Länderreport Schweiz Wieder auf Tuchfühlung - Länderreport Schweiz

Bis vor dem Frankenschock reichte den deutschen Nachbarn als Kaufgrund das rote Kreuz auf weißem Grund. Wer heute jedoch nach den hochpreisigen Schweizer Lebensmitteln greift, will mehr als alpenländische Herkunft: Mehrwerte bitte!

Donnerstag, 21. September 2017 - Länderreports
Friederike Stahmann
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Bildquelle: Getty Images

Sicher auch den geographischen Gegebenheiten geschuldet hat der Biolandbau in der Schweiz längst Größenordnungen erreicht, von denen hiesigen Ökoverfechter nur träumen können. Ende 2016 wurden 140.000 Hektar nach den Richtlinien von Bio Suisse bewirtschaftet, was einem Anteil von 13,4 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche entspricht. Auch der Biomarkt nimmt weiter an Fahrt auf. Das Marktwachstum lag 2016 bei 7,8 Prozent. Der Umsatz stieg auf 2,5 Mrd. Franken, was einem Anteil am Lebensmittelmarkt von 8,4 Prozent entspricht. „Die Konsumenten sind der Schlüssel zum Erfolg“, bringt es Daniel Bärtschi, Geschäftsführer von Bio Suisse auf den Punkt.

Nachhaltigkeit steht bei den Schweizern hoch im Kurs. Sie sind Weltmeister im Recycling: 94 Prozent des Altglases und 81 Prozent des PET landen in speziellen Sammelstellen. Saas-Fee avanciert zur ersten feinstaubfreie Gemeinde mit Hilfe von Filtern für Holzfeuerstellen. Im bündnerischen Safiental transportiert der weltweit erste Skilift Schneesportler und produziert dabei gleichzeitig Solarstrom. In Avenches sammelt eine E-Kutsche den Hausmüll ein.

Nachhaltigkeit ist kein simples Beiwerk – sie steht im Fokus
Nachhaltigkeit durchzieht alle gesellschaftlichen Gruppen in der Schweiz. Auch die Detailhändler Migros und Coop haben sich diesem Thema verschrieben. Mehr noch: „Aus unserer Sicht ist Nachhaltigkeit für einen Detailhändler essenziell“, so Bruno Cabernard, Leiter Nachhaltigkeit bei Coop, in einem Interview in der Neuen Züricher Zeitung. Unter anderem mit Naturaplan-Produkten – von Wein über Milch bis hin zu Saucen und Gemüse. Beim Mitbewerber Migros hat 2012 das Projekt Generation M ins Leben gerufen. Mit verbindlichen Versprechen und konkreten Projekten verpflichtet man sich, die Umwelt zu schützen, den nachhaltigen Konsum zu fördern, sich gegenüber Gesellschaft und Mitarbeitenden sozial und vorbildlich zu handeln und sich für einen gesunden Lebensstil einzusetzen. Zweimal pro Jahr informiert sie transparent, was sie bereits erreicht hat.

Nachhaltigkeit ist auch das Stichwort bei den Herstellern. Café Royal bietet ab August eine neue Kapselgeneration für Nescafé Dolce Gusto-Maschinen an. Die mit diesem System kompatiblen Kaffeekapseln werden fortan mit der Aroma-Seal-Technologie hergestellt. Das Aroma wird dabei durch die luftdichte Versiegelung in der Kapsel bewahrt, was für noch mehr Kaffeegenuss sorgt. „Die nachhaltige Kaffeeproduktion ist uns ein Anliegen“, erklärt Michael Sandmeier, Head of Business Unit Café Royal. „Und dazu gehört insbesondere auch die Verpackung.“ Durch den Wegfall des Schutzbeutels wird das Verpackungsmaterial reduziert, zudem wird die Verpackung insgesamt kleiner.

Regionales als Umsatzbringer
Bei Kunden stehen vor allem regionale Produkte hoch im Kurs. Auch und wegen ihrer Nachhaltigkeit. Wissenschaftler der Universität St. Gallen zeigte in der Studie „Regionalprodukte: Was ist Herkunft wert?“, dass Schweizer Konsumenten im Premiumsegment bereit sind, für Regionalprodukte zwischen 20 und 30 Prozent mehr zu bezahlen. Konsumenten ziehen Regionalprodukte sogar Bio-Produkten vor. Das Preispremium ist bei Käse am höchsten, bei Früchten und Gemüse am geringsten.

Und wie sieht das bei Kunden von Schweizer Produkte außerhalb der Schweiz aus? Regionalprodukte profitieren hier vom Tourismus: Konsumenten lernen Regionalprodukte in den Ferien kennen und schätzen und kaufen sie, sofern erhältlich, auch später. Regionalprodukte aus touristischen Regionen und speziell aus den Berggebieten haben damit einen klaren Vorteil im Markt. Argumente eines Mehrwertes– von Premiumqualität, über Bio, Nachhaltigkeit, Regionalität, bis hin zur Innovationsstärke – sind für Schweizer Lebensmittel in Deutschland unabdingbar. Nur dann sind deutsche Kunden bereit, für Schweizer Waren tiefer in die Tasche zu greifen. So wie beim Tête de Moine. Die Einzigartigkeit und die Premiumqualität dieses Käses wollen Lindauer nicht missen. Das rote Kreuz auf weißem Grund als Statussymbol aber reicht dafür alleine nicht aus.