Reklamationen So reagieren Sie richtig

Reklamationen binden Kunden, sagen Marketingexperten. Nur wenige sehen darin pure Nörgelei. Wie aber gehen Händler mit reklamierenden Kunden um? Ein Test.

Dienstag, 14. September 2010 - Store Checks
Silvia Schulz
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Was überraschte

Überrascht hat die beiden Frauen vor allem die Gleichgültigkeit des Personals – in einem Haus deutlicher ausgeprägt als im anderen. Bei Kaufland, Real, Edeka und Karstadt wurde es a priori gar nicht in Erwägung gezogen, dass der Kunde die Ware nur umtauschen möchte. Weder wurde nach dem Grund der Reklamation gefragt, noch ob es der Kunde mit einem anderen Produkt versuchen möchte. Auf die Trainerin machte es den Eindruck, dass das Personal zwar geschult ist, allerdings nur in Fragen des technischen Ablaufs. „Es scheint Methode zu sein, sich mit keinem Kunden auf eine Diskussion einzulassen, sondern immer davon auszugehen, dass der Kunde nur sein Geld zurückhaben will“, so der Eindruck von Sylvia Thiel.

Zwar erkundigte sich das Personal bei Rewe, Kaufhof, Rossmann und dm, ob die Testkäuferin etwas anderes mitnehmen möchte, überließ diese dann aber sich selbst. Hilfe wurde nicht angeboten. Doch hat die Mitarbeiterin bei dm wenigstens im weiteren Verlauf gut zu einem anderen Produkt beraten. Besonders lobenswert blieb die externe Promoterin im Kaufhof in Erinnerung.

Das Gegenteil erlebten die beiden Testerinnen bei Edeka – Kundenignoranz in Vollendung. Zunächst nahm die Mitarbeiterin die Ware ohne Kommentar zurück. Dann aber geschah das Unfassbare: Nachdem sich die beiden gut 5 m vom Servicepunkt entfernt hatten, hörten sie hinter sich ein lautes „Hallo“ und wurden regelrecht zurückgepfiffen. Plötzlich lehnte die Verkäuferin die Reklamation ab und wollte das Geld wieder zurück. Ihre Begründung: der Einkauf lag schon länger als zwei Wochen zurück. Den wahren Reklamationsgrund, die Hautunverträglichkeit, die sich ja nicht gleich beim ersten Gebrauch des Produktes einstellt, überging sie einfach. Doch die beiden ließen sich darauf nicht ein und blieben hartnäckig. In kundenunfreundlicher Art und Weise wurde ihnen erklärt, dass die Rücknahme eine absolute Ausnahme sei und nie wieder geschehen würde. Zum Glück herrschte um die Zeit kein Kundenandrang, denn das Verhalten hätte ganz sicher für Kundenauflauf gesorgt. Dabei soll es dem reklamierenden Kunden so leicht wie möglich gemacht und Diskretion gewahrt werden. Von einem positiven Gesprächsklima, welches bei Reklamationen oberstes Gebot ist, keine Spur.

Insgesamt ein mehr als ernüchterndes Ergebnis. In keiner der besuchten Filialen wurde die Reklamation als Chance für Umsatz gesehen. Der Kunde wurde ebenso unzufrieden entlassen wie er gekommen war. Dabei wurde außer Acht gelassen, dass nur zufriedene Kunden wiederkommen dagegen unzufriedene das negativ Erlebte mindestens sieben anderen Personen erzählen.

Eine kleine Checkliste zur Überprüfung des Reklamationsverhaltens finden Sie unten. Die Unternehmen können die Testberichte ihrer Filialen unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. anfordern.