18 Tage liegen zwischen der Schließung und Wiedereröffnung des E-Centers in Rietberg, und wer in dieser Zeit im September 2017 im Urlaub war, rieb sich beim nächsten Einkauf danach verwundert die Augen. Das in die Jahre gekommene Stammhaus der Lüning-Gruppe hat sich in einen modernen Markt verwandelt, oder, wie Geschäftsführer Philipp Rieländer sagt, in „eine Einkaufsstätte, die in Ostwestfalen ihresgleichen sucht“. Für Marktleiter Frederik Großerohde ist es noch immer ein kleines Wunder, was seine 162 Mitarbeiter und rund 150 Handwerker in weniger als drei Wochen geschaffen haben. „Gigantisch ist das“, sagt er enthusiastisch.
Fakten im Fokus
- Verkaufsfläche: 3.800 qm davon sind 1.000 qm Getränkemarkt
- Mitarbeiter: 162
- Artikelzahl: 45.000
- Euro Investition: 2Mio.
- Umsatzplus seit Umbau: 10%
Noch immer ist das E-Center mit einem Nonfood-Flächenanteil von 40 Prozent das Kaufhaus der Stadt, doch der Fokus liegt jetzt ganz klar auf der Frische. Der Kunde wird nicht mehr von Zeitschriften und Schreibwaren empfangen. Heute stimmt der Lüning-Blumenladen, wo vier Floristinnen Sträuße nach Wunsch binden, direkt am Eingang auf das bevorstehende Einkaufserlebnis ein. „Damit starten wir unseren Marktplatz“, sagt Großerohde.
In der Obst- und Gemüseabteilung zu Beginn des Kundenlaufs zeigt sich bereits, dass beim neuen frischen Auftritt auch das Thema Convenience eine große Rolle spielt. „Der Kunde erwartet zunehmend Möglichkeiten des Direktverzehrs, und wir wollen der Essensanbieter Nummer eins in der Stadt sein“, begründet Rieländer diese Ausrichtung (siehe Interview, S. 16). Es gibt eine Salatbar, eine Ananasschälmaschine, loses Trockenobst, lose Nüsse, diverse To-go-Produkte sowie eine im Vergleich zu vorher deutlich größere Backstation mit Kaffeebar. Laut Großerohde kaufen sich 10 Prozent der Kunden dort eine Kaffeespezialität für 1 Euro. Becherhalter für die Einkaufswagen sind deshalb schon bestellt. Spätestens dort sollen die Kunden entschleunigen und in der angenehmen Atmosphäre und womöglich mit Kaffeeduft in der Nase im Idealfall den Einkaufszettel vergessen und sich vom Genuss leiten lassen.
Schnell gelesen
- E-Center Rietberg, Westerwieher Str. 33, 33397 Rietberg
- Das E-Center in Rietberg ist der größte und umsatzstärkste Markt der Lüning-Gruppe. Nach dem Umbau hat er 250 qm mehr Fläche und erwirtschaftet 10 Prozent mehr Umsatz als zuvor.
- Frische und Genuss stehen im Fokus. Der Anteil an Bons über 50 Euro ist deutlich gewachsen.
- Das Angebot an Convenience- Produkten ist deutlich ausgebaut worden, z. B. mit Salatbar, Sushi-Bar, Mittagsgerichten und heißer Theke.
- Im Markt werden viele Dinge getestet, z. B. eine Milchzapfanlage oder elektronische Etiketten bei O & G.
Tatsächlich, so hat Großerohde beobachtet, bummeln manche Kunden durch den 3.800 qm großen Markt wie durch ein Einkaufszentrum mit verschiedenen Fachgeschäften. Große, in weißen Versalien geschriebene Sortimentsbezeichnungen und überwiegend nur 1,60 m hohe Regale helfen dabei bei der Orientierung. „Wir wollten ein echtes Shopperfeeling erzeugen, und das ist gelungen. Manche bleiben drei Stunden lang“, sagt er. Einige schauen beispielsweise neugierig den Mitarbeitern der untervermieteten Sushi-Bar von „Eat happy“ beim Rollen der Maki zu – und nehmen dann gleich eine Packung mit nach Hause. „Sushi ist hier auf dem Dorf durch die Decke gegangen“, sagt der Marktleiter. Andere stöbern ausgiebig bei den Geschenkartikeln oder im Bastelbereich, der nahezu verdoppelt wurde. Und Kinder durchkämmen die Spielwarenabteilung und platzieren ihre Wunschartikel in Geburtstagsboxen vor den Kassen.
Viele Kunden zieht es aber auch direkt zu den Bedientheken. Sie sind ebenfalls komplett neu – und im Zuge des Umbaus deutlich vergrößert worden. Die Käsetheke misst nun 12 statt bisher 6 m, Fleisch und Wurst werden auf 14 m, der doppelten Fläche als zuvor, präsentiert. Neu sind der Dry-aged-Beef-Reifeschrank, die Schinkenstation, der Räucherschrank an der Fischtheke sowie, auch hier, die Auswahl an Convenience-Produkten. An der Feinkosttheke werden Mittagessen angeboten, die vor Ort oder zu Hause erwärmt werden können, zum Beispiel Rinderroulade, Currywurst und Pastagerichte. Besonders gut haben die Rietberger jedoch die neue heiße Theke angenommen. Dort sind Burger sowie Steak- und Leberkäsebrötchen die Renner. Wer mag, kann sich sein Gericht nach dem Bezahlen auf der Empore schmecken lassen und das Treiben im Markt beobachten. 35 Sitzplätze gibt es dort, der Vorkassenbäcker bietet 55 weitere an.
Herz für die Region
Seit zweieinhalb Jahren kennzeichnet Lüning die regionalen Produkte mit dem Heimat-Herzen. Das auffällige Logo weist auf etwa 2.000 Artikel von mehr als 100 Lieferanten hin. „Seit wir die regionalen Produkte optisch mit dem Heimat-Herzen herausstellen und sie dem Kunden mit der Heimat- Kampagne erklärt haben, haben wir bei bestehenden Produkten ein Wachstum von mehr als 20 Prozent erzielt“, sagt Lüning-Geschäftsführer Philipp Rieländer. Der Umsatzanteil der regionalen Produkte liege bei nahezu 10 Prozent.
Die Fokussierung auf die Frische ist laut Großerohde goldrichtig: „Im Frischebereich haben wir Zuwächse zwischen 40 und 60 Prozent.“ Einer der Gründe dafür sei, dass die Kunden es schätzten, dass sie im E-Center Rietberg auch Frischeprodukte wie Fleisch oder Obst und Gemüse von regionalen Lieferanten bekommen. Oder Milch von einem regionalen Landwirt. 80 bis 100 l verkauft Großerohde täglich über die Milchzapfanlage neben der Käsetheke.
Für Geschäftsführer Rieländer haben sich die 2 Mio. Euro gelohnt, die Lüning in den Umbau investiert hat. Die wöchentliche Kundenanzahl liegt mit 20.000 um 10 Prozent höher als früher. Und: „Wir haben unser ambitioniertes Ziel – ein Umsatzplus von 10 Prozent – vom Stand weg erreicht.“