Regional-Report Baden-Württemberg „Die Ölfreunde“ – wie ein Schüler mit 18 Jahren den Deutschen Gründerpreis gewann

Wer ist dieser Paul, der noch vor dem Abitur den Deutschen Gründerpreis erhält? Sein Unternehmen „Die Ölfreunde“ läuft wie geschmiert und hat jetzt den ersten Azubi eingestellt.

Freitag, 17. Januar 2025, 05:00 Uhr
Christina Steinhausen
Paul Belthle und Mitarbeiter beim Abfüllen von Öl
Paul Belthles Markenzeichen ist der Hut: Der Schüler verbringt so viel Zeit wie möglich in seinem Unternehmen. Bildquelle: Die Ölfreunde, privat

Den Hut hoch auf der Stirn, ein strahlendes Grinsen über das ganze Gesicht, sitzt Paul Belthle sonntagmorgens zu einer Zeit, wo die meisten noch schlafen, bei  brutal hellem Licht in seinem nüchternen Büro auf dem Chefsessel und steht Rede und Antwort. Dabei hatte er den Termin beinahe vergessen, was ihn aber nicht aus der Ruhe bringt. Sichtlich stolz sitzt Vater Jürgen neben seinem Sohn, Berge von leeren Kisten an der Wand hinter ihm. Beide tragen Arbeitskleidung – waren
schon in der Produktion.

Paul ist 18, besucht das Ludwig-Erhard-Wirtschaftsgymnasium in Sigmaringen, macht dort im Frühjahr sein Abitur und wird danach Foodmanagement in Heilbronn studieren – dual natürlich, denn von seinem Betrieb kann er nicht lassen. „Die Ölfreunde“ heißt das Unternehmen. 500.000 Flaschen Speiseöl hat er 2024 verkauft – nicht wenige im LEH. Für sein Food-Start-up hat er im Herbst den Deutschen Gründerpreis erhalten. Er macht sein Ding, seine Work-Life-Balance heißt School/Work, und eigentlich hat jeder Tag zu wenig Stunden. In breitem Schwäbisch sagt er durchaus mit Selbstironie: „Vom Verschenken wird man nicht reich.“ Eine Anspielung darauf, wie alles begann.

Ölmühle statt Spielekonsole

Weihnachten 2018: Paul ist in der siebten Klasse und wünscht sich eine Spielekonsole. Doch seine Eltern, die ein Hotel samt Schnapsbrennerei betreiben und immer arbeiten, fürchten, dass der Bub dann nur noch spielt. Sie grübeln und kaufen eine Ölmühle, damit Paul mit seinen Händen arbeiten und tüfteln kann. Denn wann immer er mit ihnen in die Metro einkaufen fährt, wünscht er sich hier ein teures Öl, nimmt da eine Essigpreziose mit, probiert zu Hause in der Küche alles Mögliche aus – und notfalls wird es im Hotelbetrieb verarbeitet. 100 Kilogramm wog Pauls erste Mühle, war 80 × 100 cm groß und passte nicht unter den Weihnachtsbaum. Dort lag nur die zwei Zentimeter dicke Bedienungsanleitung. Ihre Maximalleistung liegt bei 80 Litern Öl pro Tag. Heute hat Paul sieben  Mühlen, die größte schafft 1.000 Liter pro Tag. 14 verschiedene Öle stellt er her.

Bei Edeka national gelistet

Mit 50 Landwirten aus der Region hat er Verträge; auf 300 Hektar bauen sie für ihn Ölsaaten an. Auf 20 Messen haben Die Ölfreunde 2024 ausgestellt, auch beim Food Innovation Camp. Der Umsatz lag 2024 bei 2,4 Millionen Euro. Edeka Beha aus Mühlheim an der Donau und das E-Center Sigmund in Sigmaringen waren Pauls erste LEH-Kunden. Zu ihnen und zu den Landwirten pflegt Paul enge Kontakte. Denn seine Öle sollen die Region stärken, künstliche Aromen oder Zusatzstoffe lehnt er ab, Nachhaltigkeit und Regionalität sind ihm wichtig. Aktuell verteilt sich der Jahresabsatz so: TV-Verkaufssender QVC 5 %, Hofladen 10 %, Amazon und Onlinehandel 40 %, LEH 45 %. Bei Edeka sind Die Ölfreunde schon national gelistet, bei Kaufland und Rewe regional. Paul hat im Handel noch viel vor.

BEMERKENSWERT
Der letztjährige Absatz der Wein-Mehrweg eG betrug 1,8 Millionen Flaschen. Seit wenigen Tagen ist mit dem Weingut Sauer aus Landau das erste rheinlandfälzische Unternehmen mit an Bord. Im Laufe des Jahres sollen Betriebe aus den Anbauregionen Hessen und Bayern folgen. Nach der Edeka Südwest, von der circa 70 Märkte mitmachen, ist Kaufland das erste Handelshaus, das national den Weg mitgeht, das seine Pfandautomaten bundesweit für das System der Genossenschaft geöffnet hat. Diese hat 100.000 neue Pfandkisten herstellen lassen.

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