HIT 2024 Das sind Deutschlands innovativste Konsumgütermarken

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Fußball-EM, Olympia: Es ist ein Sommer für Medaillen – auch im LEH. Mit dem HIT 2024 zeichnet die LP Marken für ihre Innovationskraft aus. Sie werden es künftig jedoch schwerer haben, glauben Experten.

Freitag, 05. Juli 2024, 06:00 Uhr
Bettina Röttig
Artikelbild Das sind Deutschlands innovativste Konsumgütermarken
Bildquelle: Getty Images, Mirco Moskopp, GfK

Markenhersteller investieren wieder stärker in die Unterstützung von Neuprodukteinführungen am Point of Sale. Dieses positive Signal ermittelte die Lebensmittel Praxis im Rahmen der Handelsbefragung HIT 2024 (siehe Grafik). Gewannen in den vergangenen rund zwei Jahren mit Inflation und Kaufzurückhaltung die Eigen­marken der Handelsunternehmen bekanntermaßen Marktanteile, scheint die Markenartikelindustrie nun langsam wieder in den Angriffsmodus zu schalten. Und das muss sie auch. Denn mittlerweile stehen die Handelsmarken nach Analyse der GfK Marktforschung bereits für einen Marktanteil von rund 45,5 Prozent.

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Vorsprung durch eine hohe Innovationskraft ist für Markenhersteller essenziell im Wettbewerb. Doch nur wenige Produktneuheiten überleben das erste Jahr nach ihrer Markteinführung. Die LP macht daher den Realitätscheck und befragt seit mehr als 30 Jahren die Entscheider im Handel zu den aus ihrer Sicht erfolgreichsten Produktinnovationen der vergangenen zwölf Monate. Schließlich geben die Abverkaufszahlen in den eigenen Märkten ein klares Bild.

Der Blick auf die Ergebnisse der diesjährigen HIT-Befragung zeigt, dass vor allem Neukreationen etablierter Marken die befragten Marktmanager und Sortimentsverantwortlichen im Lebensmittelhandel überzeugen konnten. Wenngleich Händler auf ihren Social-Media-Kanälen häufig Produkte junger Start-ups ins Scheinwerferlicht rücken, wählten sie diese gehypten Artikel nicht auf die ersten Plätze in den 39 Warengruppen.

Mehr Unterstützung für Neuprodukte

Alternative Produkte sind Innovationstreiber

Darüber hinaus auffällig: Für die Experten aus dem Handel zählen die vegetarisch-veganen Sortimente – Fleisch- und Milchersatz sowie die Alternativen in den übrigen Bereichen – derzeit zu den Innovationstreibern schlechthin. Nicht nur die hohe Zahl der Anmeldungen von vegetarischen oder veganen Produkten zur Auszeichnung HIT 2024, auch die zusätzlichen Produktnennungen der Händler aus diesem Segment waren so enorm, dass wir den Alternativen erstmals drei Kategorien einräumen. Auch wurden alle drei Kategorien bei der Frage nach den innovativsten Warengruppen des letzten Jahres von Händlern in die Top Fünf gewählt.

Mit der Strategie zum Ausbau der vegetarisch-veganen Angebote sind die Hersteller auf einem guten Weg, bestätigt eine aktuelle Analyse der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die sich damit beschäftigt, wie Marken ihre Marktposition wieder stärken können. Wachstum sieht Dr. Robert Kecskes, Senior Insights Director bei GfK, für Produkte und Marken im Bereich der Planetary Health Diet, zu denen er pflanzliche und Bio-Produkte zählt. Aufgrund ständiger Krisen wie der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine sei die Bevölkerung psychisch stark belastet. Um in Zeiten multipler globaler Krisen und der „Planetary Health“-Wende relevant zu bleiben und Marktanteile zu gewinnen, müssten Markenhersteller ihre Strategien anpassen und weiterentwickeln, ist er überzeugt. „Tradition erhöht keine Marktanteile“, mahnt Kecskes auch in einem gleichnamigen Essay. Soll heißen: Marken, die lediglich auf Tradition setzen und darauf, Kindheitserinnerungen zu wecken, werden nach Prognose von Kecskes an Attraktivität verlieren, wenn sie keine zukunftsgerichteten Lösungen bieten. Schon jetzt zeige sich, dass Traditionsmarken wie Miracoli, Labello oder Maggi bei der jungen Generation wenig Anklang finden.

Vegane Innovationen

Neue Narrative gefragt

Konsumenten suchten nach Marken, die eine positive Perspektive böten und zu ihrer physischen und psychischen Entspannung beitragen könnten, nach Entlastung, nicht Belastung ihres Gewissens, betont der Analyst. Dies braucht ein Umdenken – auch im Marketing. Nachhaltigkeit habe es aktuell nicht einfach, viele Verbraucher könnten den Begriff nicht mehr hören, fühlten sich zu sehr unter Druck gesetzt, verbinden Nachhaltigkeit mit Verzicht. Dies habe dazu geführt, dass der Anteil der vegetarischen und veganen jungen Haushalte (Generation Z) nach Informationen der GfK 2023 im Vergleich zum Vorjahr leicht abgenommen hat (24,3 auf 22 Prozent).

Nachhaltiger Konsum bleibt jedoch relevant, so Kecskes weiter. Nachhaltige Handelsmarken legten 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 15,5 Prozent im Wert zu. Herstellermarken mit Nachhaltigkeitspositionierung waren hingegen weniger gefragt und verzeichneten ein leichtes Umsatzminus. Das liege daran, dass es einige Marken aus Sicht der Verbraucher so ernst meinten, „dass man das Gefühl bekommt, sie würden keinen Spaß verstehen“. Künftig gelte es daher, Nachhaltigkeit als Bereicherung zu kommunizieren. „Die Marken müssen zeigen, dass nichts geraubt wird, dass es eben nicht um Verzicht geht, sondern um die Bereicherung der Lebensqualität, der eigenen, die der Kinder und der Enkelkinder“, rät Marktforscher Robert Kecskes den Herstellern.

HIT 2024: 
zur Methode

HIT ist eine seit über 30 Jahren von der Lebensmittel Praxis durchgeführte Befragung des deutschen Lebensmittelhandels nach den erfolgreichsten Neueinführungen der vergangenen 12 Monate. Die repräsentative Befragung erfolgt analog der Einzelhandelsstruktur nach Verkaufsgrößenklassen und Nielsengebieten. Für den HIT 2024 wurden vom 7. Februar bis 8. März 2024 selbststän­dige Unternehmer und deren Marktmana­ger und Vertriebsverantwortliche, Markt- und Filialleiter, Sortimentsverantwortliche und Abteilungsleiter per Direct Mailing befragt. Der Fragebogen umfasste 432 Produkte aus 39 Warengruppen, die zwischen 1. Januar 2023 und 31. Dezember 2023 im LEH eingeführt wurden. Hersteller hatten vorab die Möglichkeit, in jeder Warengrup­pe pro Marke bis zu drei Produkte zu melden. Zudem flossen Produkte aus der Datenbank „LP – Neue Produkte“ sowie der Redaktion aufgefallene neue Produkte ein. Die befragten Händler hatten die Möglichkeit, in jeder Warengruppe die aus ihrer Sicht erfolgreichsten drei Produkte anzu­kreuzen und darüber ­hinaus alternative Produkte zu nennen. ­In jeder Warengruppe wurden anhand der Anzahl der Nennungen die drei Erstplatzierten Produkte ermittelt.

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