Portugal Portugal boomt, auch im Lebensmitteleinzelhandel

Hintergrund

Thunfisch-Konserven, Weine sowie Obst und Gemüse sind die beliebtesten portugiesischen Export-Produkte. Das kleine Land profitiert dabei vom anhaltenden Touristenboom.

Freitag, 17. Januar 2025, 08:03 Uhr
Stefanie Claudia Müller
Boom in Portugal: Portugal-Flagge
Bildquelle: Getty Images

Der kleine Nachbar Spaniens ist angesagt. Böse Zungen sagen, das sei, weil die Portugiesen noch freundlicher und nicht so laut seien wie die Spanier. Außerdem sprächen sie besser Englisch. Das Leben dort wird dadurch allerdings auch immer teurer und die Portugiesen verdienen weniger als die spanischen Nachbarn, womit dort immer mehr soziale Konflikte entstehen, die öffentlich ausgetragen werden. Durch besonders niedrige Steuern und lockere Aufenthaltsgenehmigungen für Investoren und digitale Nomaden sind die Hauspreise in Lissabon inzwischen bei Luxusimmobilien höher als in Madrid. Über 18 Millionen ausländische Besucher kamen nach Angaben von Caixabank-Research im Jahr 2023 in das 11 Millionen-Einwohner- Land. Für dieses Jahr wird mit noch mehr Touristen gerechnet. Davon profitiert auch der portugiesische LEH, vor allem die Thunfisch-Industrie. Laut dem Branchenverband ANICP (Asociación Nacional de la Industria de Conservas de Pescado) gehen inzwischen 60 Prozent der Thunfisch-Konserven-Produktion in den Export. Im vergangenen Jahr machte das aus monetärer Sicht 334 Millionen Euro aus, 10 Prozent mehr als im Jahr 2022.

Portugal ist ein Käse- und Weinland, das noch entdeckt werden muss

Auch die portugiesische Käseindustrie profitiert davon, allerdings nicht beim Export. Wie die Spanier haben die Portugiesen die Verkaufskraft der Herkunftsbezeichnungen (DOP) erkannt. Die Top Ten ihrer Sorten von Azeitão bis Rabaçal-Käse tragen alle dieses Gütesiegel. Im Rahmen des in diesem Jahr in Portugal ausgetragenen „Oscars of Cheese” wurde die Branche nochmal gepuscht, denn gewonnen hat tatsächlich ein heimischer Käse, der „Queijo de Ovelha Amanteigado from Quinta do Pomar”. Um mit den vielen verschiedenen und guten Sorten des Nachbarn im Export zu konkurrieren hat Portugal aber noch einen langen Weg vor sich. Aber im ersten Halbjahr 2024 steigerte das Land dagegen seine Obst- und Gemüseexporte um 13,4 Prozent. Hauptziel der Ausfuhren war Spanien mit 32 Prozent. Danach kamen Frankreich, die Niederlande, Deutschland und das Vereinigte Königreich, womit Portugal traditionell besonders enge Beziehungen pflegt. Beim Erfolg von portugiesischen Lebensmitteln und Frischwaren in Spanien in diesem Jahr half auch Mercadona. Die spanische Gruppe ist seit 2019 in Portugal und hat im Nachbarland bereits einen Marktanteil von 7,1 Prozent. Laut Kantar-Daten wächst die LEH-Kette dort derzeit am stärksten. Mercadona bringt wiederum portugiesische Produkte auch in seine spanischen Märkte, wie zum Beispiel das teilweise billigere Olivenöl.

Spanien ist zu einem wichtigen Partner geworden

Auch wenn der Wettbewerb mit dem größeren Nachbarn hart ist, werden immer mehr Marketing-Kampagnen im Bereich Lebensmittel als Iberische Halbinsel zusammen organisiert, auch wenn die Portugiesen sich eher als Kelten sehen. Das spart Ressourcen und macht vom Storytelling her durchaus Sinn. Allerdings ist die Gesellschaft eher skeptisch in Bezug auf mehr Abhängigkeit von Spanien. Mit der seit 2018 amtierenden wenig nationalistischen Linksregierung hat sich das Verhältnis allerdings deutlich verbessert. So warben die Wein-Lobbys beider Länder, Interprofesional del Vino de España (OIVE) und Viniportugal, zusammen in der Kampagne „A Shared Passion” für ihre Weine. Dabei ist Portugal inzwischen zu einer wichtigen Destination für den Wein-Tourismus geworden, auch wenn die Tropfen des Landes international noch nicht so bekannt sind und der Export auch in diesem Jahr zurückgeht. Eine Ausnahme stellt der Portwein dar. Portugal exportierte nach Angaben des spanischen Weinverbandes „Observatorio español del mercado del vino” im ersten Quartal 2024 2,1 Prozent weniger Liter als im Vorjahreszeitraum, der schlechteste Wert seit 2020. Allerdings hielt das Land seinen Umsatz stabil, der erneut bei knapp 212 Millionen Euro lag. Wie Spanien kämpft Portugals Agrarwirtschaft mit Dürre und Starkregen, wovon auch der Weinanbau betroffen ist. Die Branche fordert einen Strategieplan für die Nutzung der Wasserressourcen. Auch hier könnten Spanien und Portugals Landwirtschaft zusammenarbeiten.