Unverpackt Kochdinkel statt Reis

Verpackungsfrei einkaufen ist mittlerweile in vielen spezialisierten Läden, aber auch im klassischen Supermarkt möglich. Ein Konzept aus Norddeutschland will besonders nachhaltig sein.

Freitag, 25. September 2020 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Kochdinkel statt Reis
Bildquelle: Plietsch

Als „pfiffig“ oder „bauernschlau“ lässt sich der norddeutsche Begriff „plietsch“ ins Hochdeutsch übersetzen. Pfiffiges Einkaufen bedeutet heute: plastikfrei, bio, regional und ein Angebot mit guter Öko-Bilanz, so der Anspruch von „Plietsch - natürlich unverpackt“. Bei Edeka Bergmann in Lüneburg, Edeka Meyer in Sevetal-Hittfeld, Edeka Bohnhorst in Sternberg und seit September auch bei Edeka Hauschildt in Flintbek finden Kunden Unverpackt-Abteilungen unter der Marke.

Damit setzen die selbstständigen Händler auf einen wachsenden Trend. Verpackungsfreie Läden sind in den vergangenen Jahren in größeren Städten beinahe wie Pilze aus dem Boden geschossen. Zwei Jahre nach Gründung des Verbandes der Unverpackt Läden, Unverpackt e. V., sind bereits mehr als 135 Läden darin organisiert, knapp 220 Läden sind in Planung. Zu Beginn der Corona-Pandemie hatten die Ladner jedoch zunächst zu kämpfen, weiß der Verbandsvorsitzende Gregor Witt. Möglicherweise, weil die Bundesbürger versuchten, ihre Einkäufe in möglichst wenig Läden zu erledigen.

Ein Vorteil für Unverpackt-Abteilungen im klassischen Supermarkt? Hier lässt sich zumindest eine breitere Zielgruppe erreichen, erklärt Henrik Siepelmeyer. Er gehört zum Gründerteam des Start-ups Plietsch, das aus einem Projekt der Leuphana Universität Lüneburg entstanden ist. So eröffnete die erste Abteilung bei Edeka Bergmann in der Heimat. Siepelmeyer und sein Team übernehmen für die Partnerhändler das Sourcing der Produkte, ebenso für die Bestellvorgänge. Betrieben wird die Abteilung jedoch vom Marktpersonal. Das Plietsch-Team schult vorab die Supermarkt-Mitarbeiter in Hygienefragen, Lagerhaltung, Warenpflege und Warenkunde und steht später für spezielle Kundenfragen als Ansprechpartner zur Verfügung.

„Wer eine Plietsch-Abteilung eröffnet, der nimmt das Thema Unverpackt ernst“, sagt Siepelmeyer. Mehle, Haferflocken und Co. kommen im 25-Kilogramm-Sack, Trockenfrüchte etwa im 10-Kilogramm-Gebinde. Das benötigt Platz und einen entsprechenden Durchsatz.

Mut zur Lücke
Rund 80 unterschiedliche Produkte umfasst das Sortiment zum Abfüllen. Knapp drei Viertel der Ware stammt aus Deutschland – möglichst aus der direkten Region. Die Hersteller, wie die Bohlsener Mühle, werden mit Logo an den Behältern gekennzeichnet. Darüber hinaus wird nicht nur die Herkunft eines Müsli-Produzenten, sondern auch die der Hauptzutaten ausgewiesen.

Auch „Angebotslücken“ gehören zum Nachhaltigkeits-Konzept. So sucht man weit gereisten Reis in den Schütten vergeblich. Sojagranulat hingegen gibt es – aus Österreich. Plietsch wähle sein Sortiment nach Nachhaltigkeitskriterien aus, informiert das Unternehmen über seine Website. Hauptausschlaggebend seien dabei „die Anbauart und deren Umweltauswirkungen sowie die sozialen Anbaubedingungen und natürlich der Transportweg“. Reis sei die Kulturpflanze mit den größten Klimaauswirkungen je Kalorie, daher wird als Alternative heimischer Kochdinkel empfohlen.