Obst und Gemüse oder kurz vor der Kasse – je nachdem, wo Shopper im Markt unterwegs sind und diese Angebote suchen, sollte das Sortiment sofort auffallen.
Inwieweit beeinflussen die To-go-Produkte den Absatz von traditionellen Fruchtquarks und ähnlichen Produkten?
Mit unseren To-go-Produkten sprechen wir eine andere Zielgruppe an. Wir bringen ein Produkt-Sortiment auf den Markt, das für andere Verzehranlässe gedacht ist als zum Beispiel unsere Feine Quarkcreme – eben ein idealer Snack für unterwegs. Unsere Quark- und Grießdesserts sind Produkte, die hauptsächlich Zuhause verzehrt werden. Somit gehen wir nicht davon aus, dass der Absatz anderer Milram-Produkte oder auch anderer Desserts im Markt beeinflusst wird.