Markthalle Neun Interview „Mehr als ein Ort zum Einkaufen“ - Break-even-Point

Kaufen, essen, erleben, lernen, mit allen Sinnen genießen. Das sollen Kunden in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg.

Dienstag, 24. Februar 2015 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild „Mehr als ein Ort zum Einkaufen“ - Break-even-Point
Bildquelle: Markthalle Neun

Allgemein heißt es, ein neues Konzept sollte nach drei Jahren den Break-even-Point erreicht haben. Trifft das auch auf die Markthalle Neun zu?
Driessen: Wir schwelgen nicht im Luxus aber, ja, die Halle ist profitabel. Das ist ja auch ganz wichtig: Wir wollen ja, dass unsere Anbieter und wir von dem, was wir machen, leben können. Das gehört zum Gedanken der Nachhaltigkeit dazu. In den vergangenen Jahren sind hier übrigens 150 Arbeitsplätze entstanden. Die Halle ist ein Inkubator für Existenzgründer und mittlerweile ein richtiger Job-Motor.

Die Markthalle Neun steht für bewussten Konsum, also zum Beispiel Einkaufen mit der Saison und weniger Fleischkonsum. Aber für viele Konsumenten ist das entweder nicht bezahlbar oder sie wollen gar nicht ohne oder mit weniger Fleisch leben. Warum ist es dennoch Teil des Konzepts der Markthalle Neun?
Niedermeier: Es geht uns nicht darum, mit einem erhobenen Zeigefinger die Menschen zu besseren Konsumenten zu machen. Nein, wir wollen die Menschen über den guten Geschmack sowie unsere eigene große Begeisterung für das, was wir tun, kriegen.

Aber die Markthalle Neun bietet ihre Produkte nicht gerade in einem Kiez an, der für Kaufkraft steht. Wie ist die Akzeptanz dennoch zu erklären?
Driessen: Uns war von Anfang auch wichtig, für die Nachbarschaft mitzudenken. Wir haben also zum Beispiel bewusst den Aldi in der Halle gelassen. Und wenn man eben saisonales Gemüse einkauft und – wie früher – nicht jeden Tag Fleisch isst, dann kann man sich auch mit kleinem Geldbeutel gesund ernähren. Darum geht es. Dieses Bewusstsein wollen wir wieder vermitteln. Und das geht am Besten über den Geschmack.

Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Maier: Da gibt es zum Beispiel Frau Zeller. Sie backt in vierter Generation. Oft passiert es, dass Kunden auf dem Weg zu Aldi irgendwann bei ihr ein Stück Torte kaufen, weil die Auslage einfach so umwerfend aussieht. Und das schmeckt dann eben einfach so gut, dass der Kunde wiederkommt. Da ist dann der Preis auch nicht mehr ganz so wichtig.

Sind wir also wieder beim Emotionskauf...
Niedermeier: ...auf jeden Fall. Das macht die Markthalle Neun aus: Menschen, die ihren Beruf lieben, die aus guten Zutaten gute Produkte herstellen, also Herzblut in Herstellung und Verkauf stecken. Diese Leidenschaft spürt der Kunde. Zudem können diese Hersteller und Verkäufer zu jedem einzelnen Produkt die Geschichte erzählen, die dahinter steht.

Ist es das, was den Zulauf bringt?
Driessen: Auf jeden Fall.
Maier: Die Markthalle Neun ist ein Treffpunkt in Kreuzberg. Ein Treffpunkt für alle, die Lebensmittel wertschätzen. Wer hier arbeitet, bringt Leidenschaft mit, Leidenschaft für seine Produkte, Leidenschaft für das Verkaufen, Leidenschaft für den Menschen auf der anderen Seite des Verkaufsstandes.
Driessen: Und natürlich auch die Atmosphäre, die Ausstrahlung, die von der Halle ausgeht. Die Markthalle Neun ist kein moderner Designtempel. Sie ist bodenständig und authentisch wie die Produkte, die hier angeboten werden.

Wie sieht es mit der Konkurrenz, dem Wettbewerb aus, keine Angst vor Kopien, vor Nachahmern?
Niedermeier: Nein, eine wirkliche Konkurrenz sehen wir nicht. Dafür sind der Ort und die Menschen zu individuell.
Driessen: Das lässt sich nicht so einfach kopieren.

Sie machen auf mich nicht den Eindruck, dass das alles war. Was kommt als nächstes?
Driessen: Wir arbeiten gerade an einem neuen Konzept. Einen Ort, an dem Lebensmittel in der Stadt produziert werden können Dazu wird es der Halle zu eng,und dafür ist sie auch baulich nicht wirklich geeignet.

Wie – will die Markthalle Neun nicht nur Anbieter von Lebensmitteln sein, sondern auch noch Produzent?
Driessen: Wir wollen keine Lebensmittel herstellen, wir wollen den Platz dafür zur Verfügung stellen.

Und wo und bitte wie soll das gehen?
Driessen: Das besprechen wir gerade mit dem Berliner Senat. Noch gibt es ja Platz in der Stadt. Aber das ist uns wichtig, wir wollen die Produktion wieder ins Zentrum holen. Raus aus der Anonymität.

Gibt es schon einen Namen?
Driessen: Werkhof Neun.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Die Drei hinter dem Konzept Markthalle Neun:
(v. l.) Florian Niedermeier, Bernd Maier und
Nikolaus Driessen.
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