Top 10 Kaufleute Gipfelstürmer

Die meisten Big Player der selbstständigen Edeka- und Rewe-Händler konnten ihre Umsätze im vergangenen Jahr – vor allem wegen der Pandemie – erheblich ausbauen. Womit trumpfen sie außerdem auf  ?

Mittwoch, 09. Juni 2021 - Management
Hedda Thielking
Artikelbild Gipfelstürmer
Bildquelle: Mirco Moskopp

Die Top 10 der selbstständigen Edeka- und Rewe-Kaufleute müssen schon einige Märkte unter ihren Fittichen haben, damit sie – was den Umsatz betrifft – oben mitspielen können. Mehr noch: Sie müssen etwas Besonderes bieten, Nischen finden und ein Gespür dafür haben, was bei den Kunden ankommt, damit diese den Markt mit vollen Einkaufswagen verlassen. Die LP stellt einige Stärken der jeweiligen Top-3-Platzierten vor.

EDEKA
Top 1: Feneberg
Seit Feneberg mit Firmensitz in Kempten als selbstständiges Unternehmen bei Edeka eingestiegen ist, führt das Familienunternehmen mit seinen mittlerweile 81 Filialen die Top 10 der selbstständigen Edekaner an. Sie betreiben kleine SB-Märkte, ebenso wie Super- und großflächige Verbrauchermärkte. Mit mehreren Eigenmarken und Produktionsstätten setzt sich Feneberg für regional erzeugte Lebensmittel ein. Bekannt ist Feneberg vor allem für die Eigenmarke „VonHier“. Sie steht für regionale Bio-Produkte, die von mehr als 600 Landwirten, Erzeuger- und Verarbeitungsbetrieben im Umkreis von 100 Kilometern um Kempten nach den Richtlinien von Bioland, Naturland oder Demeter produziert werden. Unter der Marke „FeBio“ vermarktet Feneberg rund 250 nationale sowie internationale Bio-Lebensmittel, wie Bananen, Tee oder Pasta. Und die Eigenmarke Gourmella steht für fertig zubereitete Speisen, wie Bio-Frischemenüs in Zwei-Kammer-Schalen.

Die Feneberg-Metzgerei gilt als Herzstück des Unternehmens. „Prima“ heißt die Qualitätsmarke für Feneberg-Fleisch von Rind, Schwein, Kalb, Pute, Huhn und Ente, die von Landwirten aus Bayern und Baden-Württemberg stammen. Und in der Feneberg-Bäckerei werden täglich 14 Tonnen Brot und Backwaren nach dem Motto „Na,pur“ gebacken – soll heißen: Hier kommen nur natürliche Zutaten wie Mehl, Wasser, Hefe, Sauerteig und Gewürze in den Teig.

Top 2: Scheck
Das Familienunternehmen Scheck mit Hauptsitz in Achern besteht seit 1946. Mit den beiden im vergangenen Jahr neu eröffneten Filialen in Wörth und Heidelberg gehören heute 16 Standorte mit einer durchschnittlichen Verkaufsfläche von rund 4.000 Quadratmetern und bis zu 50.000 Artikeln zum Unternehmen. Ziel von Edeka Scheck ist es, „eine deutsche Esskultur zu schaffen, die jener der Franzosen und Italiener in nichts nachsteht“. Die Kochfabrik in Achern ist ein Aushängeschild von Scheck. Sie bietet auf einer Fläche von 800 Quadratmetern vier Kochinseln und Sitzplätze für mehr als 140 Personen. Hier können Kunden normalerweise zahlreiche Koch- und Grillkurse buchen. Gesellig und genussvoll geht es bei der After-Work-Party oder der Küchenparty zum Thema karibische Sommerküche zu. Des Weiteren organisiert die Kochfabrik Firmenevents und plant Familienfeste.

Qualifizierte Mitarbeiter sind für das Unternehmen die Erfolgsbasis. Mitarbeiter können sich beispielsweise zum Seafood-Experten weiterbilden und ihr Wissen im Verkauf, bei Schlemmerabenden und anderen Veranstaltungen einbringen.

Top 3: Hieber
Im Südwesten Deutschlands hat sich Hieber mit seinen mittlerweile 15 Märkten – ein neuer Markt kam im vergangenen Jahr in Steinen hinzu – einen Namen gemacht.
Da wegen der Pandemie viele Schweizer nicht in den grenznahen Filialen einkaufen konnten, verzeichneten diese laut Tradedimensions Umsatzeinbußen. Unterm Strich erzielte Hieber im vergangenen Jahr trotzdem ein gutes Umsatzplus.

