Edeka-Familie Sulger „Eins ist doch klar: Kein Edeka ist wie der andere!“

Edeka Sulger hat sich vom Kleinstladen zum hochmodernen Unternehmen mit acht Supermärkten entwickelt.

Sonntag, 07. Mai 2023 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild „Eins ist doch klar: Kein Edeka ist wie der andere!“
Zum Unternehmen:
Edeka Sulger ist über 60 Jahre alt. 1962 gründetet Hans Sulger einen 35 Quadratmeter großen Markt. Heute werden acht Supermärkte und ein Getränkemarkt in der Region Bodensee betrieben.
Bildquelle: David Knipping

Ich habe Rechnungen noch auf den Block geschrieben“, sagt Karin Sulger, die zusammen mit ihrem 2011 verstorbenen Mann das Unternehmen mit dem heutigen Stammsitz Stockach am Bodensee aufgebaut hat und heute noch in der Geschäftsleitung mitarbeitet. Als dann die ersten Kassen kamen, seien die Kunden eher misstrauisch geworden. „Die haben den Menschen mehr vertraut“, sagt sie und schlägt damit den Bogen zur Gegenwart. Denn auch heute – in Zeiten von Inflation, Krieg und Verunsicherung – suchen die Menschen nach Vertrauen.

Strukturen für Strategien
Selbst in kaufstarken Regionen wird verhaltener eingekauft. „Gut und Günstig, unsere Eigenmarken, gehen aktuell besser“, räumt Frank Eichwald, Geschäftsführer, ein. „Aber natürlich nicht von allen.“ Das sei der Spagat, den man gerade leiste: Von günstig bis exklusiv – Präsenz müsse in allen Bereichen gezeigt werden. Das könne man glaubhaft nur leisten, wenn die Kunden das Vertrauen in „ihren“ Supermarkt hätten.

Natürlich versteht man sich nur zähneknirschend als „besseren Discounter“, aber die Werbekampagne sei wichtig. „Wir brauchen eine starke Zentrale“, betont Silke Sulger, die schon als 14-Jährige Kauffrau werden wollte und heute als Geschäftsführerin mit Frank Eichwald und seinem Bruder Meik die Geschicke des Unternehmens Sulger lenkt.
Und wie schafft man nun Vertrauen? „Wir wollten schon immer Obst vom Bauer, Wein vom Winzer verkaufen, der auch bei uns einkauft“, sagt Karin Sulger. Man habe schon Ware jenseits der Genossenschaft eingekauft, als das gar nicht gerne gesehen wurde. Heute betreiben Sulgers ein gewitztes Empfehlungsmarketing „Wir leben Heimat“ für Erzeuger – die hier „Heimatpartner“ heißen – aus sehr vielen Sortimenten und aus einem Umkreis von 50 km um den jeweiligen Standort. Mit diesen pflege man enge persönliche Beziehungen, die auch eigene Mitarbeiter einschließen. „Wer mal Spargel selber geerntet hat, weiß, was das heißt und verkauft besser.“

Das mittlerweile über 60 Jahre junge Unternehmen fühlt sich gut aufgestellt, hat die Strukturen geschaffen, die erst Strategiearbeit möglich mache und „auch ein Leben außerhalb des Geschäfts“ ermöglicht. „Wir haben Märkte, die an jedem Standort für sich stehen“, sagt Silke Sulger. „Wir sind Edekaner, aber in erster Linie selbstständig“, ergänzt Mutter Karin stolz. Für die Zukunft will man am „Treffpunkt für die Menschen“ arbeiten.

