Der Handelsverband Deutschland hat beim Bundeskartellamt eine Beschwerde gegen die chinesische Online-Plattform Temu eingereicht. Der Verband wirft dem Unternehmen kartellrechtswidriges Verhalten vor, wie der HDE mitteilte. Temu entziehe den Händlern die Preissetzungshoheit, indem die Plattform nicht nur Preisobergrenzen von 85 Prozent im Vergleich zu anderen Verkaufsplattformen festlege, sondern sich auch das Recht vorbehalte, die finalen Verkaufspreise selbst zu bestimmen.
Weitere HDE-Vorwürfe gegen Temu
Die Beschwerde, die der HDE zusammen mit der Kanzlei Noerr erarbeitet hat, umfasst weitere Vorwürfe. So verstoße Temu gegen die Preisangabenverordnung, da bei Preisherabsetzungen regelmäßig die verpflichtende Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage fehle. Zudem werbe das Unternehmen mit irreführenden Countdown-Aktionen bei Preisreduzierungen. Testkäufe verschiedener Organisationen hätten zudem wiederholt gezeigt, dass die von Temu angebotenen Produkte häufig nicht den Produktsicherheitsvorschriften entsprechen.
„Wer hierzulande Waren anbietet und verkauft, muss sich auch an unsere Regeln und Gesetze halten“, zitierte der HDE seinen Präsidenten Alexander von Preen. Die heimischen Handelsunternehmen investierten viel Geld in die Einhaltung von Umwelt- sowie Verbraucherschutzauflagen und finanzierten mit ihren Steuerzahlungen das Gemeinwesen.
Förmliches EU-Verfahren gegen Temu eingeleitet
Temu steht seit seinem Markteintritt wegen Verstößen gegen EU-Verbraucherschutzregeln in der Kritik. Unter anderem wurden gefälschte Rabattaktionen, gefälschte Bewertungen und irreführende Informationen über Verbraucherrechte bemängelt. Ende Oktober 2024 leitete die Europäische Kommission ein förmliches Verfahren gegen die Plattform ein. Dabei ging es unter anderem um den Verdacht, dass Temu nicht ausreichend gegen den Verkauf illegaler Produkte vorgeht.
Temu wächst trotz Kritik kräftig weiter
Trotz der Kritik verzeichnet Temu in Deutschland ein starkes Wachstum. Laut dem IT-Analyseunternehmen Similarweb stieg die Zahl der monatlichen Einzelbesucher im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent auf durchschnittlich 15,1 Millionen. Die Plattform zählt damit zu den zehn am schnellsten wachsenden Websites in Deutschland und steht in einer Reihe mit Microsoft Bing, Klarna und ChatGPT. Im ersten Halbjahr 2024 erreichte Temu bereits den sechsten Platz unter den größten Online-Händlern in Deutschland, gemessen an der Anzahl der Bestellungen.
Auch international wird Temu immer mächtiger
Auch international expandiert das Unternehmen stark. In Australien ist Temu laut Similarweb die am schnellsten wachsende Website mit einem Anstieg der monatlichen Besucherzahlen um 72 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Großbritannien stieg die Zahl der monatlich aktiven App-Nutzer um 53 Prozent. Das Unternehmen, das im September 2022 in den USA startete und sich 2023 nach Europa ausdehnte, gibt an, heute in mehr als 80 Märkten weltweit aktiv zu sein. Der Marktanteil asiatischer Plattformen im deutschen Online-Handel hat sich innerhalb eines Jahres auf 5 Prozent mehr als verdoppelt.