Flaggschiff ist der 3.500 Quadratmeter große Markt in Lörrach, der im vergangenen Jahr für rund fünf Millionen Euro modernisiert wurde. Hier tragen zum Beispiel eine neue Salatbar, ein Unverpackt-Regal, eine Fleischreifekammer für Dry-Aged Beef, ein neuer Gastrobereich (Food-Court) sowie eine Teigmanufaktur zum Einkaufserlebnis bei. Eine Besonderheit ist auch Hiebers Hausbrauerei. Die Kunden können durch die Glasfassade zusehen, wie das „Marktbier“ und andere Bierspezialitäten vor Ort gebraut werden.

Hieber setzt sich zudem für den Tierschutz ein. So stammt das Fleisch der Initiative „Schlachtung mit Achtung“ aus dem Biosphärengebiet Südschwarzwald. Hier werden die Tiere mit einem mobilen Schlachtstand in Hofnähe und ohne Strapazen geschlachtet, was sich laut Hieber in der Fleischqualität bemerkbar macht.

Top 3: Karl Preuss GmbH (WEZ)
Die Karl Preuß GmbH & Co. betreibt im Mindener Land 22 WEZ-Märkte und rangiert – was den Umsatz betrifft – gleichauf mit Hieber auf Platz drei. Sie ist der größte selbstständige Einzelhändler der Edeka Minden-Hannover und befindet sich zu 75 Prozent im Besitz der Familie Preuß. WEZ steht für Weser-Einkaufs-Zentrum, ein Handelsunternehmen, das immer eine enge Beziehung zu Edeka pflegte. Diese wurde nach außen noch sichtbarer, als Inhaber Karl Stefan Preuß vor zwei Jahren einen WEZ-Markenrelaunch durchführte. Seitdem erscheint das Logo in einem blau-gelben Look.

Eigenmarken spielen für Karl Stefan Preuß eine wichtige Rolle, darunter die Eigenmarken „WEZ biologisch“, „regional“ und „exklusiv“. So kommen beispielsweise 15 Prozent der verkauften Lebensmittel von rund 50 Erzeugern aus der Region. Das „Glücksatt“-Schweinefleisch stammt aus einer Aktivstall-Haltung und ist 20 bis 40 Prozent teurer als konventionelles Schweinefleisch.

Besonderes Augenmerk legt der Kaufmann zudem auf italienische Lebensmittel, die mit dem WEZ-eigenen „Bella Italia“-Label hervorgehoben und im selbst betriebenen Bistro, dem Café Novecento, angeboten werden.

Top 4 bis 10
Die Edekaner Simmel, Kissel und Struve haben ihre Platzierungen im Vergleich zum Vorjahr bei deutlich höheren Umsatzzuwächsen gehalten. Edeka Kissel SBK in Landau hat laut Tradedimensions im GV-Bereich – wahrscheinlich pandemiebedingt – 20 Prozent an Umsatz verloren.

Auffällig ist, dass sich Edeka Zurheide unter die Top 10 katapultiert hat. Das Unternehmen verzeichnet mit einem Plus von 27,8 Prozent das größte Umsatzwachstum der Top-10-Edekaner, was laut Tradedimensions vermutlich durch den Corona-Effekt auf „The Crown“ zu erklären ist, einen Erlebnis-Supermarkt in der Düsseldorfer City. Bei Edeka Zurheide findet man zum Beispiel zwei Pasta- und Patisseriemanufakturen sowie eine Mozzarella- und Kaffeemanufaktur.

Edeka Wucherpfennig hat als größter selbstständiger Lebensmitteleinzelhändler in Hannover zwei neue Geschäfte in Hannover eröffnet, was sich in einem deutlichen Mehrumsatz widerspiegelt.

Edeka Cramer und Edeka Meyer haben ihre Plätze unter den Top 10 verteidigt.

REWE
Top 1: Petz
1968 eröffnete unter der Regie der Inhaberfamilie Sanktjohanser der erste Petz-Verbrauchermarkt in Altenkirchen. Ob im Westerwald, Bergischen Land, Siegerland oder in Sachsen, heute findet man an 35 Standorten Petz-Rewe-Märkte mit einer durchschnittlichen Verkaufsfläche von rund 2.500 Quadratmetern sowie über 30.000 Lebensmittel- und Non-Food-Artikeln. Zu den Besonderheiten zählt die regionale Ausrichtung bei Bio-Fleisch sowie Obst und Gemüse. So stammt etwa das Bio-Rindfleisch von sechs Partnerhöfen. Unter der Marke Strohwohl bietet das Unternehmen Fleisch von Schweinen, die überwiegend auf Stroh gehalten wurden. Sie haben nicht nur doppelt so viel Platz wie gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern auch Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Ställe verfügen zudem über außenklimatische Bedingungen und teilüberdachte Außenbereiche.

