Der Verleih des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2019 in der Kategorie Unternehmen mittlerer Größe im Dezember vergangenen Jahres war quasi die Kirsche auf der Sahne für die Genossenschaftsmolkerei. „Nachhaltiges Wirtschaften und ehrliche Qualität haben bei uns seit Jahrzehnten Tradition“, sagt Geschäftsführer Bernhard Pointner. An erster Stelle stehe ein fairer Milchpreis für die aufwendige Milcherzeugung in der Bergregion: „Nur so können wir hochwertige heimische Milchprodukte anbieten, gleichzeitig Landschaftsschutz betreiben und Brauchtum erhalten.“ Bereits 1973 begann die Molkerei – mit damals fünf couragierten Landwirten – mit der Biomilch-Verarbeitung. Heute beliefern rund 550 Bio-Bauern aus der Alpenregion zwischen Watzmann und Zugspitze die Molkerei. Diese zählt mit inzwischen mehr als 100 Millionen Kilogramm erfasster Biomilch pro Jahr zu den größten Biomolkereien in Deutschland zählt. Der Leitsatz der Nachhaltigkeit zieht sich dabei über alle Produktionsstufen hinweg. Die Bauern erhalten mit mehr als 40 Cent pro Liter für konventionelle Milch beziehungsweise rund 50 Cent pro Liter für Biomilch einen überdurchschnittlichen Milchpreis – auch wenn es mal nicht so läuft. Als in diesem Januar das Schneechaos über Teilen Südbayerns hereinbrach und einige Gegenden von der Außenwelt abgeschnitten waren, beschlossen Geschäftsführung und Vorstand kurzerhand, dass alle Landwirte, deren Milch nicht abgeholt werden konnte, für die Milchmenge das volle Milchgeld erhalten. Weiter wurde bereits vor zwei Jahren – nach eigenen Angaben als erste Molkerei – ein Anwendungsverbot für Totalherbizide wie etwa Glyphosat sowie eine Bewegungsprämie zur Steigerung des Tierwohls für alle konventionellen Betriebe eingeführt. Vergangenes Jahr wurde unter anderem in eine neue Abtankhalle zur Milchannahme, in den Ausbau der Wärmekopplung von Energiezentrale und Produktion sowie in die Optimierung der Flaschenanlage investiert. Weiter wird der Spritverbrauch der Lkw-Flotte durch eine GPS-unterstützte Fahrweise reduziert, zudem werden Verpackungen laufend optimiert, um nachhaltig beziehungsweise so recyclebar wie möglich zu sein.
Faire Rohstoffe
Auch in puncto Zutaten geht die Molkerei nachhaltig und fair zur Sache. So wurden Rohstoffe im Bio-Sortiment seit 2012 sukzessive auf Naturland- Fair-Qualität umgestellt. 2012 begonnen, wird heute im Bio-Sortiment ausschließlich mit Bio- und Fair-Zucker gesüßt sowie Bananen, Kakao und seit 2018 auch Mangos in Bio- und Fair-Qualität eingesetzt. Langfristig sollen alle Rohstoffe, die in Öko- und Fair-Qualität erhältlich sind, auch eingesetzt werden. „Wenn das Gesamtkonzept und die vermittelten Markenwerte glaubwürdig und nachvollziehbar sind, sind die Verbraucher auch bereit, einen höheren Preis zu bezahlen“, so Pointner. Denn so viel ist auch klar: Das aus einer Vielzahl von Produkten im Bereich Milch, Joghurt, Quark, Butter, Schlagrahm bestehende Sortiment ist im Handel im oberen Segment angesiedelt. National mit „weißen Flecken“ im LEH, in Bio-Läden und Reformhäusern gelistet, hat der Geschäftsführer vor allem die jungen Generationen Y und Z im Visier. Für diese jetzt unter 30-Jährigen sei eine faire und gerechte Produktion ein echter Mehrwert und damit ein Kaufargument. Wie die Marktforschung unterstreicht, hat die Molkerei bei der Zielgruppe einen echten Stein im Brett: Knapp drei Viertel der Zielgruppe vertrauen der Marke Berchtesgadener Land, 57 Prozent fühlen sich ihr verbunden – diese Spitzenwerte erreicht keiner der direkten Wettbewerber. „Mit unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft hier im Alpengebiet besetzen wir traditionell die Themen Herkunft, Fairness und Nachhaltigkeit – und nicht erst, seit sie Zeitgeist sind. Das zahlt sich aus“, erläutert Pointner. Diese Konsequenz und Authentizität schlägt sich übrigens auch in der Kommunikation und im Markenauftritt nieder: So sind sämtliche Bauern auf den markant grünen (konventionelle Linie) oder den dunkelblauen (Bio- und Demeter-Linie) Verpackungen, auf Flyern, Anzeigen und Plakaten seit jeher echte Berchtesgadener Land Milchbauern.
„Wir sind zwar klein, aber hellwach“, beschreibt Pointner ein weiteres Erfolgsrezept. Als große Herausforderungen der Zukunft hat er die rasant fortschreitende Digitalisierung und Urbanisierung identifiziert. Um diese Trends zu bedienen und die Zielgruppe immer und überall zu erreichen, müsse man neue Wege erkunden. Und so wird in Piding eifrig an Lösungen für das Smart Home (Stichwort digitaler Kühlschrank, der selbstständig Produkte wie Milch kauft) getüftelt und neue Vertriebswege wie beispielsweise Amazon Fresh beliefert.
Ein weiteres Thema ist und bleibt die Aufklärung. Ob Tierwohl und Tierhaltung, Fütterung, Verpackung, Produktion oder die ganze Herstellungskette: „Wir müssen weiter die Unterschiede kommunizieren und den Verbrauchern klarmachen, dass sie beim Einkauf von Lebensmitteln sehr differenziert hinschauen müssen“, beschreibt Pointner. Und last but not least, muss der Geschmack der Produkte stimmen.