SuperMarkt des Jahres Mehr als Öko, Grün und Bio

Nachhaltigkeit ist längst zu einer wirtschaftlichen Notwendigkeit geworden, der sich kein Handelsunternehmen mehr entziehen kann – so ein Fazit des Fach-Forums.

Sonntag, 05. Juni 2011, 22:00 Uhr
Udo Mett
Artikelbild Mehr als Öko, Grün und Bio
Bildquelle: Hoppen

Auch wenn Nachhaltigkeit in Fachkreisen des Handels und der Industrie ein Dauerthema ist, können Kunden nicht immer etwas mit dem Begriff anfangen. Deshalb geht es jetzt darum, den Endverbrauchern zu erklären, wie die Wirkungszusammenhänge aussehen und wie sich das einzelne Unternehmen für Nachhaltigkeit engagiert. Dazu lieferte das von Dieter Druck (Foto), stellvertretender Chefredakteur Lebensmittel Praxis, moderierte Fachprogramm vor Beginn der Preisverleihung zum „SuperMarkt des Jahres 2011" interessante Anregungen.

Wie der Handel mit geprüften und bewährten Standards Vertrauen schaffen kann, machte Kerstin Uhlig, Manager Stakeholder Liason Global GAP, in ihrem Vortrag deutlich. Sie gab einen umfassenden Einblick in die Arbeit ihrer Institution: Global GAP („The Global Partnership for Good Agricultural Practice") ist eine privatwirtschaftliche Organisation, die weltweit freiwillige Standards zur Zertifizierung und Implementierung „guter Agrarpraxis" setzt und dabei auch nationale Standards anerkennt, soweit sie den Global-GAP-Vorgaben entsprechen. Dabei werden ausschließlich Erzeuger von landwirtschaftlichen Produkten zertifiziert und nicht einzelne Produkte. Abgedeckt wird mit den Standards der gesamte landwirtschaftliche Prozess für die Pflanzenproduktion, Zuchttierhaltung und Fischzucht. Bei der Umsetzung von Standards verfolgt Global GAP grundsätzlich einen ganzheitlichen Ansatz. Dieser umfasst die Verminderung umweltschädlicher Einflüsse durch die Landwirtschaft, die Reduzierung des Einsatzes von Medikamenten- und chemischen Pflanzenschutzmitteln, Maßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit von Mensch und Tier und die Minimierung von Gefahren mikrobiologischer Verunreinigungen.

Global GAP zählt weltweit mehr als 100.000 zertifizierte Betriebe in mehr als 100 Ländern. Jeder Erzeuger- oder Verarbeiterbetrieb ist durch eine 13-stellige GLN-Nummer auf dem Produkt-Etikett eindeutig identifiziert. Transparenz ist gewährleistet durch die Hinterlegung des Betriebsprofils in der zentralen und öffentlichen Datenbank www.globalgap.org.

Wie der Handel mit einem eigenen Nachhaltigkeitskonzept punkten kann, schilderte Dr. Daniela Büchel. Die Leiterin des Konzernmarketings der Rewe Group verantwortet auch das Thema Nachhaltigkeit des Kölner Handelsriesen. Überschrieben ist das Konzept mit einem Zitat von Konzernlenker Alain Caparros: „Nur wenn alle im Unternehmen Nachhaltigkeit leben, wird sie lebendig." Mit einem umfangreichen Angebot von Bio-Produkten unterstreicht die Rewe Group den Nachhaltigkeitscharakter ihres Food-Sortiments. Zudem orientiert sich die Zusammensetzung des gesamten Produkt-Portfolios an der konzerneigenen „Leitlinie für nachhaltiges Wirtschaften", in der konkret definiert ist, was die Rewe unter verantwortungsvollem Handeln versteht, welche Arbeits- und Sozialstandards alle an der Wertschöpfungskette beteiligten Lieferanten und Dienstleister erfüllen müssen, und welche Standards beim Umwelt- und Tierschutz zu gewährleisten sind. Weiterer Bestandteil des grünen Sortimentes ist eine breite Palette von Schnelldreher-Produkten mit dem Siegel „Pro Planet".

Im Bezug auf die Schonung der Umwelt hat sich die Rewe Group dem Ziel verpflichtet, den Ausstoß von klimaschädlichen CO2-Emissionen bis zum Jahr 2015 um mindestens 30 Prozent zu reduzieren. Dazu gehört u. a. der ausschließliche Bezug von „Grün-Strom" für alle 6.000 Märkte und Reisebüros sowie die Installation eigener Solaranlagen.

Auch wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH für mehr Spielraum gesorgt hat, bleiben weiterhin deutliche Grenzen, die bei der Werbung mit Aspekten der Nachhaltigkeit zu beachten sind. Das machte der Wettbewerbsrechtsexperte Dr. Markus Grube (Rechtsanwaltskanzlei Krell Weyland Grube, Gummersbach) in seinem Fachbeitrag in Anlehnung an den CSR-Begriff (Corporate Social Responsibility) deutlich. War es vor Jahren noch verboten, für ein Produkt zu werben und dabei ohne sachlichen Bezug zum konkreten Produkt z. B. das Engagement des werbenden Unternehmens für den Erhalt des Regenwaldes herauszustellen, ist diese Form der „gefühlsbetonten Werbung" heute erlaubt; immer vorausgesetzt, diese Werbung ist nicht irreführend im Sinne des UWG. Auch in Zukunft, so die Einschätzung von Grube, bleibt die Rechtsprechung dynamisch und wird sich dabei an dem sich verändernden Informationsbedürfnis der Verbraucher orientieren.
Rainer Brüderle, neuer Fraktionsvorsitzender der FDP im Bundestag, konnte aufgrund terminlicher Enge nicht seine vorbereitete Keynote-Rede halten. Brüderle stellte sich aber einem lebhaften Spontan-Interview mit Reiner Mihr und Christina Steinheuer (Chefredakteur bzw. Redakteurin Lebensmittel Praxis). Auf die Frage, ob es ihm schwergefallen sei, seinen Traumjob als Wirtschaftsminister nach so kurzer Zeit wieder abzugeben, gab sich Brüderle sachlich: Es gehe nicht um persönliche Profilierung, sondern darum, die Partei der Freien Demokraten wieder auf Kurs zu bringen. Auch sei es kein Widerspruch, wenn erfahrene Politiker und junger Partei-Nachwuchs zusammenarbeiteten: „Manche sind schon in jungen Jahren alt, manche Alte sind immer noch wild." Brüderle verabschiedete sich schließlich mit Hinweis darauf, dass man die „jungen Leute in Berlin" nicht so lange allein lassen könne.

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