Gemäß dem Motto „Rewe – am besten Petz“ vermarktet das Unternehmen „Petz Lieblinge“. Diese Spezialitäten werden zum Teil in kleinen Manufakturen hergestellt, wie das Lassche Gebäck (handgefertigte Kekse, Buttergebäck), Petz Gin, Scharfesgelb Eierlikör, Bergische Landnudeln oder der Pilgerkäse, der drei Monate im Kloster Marienthal gereift ist. Und in der Brauerei in Olsberg-Bigge im Sauerland brauen Menschen mit und ohne Behinderung unter der Marke Josefs diverse Biersorten. Viele Märkte sind zudem mit einem Backshop und einem Hähnchengrill ausgestattet.

Top 2: Rewe Richrath
Getreu ihrer Regionalmarke „Wir aus der Region! Kurze Wege, langer Genuss“ gehört der Verkauf von Schweine- und Rindfleisch, Eiern, Bier, Honig, Fleischkonserven, Milcherzeugnissen sowie Obst und Gemüse aus der Region zu den Stärken von Peter und Lutz Richrath. Die Brüder betreiben 15 Märkte im Rhein-Erft-Kreis und in Köln. Rund 30 landwirtschaftliche Betriebe beliefern die Märkte mit mehr als 400 Produkten. Die Fleisch-und-Wurst-Bedienungstheken erzielen fast die Hälfte des Gesamtumsatzes mit regionaler Ware. In eigenen Metzgereien werden Schweine- und Rindfleisch aus der Region und aus aller Welt verarbeitet. Dazu gehören auch die fixen Mahlzeiten sowie Gulasch und Suppen aus Richrath’s Landmetzgerei. Zum Standardsortiment zählt ebenso Richrath’s Landbier, gebraut von einer kleinen Familienbrauerei. Jede verkaufte Flasche unterstützt „Dat kölsche Hätz“, den Förderverein für krebskranke Kinder e. V.

Ein besonderes Einkaufserlebnis bietet der Markt in der Kölner Opernpassage. Er erstreckt sich über zwei Ebenen auf einer Verkaufsfläche von 1.600 Quadratmetern plus Gastrobereich mit 120 Sitzplätzen, Pizzabäckerei und vielem mehr. Per „Tierwohl-TV“ werden Livebilder aus den Schweineställen von Partnerbetrieben in den Markt übertragen. Das soll für mehr Transparenz sorgen. Ein weiteres Aushängeschild von Rewe Richrath ist der Service rund um das Weinsortiment.

Top 3: Dornseifer
Das Familienunternehmen Dornseifer besteht seit mehr als 50 Jahren. Heute gehören mehr als 1.000 Mitarbeiter in 18 Frischemärkten, den Produktionsstätten und einer zentralen Verwaltung in Wenden-Hünsborn zum Unternehmen. Von allen Top-10-Gelisteten verzeichnet das Unternehmen mit einem Umsatzplus von 29,2 Prozent die höchste Wachstumsrate, wozu sicherlich auch die beiden neuen Geschäfte in Olpe und Attendorn beigetragen haben.

Ein Steckenpferd bei Dornseifer sind die Eigenproduktionen: Seit 1975 werden in Wenden-Hünsborn frische Fleisch- und Wurstwaren sowie Grillspezialitäten produziert. Bäcker und Konditoren stellen in der hauseigenen Bäckerei in Hünsborn täglich Brote, Backwaren und Torten her. Und in Dornseifers Frischeküche werden vollständige Menüs, Suppen, Beilagen, Salate und Desserts frisch zubereitet. Hinter der Eigenmarke Dornseifers Currykult verbirgt sich nicht nur Currywurst, sondern auch Pulled Pork oder Chili-Cheese-Chicken. Die Convenience-Abteilung und das Bistro bieten zudem täglich frisch zubereitete Salate, Desserts und Mittagsgerichte an.

Der größte Dornseifer-Frischemarkt mit einer Verkaufsfläche von 3.400 Quadratmetern befindet sich in Siegen-Waldrich. Er diente schon mehrfach als Location für das Gourmet-Event, bei dem rund 800 Gäste schlemmen können.

Top 4 bis 10
Rewe Hundertmark liegt mit seinen zwölf Filialen im Umsatz fast gleichauf mit Dorn-seifer. Mit einem weiteren Markt in Echternach hat Hundertmark vor einigen Jahren den Schritt nach Luxemburg gewagt. Ein Aushängeschild von Rewe Rahmati in Köln ist die Weinabteilung in einigen Märkten. Rewe Mokanski legt unter anderem viel Wert auf Service. So kann man im Getränkemarkt von der Zapfanlage bis zur Bierzeltgarnitur alles für eine private Party leihen. Während Rewe Schneider ein neues Geschäft in Glottertal eröffnet und Rewe Lenk einen Markt in Bochum erweitert hat, wurde bei Rewe Freidank ein Geschäft in Essen geschlossen. Vermutlich fiel das Umsatzplus von Freidank deshalb vergleichsweise gering aus. Neu unter den Top 10 ist Rewe Zwingel in Weisendorf. Er hat Rewe Eins A von Platz 10 verdrängt.