Das „Mehr“ macht’s

Hans Sulger gründet 1962 seinen ersten Markt in Konstanz-Egg: 35 Quadratmeter Verkaufsfläche. „Alles drin“, sagt Karin Sulger, von Schreibwaren über Brot, Nudeln bis Liebfraumilch und Kröver Nacktarsch … Vier Mitarbeiter. Der Laden ernährte zwei Familien. Heute ist allein die Obst- und Gemüseabteilung im Stockacher Aach-Center zehnmal so groß. Auch der heute „kleinste“ Markt hat immerhin 700 Quadratmeter Verkaufsfläche. Das Unternehmen mit nun neun Märkten und einer Verkaufsfläche von rund 10.500 Quadratmetern begann also sehr überschaubar. Die aktuelle Geschäftsleitung besteht aus Meik Eichwald, Silke und Karin Sulger sowie Frank Eichwald.

Tagesgeschäft können wir alle

Die Führungs-Crew von Edeka Sulger im Speed-Speech: schnelle Reaktionen auf wenige Stichworte.

Der „ideale“ Supermarkt …?
Karin Sulger: Schöne Regale und tolle Sortimente kann jeder. Tagesgeschäft können wir alle. Das „Mehr“ macht uns aus. Engagement und Verantwortung in der Region, soziale Aktivitäten, persönliche Präsenz, Emotion, Vertrauen.

410 Mitarbeiter aus 35 Nationen. Wie geht das?
Meik Eichwald: Nicht einfach so … Sie brauchen professionelle Strukturen und Führung. Dazu gehören auch Investitionen in Mitarbeiter. Wir rechnen beim Personal nicht Spitz auf Knopf. Schulungen in mehr als Sortiment, auch in beispielsweise Persönlichkeitsentwicklung. Und ganz wichtig: Zeit für die Mitarbeiter haben. Wir haben teilweise auch einen Erziehungsauftrag. Man muss Mitarbeiter durchs Leben begleiten.

Das „zukunftssichere“ Lebensmittelgeschäft …
Silke Sulger: Ein sozialer Treffpunkt für Menschen – für Kunden und Mitarbeiter. Für den schnellen, bequemen und angenehmen Einkauf. Technisch und ladenbaulich auf neuestem Stand. Automatisierung dort, wo sinnvoll, optimierte Prozesse, aber weiter mit Menschen emotional verkaufen. Auch wenn es gerade zurückgeht: die Theke als wichtiges Differenzierungsmerkmal. Theke und Gastroangebot rücken näher zusammen.

Aktuelle Herausforderung
Frank Eichwald: Wir waren mit die Ersten, die bei der Privatisierung der K+U-Bäckerei die Bäckereien übernommen haben. Jetzt, drei Jahre später, ist was draus geworden.
Meik Eichwald: Investitionen in Auszubildende und Quereinsteiger. Viele Nationen, viele Flüchtlinge. Neue Wege der Integration gehen und suchen. Die Herausforderung annehmen, es lohnt sich.
Silke Sulger: Die Liebe zum Beruf weitergeben.

Expansion
Frank Eichwald: Ja, aber nicht um jeden Preis. Wir streben vernünftige Expansion an. Aber Standorte müssen noch erreichbar sein, in der Region bleiben.
Schwierige Entscheidungen …
Karin Sulger: Wir mussten auch schon Märkte schließen. Da geht es nicht nur um Zahlen. Menschliche Schicksale. Da geht es dann um Anstand. Ich wollte immer jedem noch in die Augen schauen können.

Loslassen?
Karin Sulger: Gar nicht einfach. Es ist meine Lebensleistung. Aber es geht Zug um Zug. Organisatorisch und rechtlich alles geregelt. Aber vom Herzen her …

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Meik Eichwald (l), in der Geschäftsleitung vor allem für Warenwirtschaft und IT zuständig. Silke Sulger, Geschäftsführerin
Karin Sulger, Gründerin und Geschäftsleiterin
Frank Eichwald, Geschäftsführer
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Edeka Sulger ist über 60 Jahre alt. 1962 gründetet Hans Sulger einen 35 Quadratmeter großen Markt. Heute werden acht Supermärkte und ein Getränkemarkt in der Region Bodensee betrieben.