Interview mit dem Edeka Südbayern Vorstand Volle Kraft voraus - Interwie: Teil 2

Die Edeka Südbayern treibt – unabhängig von der Tengelmann-Entscheidung – die Expansion voran. Das Vorstandstrio, seit gut einem Jahr im Amt, setzt auf neue Ladenkonzepte, noch mehr Regionalität und eine schlagkräftige Logistik, um Wachstum und Erfolg zu sichern.

Donnerstag, 22. September 2016 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Volle Kraft voraus - Interwie: Teil 2
Bildquelle: Stefan Geisenfelder

Wie läuft Ihr neuer Vorzeigemarkt in Gaimersheim bisher?
Hollinger: Es ist ein spannender Standort, der uns richtig Spaß macht. Das Konzept mit tollen Frischeabteilungen sowie Front-Cooking bzw. Gastronomie kommt sehr gut an. Wir testen dort diverse Innovationen (vgl. LP 10/16). Diejenigen, die sich durchsetzen, werden künftig auch an anderen Standorten eingesetzt.

Gehört die Kochbar, die Gastronomiefläche neben den Theken, dazu?
Hollinger: Gastronomie im Supermarkt ist komplex. Es wird sicher noch etwas dauern, bis die Kochbar profitabel betrieben werden kann. Derzeit sind wir dabei, sie weiterzuentwickeln und die Angebote anzupassen für die Stunden zwischen den bereits umsatzstarken Haupt‧essenszeiten. Die Entscheidung, die Köche in den Thekenverkauf zu integrieren, hat sich bereits bewährt.

Wie wird die Abholbox angenommen?
Hollinger: Beim Umsatz liegen wir plankonform. Aktuell haben wir mehr als 600 angemeldete Kunden – vorwiegend technikaffine Männer und Frauen, die hier im Gewerbegebiet arbeiten. Überraschend für uns war, dass die Abholzeit hauptsächlich während der Öffnungszeiten des Marktes ist und nicht, wie erwartet, nach 20 Uhr. Erstaunt hat uns auch, dass bei den Online-Bestellungen der Anteil an Obst und Gemüse über dem Durchschnitt liegt, den wir im Markt erzielen.

Wir haben mit 3,2 Prozent das höchste Ebit überhaupt erwirtschaftet.
Annemarie Schalk

Wird die E-Box ausgerollt?
Hollinger: Zunächst ist der Plan, aus dem Markt in Gaimersheim weitere E-Boxen zu bestücken. Aktuell sind wir in Verhandlungen, wo wir diese Boxen als Stand-alone-Lösung in der Region platzieren dürfen. Zudem haben einige unserer selbstständigen Händler ebenfalls Interesse an einer E-Box.

Amazon ist mit „Prime Now“ vor Kurzem in München gestartet, Amazon Fresh wird wohl kommen. Müssen Sie da nicht auch mit einem Lieferdienst mitziehen?
Hollinger: Wir testen mit unserer E-Box aktuell den Ansatz einer Abholstation. Um ein Urteil treffen zu können, warten wir die Testergebnisse ab. Mit unserer Online-Plattform sind wir jedoch in der Lage, von Abholung auf Zustellung umzustellen.

Gibt es inzwischen für Ballungsgebiete wie München ein spezielles Kleinflächenkonzept?
Hollinger: Ein solches Cityformat ist in Arbeit. Wir beschäftigen uns sehr intensiv damit.

Gruber: Dafür brauchen wir auch schlagkräftige Convenience-Sortimente. Bisher hat noch kein Konzept überzeugt. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir mit unserer eigenen Produktion ein attraktives Convenience-Konzept für Kleinflächen entwickeln können.

Wie viel haben Sie in die eigene Convenience-Produktion investiert?
Gruber: 1,3 Mio. Euro sind in die Erweiterung der Produktion von Obst- und Gemüse-Convenience in Gaimersheim geflossen. Wir produzieren hier bis zu 6.000 Schalen täglich, die an den SEH und unsere Regiemärkte gehen. Zudem haben wir Abnehmer innerhalb der Edeka-Gruppe.

Welche wichtigen Themen haben Ihre Amtszeit sonst noch geprägt?
Hollinger: Ganz klar das Thema Personal. Wir haben in unserem Absatzgebiet einen akuten Fachkräftemangel und deshalb die Förder- und Schulungsprogramme zur Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter neu aufgesetzt.

Schalk: Wir werden außerdem für 8,7 Mio. Euro das Tiefkühl-Lager in Straubing ausbauen. Damit haben wir in Spitzenzeiten einen Puffer und können beispielsweise vor Feiertagen eine noch bessere Warenversorgung gewährleisten.

Wie lief das Jahr 2016 bisher?
Hollinger: Bis Juli weist der Großhandel ein Plus von 2,7 Prozent auf und die Produktionsbetriebe eines von 1,1 Prozent, getrieben vor allem durch die Backstube Wünsche mit ihren 275 Filialen. Die Regiebetriebe sind kumuliert und flächenbereinigt um 1,5 Prozent und C&C um 0,8 Prozent gewachsen. Der komplette Konzern legte bisher um 2,3 Prozent zu, der SEH überproportional um 3,6 Prozent. Mit beiden Werten liegen wir über Plan.

Mit der Eigenmarke „Mein Bayern“ setzen wir pro Woche 536.000 Euro um.
Werner Gruber

Gruber: Aus warengeschäftlicher Hinsicht ist 2016 ein schwierigeres Jahr als 2015. Dazu kommt die Milchpreissituation, wodurch die Umsätze in diesem Segment stark verlieren. In Anbetracht dieser Situation sind wir sehr gut unterwegs.

Schalk: Wir haben auch wieder einige Investitionen vor. Übers Jahr sind 88 Mio. Euro geplant, davon 55 Mio. im Großhandel und 33 Mio. für Immobilien. 10 Mio. Euro entfallen allein auf Modernisierungen, 10 Mio. auf den Fuhrpark und 10 Mio. auf die Erneuerung der IT, nicht nur für Lunar. Bis Juli wurden 26 Mio. Euro ausgeschöpft.

Wie wollen Sie das Schiff Edeka Südbayern künftig auf Kurs halten?
Hollinger: Die Stärkung des SEH ist vorrangig, denn er garantiert unsere Entwicklung. Wir wollen die Expansion aus eigener Kraft, vor allem in Ballungsgebieten, forcieren und verstärkt auf Ausbildung und Personalentwicklung eingehen. Wir brauchen gut ausgebildetes Personal, um unsere Kunden zufriedenzustellen.

Gruber: Unser Ziel ist es auch, immer das Ohr am Einzelhandel zu haben und mit unseren Kaufleuten gemeinsam die Herausforderungen im Warengeschäft zu meistern. Dazu gehört es auch, sich mit unterschiedlichen Meinungen, Ideen und Konzepten zu beschäftigten. Das bringt uns letztlich weiter.