Interview mit Jörg Pretzel Auf die Inhalte kommt es an  

Herausforderung Digitalisierung: Ohne qualitativ hochwertige und damit vertrauenswürdige Produktinformationen sei im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung kein Unternehmen mehr handlungsfähig, betont GS1-Germany -Chef Jörg Pretzel im Gespräch.

Dienstag, 22. November 2016 - Management
Andrea Kurtz
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Bildquelle: Carsten Hoppen

Sie haben 24 Monate lang in Berlin das kontaktlose Bezahlen über NFC getestet. Das Ergebnis?
Jörg Pretzel: Die Akzeptanzstellendichte von NFC hat sich vervierfacht, wir haben mehr als 30 Händler zum Mitmachen bewogen. Wir haben frühzeitig prognostiziert, dass Schnittstellen wie NFC Einzug am PoS in den Systemen der Händler halten werden. Das konnten wir beweisen. Die dynamische Entwicklung auf Seiten von Handel, Netzbetreibern, Banken und Dienstleistern ist unbestritten.

Sind die Unternehmen in Deutschland also bereits in der mobilen Welt angekommen?
Das lässt sich so einfach sicher nicht beantworten. Die Herausforderungen für Unternehmen in Handel und Industrie sind in den vergangenen drei bis vier Jahren deutlich stärker geworden und deswegen arbeiten alle verstärkt an der Digitalisierung. Industrie 4.0, Digitalisierung, Transformation, Disruption, Trusted Data: Mit diesen Schlagwörtern müssen sich alle Beteiligten beschäftigten. Doch es gilt zunächst, diese Begriffe klar zu umreißen und ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln.

Hört sich gut an. Geben Sie also Entwarnung in puncto Fortschritt?
Nein, absolut nicht. In aller Deutlichkeit ist festzuhalten: Es wird nicht ausreichen, diese Themen in der gleichen Geschwindigkeit zu bearbeiten, wie wir teilweise Herausforderungen in der Vergangenheit angegangen sind. Dann fährt der Zug ohne uns aus dem Bahnhof. Besonders bedeutend ist im Rahmen dieser Entwicklung das Thema Digitalisierung. Gerade auf diesem Gebiet müssen Industrie und Handel verstärkt zusammenarbeiten, um den hybriden Konsumenten mit seinen unterschiedlichen Anforderungen für sich zu gewinnen.

Wie tickt denn der Konsument?
Durch das Smartphone ergeben sich für den Konsumenten immer neue Möglichkeiten. So kann er – in Echtzeit – Kaufentscheidungen in Laden vorbereiten, Preise checken, Informationen zu Produkten einholen. Es gibt auch kaum noch Kunden, die entweder stationär oder online einkaufen. Sie nutzen zunehmend beides – je nach Bedürfnis.

Welche Hauptaufgabe hat GS1 Germany im Digitalisierungsprozess?
Wir sehen uns in der Rolle, die vielen einzelnen Datenqualitätsinitiativen in einer einzigen Initiative zu bündeln, mit dem Ziel, dass nur noch 100-prozentig akkurate Produktdaten in den ERP-Systemen der Händler zu finden sind. Denn ohne qualitativ hochwertige und damit vertrauenswürdige Produktinformationen ist im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung kein Unternehmen mehr handlungsfähig.

Technologie allein reicht aber in diesem Prozess nicht aus, oder?
Nein, es kommt vor allem auf die qualitativ hochwertigen Inhalte an, auf die richtigen Informationen und Botschaften. Wenn die nicht stimmen, nützen mir als Händler auch technologische Hilfsmittel nicht. Wenn ich dann noch das Stichwort ‚Big Data‘ höre und weiß, dass Daten erst Sinn machen, wenn eine hohe Datenqualität gegeben ist. Doch selbst wenn die Datenqualität stimmt, müssen die richtigen Fragen gestellt, die Daten fehlerfrei analysiert, die richtigen Schlüsse gezogen und letztendlich in Entscheidungen umgesetzt werden. Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, ist Big Data kein Kostenfaktor, sondern schafft einen echten Wettbewerbsvorteil.