Große Worte mag er nicht. Manuel Morales wird nur selten etwas lauter. Zum Beispiel, wenn er die Ziele von TEB beschreiben soll. „Bei uns geht es nicht in erster Linie um Erlös und Gewinn. Wir helfen Menschen“, sagt er mit Nachdruck. TEB steht für „Taller Escola Barcelona“ und ist eine Non-Profit-Initiative. Und in dieser Schul-Werkstatt für Menschen mit Handicap führt Morales die Geschäfte. TEB ist eine Genossenschaft mit mehreren Untereinheiten. Ihnen gemeinsam ist das Ziel, Menschen mit eingeschränkten geistigen Fähigkeiten sozial und beruflich zu integrieren.
Jorge Gutierez muss bei diesen Worten ein wenig schmunzeln. Er ist der Verkaufsleiter von TEB, und sein Job ist schon, zu verkaufen und für Umsatz und Ertrag zu sorgen. Denn das Projekt TEB wird zwar vom spanischen Staat gefördert, muss aber auch selbst zur Finanzierung beitragen.
TEB wurde 1965 gegründet, seit 1970 wird mit gehandicapten Menschen gearbeitet. Das war noch in der Franco-Zeit, als behinderte Menschen keine guten Lebensaussichten hatten. Die Anfänge waren Dienstleistungen für Verlage. Verpackt (auch Copacking und Abfüllung) wird noch heute, aber schon längst diversifiziert: u. a. im Pharma- oder Kosmetikbereich. Auch Displays werden bestückt. Darüber hinaus wurden noch weitere Arbeitsbereiche erschlossen: So werden schon lange unterschiedliche Produkte im Auftrag für Dritte hergestellt, auch Eigenmarken für deutsche Händler. Außerdem gibt einen Dienstleistungszweig (Reinigungskräfte, Gartenarbeit, Haushalt). Die Liste der Kunden ist lang und reicht von Lidl über Eroski bis Würth und Henkel, von Rewe über Metro bis Carrefour.
Derzeit schaffen rund 1000 Menschen bei TEB, 800 davon haben ein Handicap, 200 Mitarbeiter arbeiten in der Food-Produktion. TEB ist dabei nicht nur Arbeitgeber. Die Beschäftigten mit Behinderung werden umfassend betreut – von der Unterbringung bis zur Steuererklärung und Freizeitgestaltung. Dazu zählt ein eigener, von Behinderten betriebener Fernsehsender in Barcelona oder die Teilnahme an den Special Olympics. Fünf Spieler der spanischen Hockey-Nationalmannschaft (zuletzt Gold in Österreich!) kamen von TEB.
Die Betreuung gibt es ein Leben lang. Wer nicht mehr arbeiten kann (derzeit etwa 160 Menschen), bleibt in der Organisation.
Innovative, eigene Produktion
Das derzeit spannendste Projekt ist die Herstellung eigener Produkte. So zum Beispiel verschiedene Salzprodukte, Backmischungen und Öle. Damit sie nicht in der Fülle des globalen Angebots untergehen, haben sie stets einen gewissen Pfiff. So gibt es nicht nur Salz, sondern etwa einen originellen persischen Salzblock zum Grillen, Backmischungen im Glas, Salzmischungen u. a. im Schnapsglas, Chili gibt es in der Mühle, die Gewürzmischungen sind ungewöhnlich, ebenso die Gewürzöle und vieles andere auch.
Gerade dafür werden Ideen und vor allem Vermarktungsstrukturen gebraucht. Den richtigen Mann dafür hat Manuel Morales und die TEB-Präsidentin Alexandrina Altirriba in Manolo Diez del Sel gefunden. Der Spanier in Österreich hatte 2007 in Salzburg „Manolo’s Food“ gegründet, ein Unternehmen, das „Feinkost für alle“ verkaufen will, also hochwertige Lebensmittel zu fairen und bezahlbaren Preisen. Und das unter Nachhaltigkeitsaspekten wie „frei von“ oder wiederverwendbare Verpackungen, aber auch sozialer Verantwortung.
Gemeinsame ideenschmiede
Eine Kooperation mit TEB bot sich geradezu an und steht seit 2012. Daraus entstand die Marke „& more“. Sie steht für eine Food-Markenfamilie aus verschiedenen Segmenten. Schnell erwies sich Manolo als „der“ Ideengeber. In der gemeinsamen Ideenschmiede „Trade & More“ entstehen jedes Jahr hunderte von Produktideen – von denen dann etwa 20 im Sortiment von „& more“ landen. „Fünf davon funktionieren“, sagt Frohnatur Manolo. Derzeit in der Pipeline: Bambussalz, Sangria-Fertigmischung, Räuchersalze, Risotto-Fertigmischungen, Streusel oder ein Gazpacho-Set.
Getestet, geprüft und letztlich produziert werden die Produkte bei TEB in Barcelona. Und zwar nach allen Regeln der Kunst: ISO- und IFS-Zertifikat, Mitglied der Supply Chain Initiative und natürlich unter Corporate Social Responsibility. Der Vertrieb erfolgt derzeit vor allem in Spanien, Deutschland (80 Prozent des Exports) und Österreich (15 Prozent). Auf den Einsatz von Konservierungsstoffen und Zusatzstoffen wird verzichtet, 90 Prozent der Verpackungen sind aus recyceltem Material und zu 100 Prozent wiederverwertbar. Unter den Nachhaltigkeitsgedanken sind auch die „Null-Kilometer-Produkte“ zufassen, die in drei Shops in Barcelona direkt verkauft werden.
Manolo lebt für das Projekt, er ist quasi rund um die Uhr im Einsatz. „&more“ ist für ihn offensichtlich mehr als Business. Er sieht aber auch die Kommerzialisierungs-Chancen. „Wir sind flexibel und schnell in der Produktion, wir bieten maßgeschneiderte Produkte – als Eigenmarke oder Marke. Und wir unterstützen den Handel mit Aktions-Aktivitäten.“
Das freut den Verkäufer Gutierez. Bei allem sozialen Engagement will er den TEB-Umsatz dennoch kontinuierlich steigern. Selbst Geschäftsführer Morales schmunzelt da – denkt aber wohl doch mehr an seine Mitarbeiter, denen vor allem die Aufgabe, die Wertschätzung und das Gefühl gebraucht zu werden, Lebensinhalt vermittelt.