Nachhaltige Sortimente Eine Frage der Definition

Tierschutz- und Nachhaltigkeitsdebatten fördern die Nachfrage nach vegetarisch-veganen Produkten. Für sie fehlt jedoch bisher eine lebensmittelrechtliche Definition. Verschiedene Label wollen für Orientierung sorgen. Wofür sie im Detail stehen, ist oft unklar.

Freitag, 09. Oktober 2015 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Eine Frage der Definition
Das V-Label der EVU (hierzulande ist der Vegetarierbund Deutschland Lizenzgeber) existiert in vier Stufen: ovo-lacto-vegetarisch, ovo- bzw. lacto-vegetarisch, sowie vegan.

Ist ein Produkt noch vegan, wenn beim Anbau der Rohstoffe tierische Düngemittel eingesetzt wurden, oder der Etikettenkleber casein- oder bienenwachshaltig ist? Auslegungssache. Noch immer gibt es keine lebensmittelrechtliche Definition für die Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“. „Der Europäische Gesetzgeber hat die EU-Kommission bereits 2011 verpflichtet, eine verbindliche Definition der Begriffe vegan und vegetarisch zu erlassen“, sagt Sebastian Zösch, Geschäftsführer des Vegetarierbund Deutschland (Vebu). Bisher sei die Kommission dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Gemeinsam mit der European Vegetarian Union (EVU) – dem europäischen Dachverband der veganen und vegetarischen Organisationen – setzt sich der Vebu für den zeitnahen Erlass einer solchen Definition ein, die mehr Sicherheit für Lebensmittelwirtschaft und Verbraucher gewährleisten soll.

Am Regal sorgen Label wie das des Vebu oder die Vegetarier-Blume der Vegan Society UK für Orientierung, viele Hersteller setzen jedoch auf eine eigene Kennzeichnung. Welche Kriterien jeweils zugrunde liegen, muss der Kunde meist selbst erfragen.

Das V-Label des Vebu , das in vier Kategorien vergeben wird (ovo-lacto-vegetarisch bis vegan) steht nach Angaben von Zösch u. a. für eine umfassende Prüfung durch Spezifikationsformulare, die Prüfung des kompletten Produktionsprozesses vom Lieferanten, über Herstellungsverfahren und Rezeptur, bis zur Fertigstellung. Alle Inhalts-, Träger-, Zusatz- und Hilfsstoffe werden beachtet und geprüft. Produkte, die mit dem V-Label gekennzeichnet sind, dürfen keine der folgenden Zutaten enthalten: Fleisch, Fisch, Geflügel sowie Zutaten, die aus getöteten Tieren hergestellt wurden (z. B. Gelatine, Kälbermagenlab, tierische Fette, Fischöl), Eier von Hühnern aus Käfighaltung. Der Vebu behalte sich das Recht für regelmäßige Laborstichproben und Audits vor.

Für einige Hersteller gehen die Regelungen der etablierten Zeichen nicht weit genug. Es fehle an Transparenz in der Vergabe, erklärt Bernd Drosihn, Gründer von Tofutown (Marken: Viana, Veggie Life etc.). „Die Richtlinien sind, soweit uns bekannt ist, weder fachmännisch erstellt noch überprüft. Diese Siegel werden leider auch nicht unabhängig kontrolliert, weder beim Hersteller noch bei den Vergabestellen selbst.“ Drosihn setzt daher als einer der ersten auf ein neues Siegel, das für ein unabhängig kontrolliertes Prüfverfahren für pflanzliche Lebensmittel steht. Mit dem Gütesiegel „EcoVeg“ des Verbandes VegOrganic e.V . werden ausschließlich vegane Lebensmittel zertifiziert, die der EG-Öko-Basisverordnung Nr. 834/2007 entsprechen. Die gekennzeichneten Produkte werden durch unabhängige Öko-Kontrollstellen im Rahmen von Vor-Ort- und Produktkontrollen regelmäßig überprüft. „Die auf dem Markt befindlichen Siegel sind nicht definiert und beruhen in der Regel auf freiwilligen Selbstverpflichtungen und Eigenangaben der Siegelnutzer“, erklärt Michael Beuger, Vorstandsmitglied VegOrganic e.V. In den EcoVeg-Richtlinien sind verbindliche Kriterien für Zutaten und technische Hilfsstoffe, aber auch für Verarbeitungsbedingungen z. B. in Mischbetrieben für die Zertifizierung aufgestellt. Zu den ersten Siegel-Nutzern gehört auch Bio-Saftproduzent Voelkel.

Rila Feinkost Importe hat sich bei seiner Marke Rinatura beispielsweise für ein eigenes Vegan-Logo entschieden, aus verschiedenen Gründen. Das Piktogramm wurde in die etablierte Rinatura-eigene „Warenkunde auf einen Blick“ integriert, die auf Produkten wichtige Eigenschaften wie glutenfrei oder Bio visualisiert. Ein wichtiger Punkt war jedoch ein fehlender einheitlicher globaler Standard für „vegan“, an denen sich die Produzenten, von denen das Unternehmen weltweit Produkte bezieht, orientieren könnten. Die selbst gestellten Anforderungen für die Aufbringung des eigenen Vegan-Logos seien teilweise strenger als die etablierter Siegel wie das des VEBU oder von VegOrganic, teilt Rila mit.

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