Fleischbranche Lohndumping und Schwarzarbeit?

In mehr als einem Dutzend deutscher Schlachthöfe soll Schwarzarbeit an der Tagesordnung sein. Die gestern in der ARD ausgestrahlte Reportage „Lohnsklaven in Deutschland" berichtete über undurchsichtige Firmengeflechte, Sub-Sub-Subunternehmen und von schlimmen Zuständen (Unterbringung, Behandlung, Drohungen) für die Leiharbeiter-Kolonnen.

Dienstag, 25. Juni 2013 - Industrie-Archiv
Lebensmittel Praxis

Konkret genannt wurden im Beitrag u. a. Wiesenhof und Steinemann. Aktuelle Stellungnahmen finden sich derzeit weder bei den Fleischverbänden noch auf den Homepages der Unternehmen.  

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft (zunächst Duisburg, jetzt Düsseldorf) wegen systematisch betriebener Schwarzarbeit gegen 22 Beschuldigte und ein Firmengewirr von über 20 Unternehmen. Mehr als 400 Polizisten, Zollbeamte, Steuerfahnder und Staatsanwälte haben im Mai an rund 90 Orten im Bundesgebiet Büros und Wohnungen durchsucht. Die Ermittlungskommission „Karo" geht dem Verdacht nach, dass mit dem Einsatz der Leiharbeiter aus Rumänien und Polen von den Leiharbeitsfirmen Steuern und Sozialabgaben in Millionenhöhe hinterzogen wurden. Viele Fäden laufen laut Staatsanwalt Ralf Möllmann am Niederrhein in Kamp-Lintfort und Moers zusammen.

Wie die „SZ" berichtet, sorgen die „chinesischen Verhältnisse" in der deutschen Fleischindustrie für internationale Verstimmungen. Die belgische Regierung habe sich bei der EU-Kommission über Sozialdumping und Wettbewerbsverzerrung in Deutschland beschwert.

In einer ersten Reaktion meldet sich der Vegetarierbund Deutschland: „Fleisch in Deutschland ist viel zu billig", so Geschäftsführer Sebastian Zösch. Der Fleischkonsum habe Auswirkungen auf Umwelt, Klima und Gesundheit. Das Beispiel von Lohndumping im Schlachthaus mache das mehr als deutlich, so der Frontalangriff auf die Branche.

Steinemann-Geschäftsführer Ulrich Steinemann war im Gespräch mit LP Compact entsetzt über die Zustände und den Umgang mit den Leiharbeitern. „Wir haben von der spanischen Geschichte (Anmerkung der Redaktion: Gemeint ist ein Firmengeflecht von Sub-Unternehmen, das bis Spanien reicht, Briefkastenfirmen und Scheinangaben umfasst) nichts gewusst, auch nicht von dem Zustand der Unterkünfte. Diese Machenschaften nehmen uns den Atem. Wir sitzen heute zusammen, um eine Lösung zu finden und die werden wir finden."