Holger Stanislawski macht sich nichts vor: Den emotionalen Kick, den er als Fußballtrainer jedes Wochenende hatte, bekommt er heute, als Mitinhaber eines Rewe-Centers im edlen Hamburger Stadtteil Winterhude, nicht mehr, „wenn wir mal eine Palette Joghurt verkauft haben“. Und doch schwingt Stolz in seiner Stimme mit, wenn der ehemalige St.-Pauli-Coach sagt: „An einzelnen Tagen waren wir schon der umsatzstärkste Rewe-Markt Deutschlands.“
Zwar sind Organisation und Managementtätigkeiten sowie das Führen des Teams von 120 Mitarbeitern „ein bisschen wie im Fußball“, aber das reicht für einen solchen Erfolg nicht. Schließlich ist das Ziel, pro Jahr rund 30. Mio Euro umzusetzen. „Allein hätte ich mir nie zugetraut, aus der kalten Hose einen Supermarkt zu machen“, räumt Stanislawski ein. Nun führt er das 6.200 qm große Rewe-Center in einem ehemaligen Straßenbahndepot mit Bernd Enge und Alexander Laas. Gemeinsam halten sie 80 Prozent der Anteile, die Rewe ist mit 20 Prozent beteiligt. Enge, der vorher u. a. für Edeka Glasmeyer und Edeka Niemerzsein in Hamburg tätig war und sich nun um das Geschäft mit der Rewe kümmert, brachte die Erfahrung im Lebensmittelhandel mit, Stanislawski und Ex-HSV-Spieler Laas die Bereitschaft zu lernen. „Am Anfang hat uns der Kopf gequalmt“, erzählt Laas, der für die Verwaltung zuständig ist, von der intensiven Einarbeitungszeit.
Heute spricht Stanislawski, der meist auf der Fläche zu finden ist, bereits vom Feinschliff und will Abläufe und Sortimente perfektionieren. Fleisch und Eier sind gerade seine Hauptthemen. „Wir sind keine Sozialromantiker, aber den Tieren soll es schon einigermaßen vernünftig gehen, und lange Transportwege sollen vermieden werden“, begründet er. Mit der Rewe Nord arbeitet er an einem eigenen Qualitätsprogramm für Fleisch. Rind- und Schweinefleisch in der Theke sollen ausschließlich aus Norddeutschland kommen. Eine Überlegung ist, zusätzliche eigene Kontrollen einzuführen, um die Qualität zu gewährleisten. Im ersten Schritt will Stanislawski alle Schweine- und Rinderhöfe sowie Eiererzeuger besuchen, die den Markt beliefern.
Keine Frage: Der 45-Jährige hängt sich rein, auch wenn manche Kunden sagen, er solle sich lieber wieder um den Hamburger Fußball kümmern als ums Käse-Verräumen. Tatsächlich schließt Stanislawski nicht aus, noch einmal einen Trainerjob anzunehmen. „Doch dieses neue Standbein gebe ich nicht auf, Inhaber bleibe ich auf jeden Fall.“ Auch ohne Fußball hat er genug Pläne: „Vielleicht machen wir in ein, zwei Jahren noch einen zweiten Laden auf.“
Einmal St. Pauli, immer St. Pauli: Fanartikel vom Schal über Duschgel bis zum Toaster kann man im Rewe-Markt des Ex-St.-Pauli-Trainers Holger Stanislawski kaufen – auf Wunsch auch mit Autogramm. Auch HSV-, BVB- und FCB-Devotionalien sind im Angebot.
Fakten
- Adresse: Dorotheenstr. 116-122, 22301 Hamburg-Winterhude
- Neueröffnung nach Umbau: 30. Oktober 2014
- Verkaufsfläche: 6.200 qm + 1.000 qm Getränkemarkt
- Sortiment: 45.000 Artikel
- Mitarbeiter: 120
- Besonderheiten: ehemaliges Straßenbahndepot aus dem Jahr 1927; Ruhezone mit Fußball-Arena in der Marktmitte
- Öffnungszeiten: Montags bis samstags, 8 bis 22 Uhr