Interview mit Joosten Brüggemann Darf es etwas visionär sein? - On- und Offlinegeschäft

Bünting ist einer der Pioniere beim Online-Geschäft mit Lebensmitteln. Das Unternehmen halte wie damals bei der Gründung von myTime.de daran fest, früh Nischen zu besetzen um die Potenziale eines Wachstumsfeldes zu nutzen, so E-Commerce-Chef Joosten Brüggemann.

Freitag, 13. Februar 2015 - Management
Dieter Druck
Artikelbild Darf es etwas visionär sein? -  On- und Offlinegeschäft

Wie steht es mit der Verknüpfung des On- und Offlinegeschäftes, oder präferiert Bünting die Alleinstellung von On- und Offline?
Durch die Zunahme mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets wird das Thema „Multichannel“ sowohl im Nonfood- wie im Food-Bereich zunehmend bedeutender. Und „Multichannel“ bedeutet für uns, dass der Kunde künftig die Ware wo, wann und wie er sie haben will auch erhält. Darauf stellen wir uns ein.

Welche Zahlungsart wird inzwischen präferiert?
Die Kunden können bei myTime.de zwischen den Zahlungsarten PayPal, Kreditkarte, Sofortüberweisung und Rechnung wählen. Die beiden erstgenannten haben dabei die größte Bedeutung im Endkundengeschäft. Im B-to-B Geschäft dominiert traditionell der Rechnungskauf.

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Paket- bzw. Abholboxen gemacht?
Aufgrund der verderblichen Ware in den Pakete liefern wir nur direkt an Kunden aus und geben die Pakete nicht in Paketstationen ab.

Ist das Online-Geschäft wirklich die Nahversorgung der Zukunft?
Immerhin 36 Prozent der Verbraucher wollen laut einer Befragung von Ernst & Young in spätestens fünf Jahren Lebensmittel über das Internet bestellen. Bei den Familien liegt der Anteil sogar bei 64 Prozent. Schwerpunkt des Lebensmittelhandels bleibt der stationäre Markt. Anbieter, die sich auf ihren Flächen differenzieren können, werden auch weiterhin eine große Marktbedeutung haben. Kunden werden aber künftig erwarten, jeweils den Verkaufskanal wählen zu können, der der momentanen Alltagssituation am besten entspricht. Und hier wird der Online-Kauf eine attraktive Alternative – insbesondere, wenn sich das stationäre Angebot auf Discounter beschränkt.

Muss man als Online-Betreiber anders denken als ein stationärer Händler?
Der Lebensmittelversand ist eine logistische Herausforderung im E-Commerce. Von der Lagerung über die Kommissionierung bis hin zum Verpacken und dem Versand setzen wir auf ausgefeilte, meist selbst entwickelte Systeme. Dennoch muss auch im LOH in Sortimenten gedacht werden, denn der Kunde erwartet eine Auswahl. Zudem ist das Sortiment im LOH ein Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb. Anders als im stationären Handel fehlt im LOH der sensorische Aspekt beim Einkauf. Wenn der Kunde sich vor dem Kauf nicht selbst von Frische und Qualität der Ware überzeugen kann, muss diese ihn in diesen Punkten umso mehr überzeugen. Durch sehr strenge Wareneingangskontrollen und Fachpersonal mit besonderer Sensibilität für die Qualität sorgen wir dafür, dass unsere Online-Kunden stets Top-Produkte bekommen.

Wie beurteilen Sie Drive-in? In Frankreich offensichtlich akzeptiert, hierzulande kaum.
Das Drive-in-Konzept ist extrem standortabhängig und wird sich in Abhängigkeit von Lebensmittel-Onlinehandel entwickeln. Ansonsten ist die Struktur des stationären LEH in Deutschland nicht mit der in Frankreich vergleichbar.

Welche sind die nächsten Schritte zur Effizienzverbesserung?
Mit steigendem Auftragsvolumen werden bestimmte Prozesse automatisch effizienter – sei es in der Auslastung von Logistikarbeitsplätzen, der Warendisposition oder auch im Marketing. Ab einem bestimmten Zeitpunkt werden wir uns auch mit der Teilautomatisierung in den Lagerabläufen beschäftigen müssen.

Stichwort Verpackungen: Tut sich hier in nächster Zeit etwas?
Die Auswahl und der Einsatz der richtigen Verpackungsmaterialien ist ein wesentlicher Einflussfaktor für den schadensfreien Transport und die Einhaltung der vorgeschriebenen Kühlketten. Dabei gilt jeweils die Maxime: soviel wie nötig – so wenig wie möglich. Unsere Online-Kunden haben die Möglichkeit, Verpackungsmaterial zur umweltgerechten Entsorgung an uns zurück zu senden. Natürlich suchen wir auch hier permanent nach Optimierungslösungen.

Auch mit dem neuen Combi werden Zeichen gesetzt. Welches sind die Hauptmerkmale dieses Formates?
Die Combi Erlebniswelt in Hamm verquickt modernes Einkaufen mit Gastronomie. Das Sortiment von rund 20.000 Artikeln deckt die Bedürfnisse einer breiten Kundenklientel ab. Vom Preiseinstiegsprodukt bis zur ausgewählten Feinkost bietet die Combi Erlebniswelt eine umfassende Auswahl. Die Kombination mit gastronomischen Angeboten auf der Verkaufsfläche und nicht mehr klassisch in der Vorkassenzone ist in der Erlebniswelt erfolgreich umgesetzt worden.