Ob die vom Bundeskartellamt verfügte Untersagung eines gemeinsamen Einkaufs der beiden Supermarktketten Bestand haben wird, will das Düsseldorfer Gericht endgültig erst am 26. Oktober entscheiden. Ein Einkauf über Edeka würde für Kaiser's Tengelmann Einsparungen von fast 10 Prozent bedeuten. Dies würde die Lage des derzeit tiefrote Zahlen schreibenden Unternehmens deutlich verbessern und es Tengelmann leichter machen, einen möglicherweise Jahre dauernden Rechtsstreit um die Fusion durchzustehen.
Ungeachtet dessen mahnen sowohl Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) als auch Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) Kompromissbereitschaft auf allen Seiten an. Wenn heute Abend Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub, Edeka-Vorstandsvorsitzender Markus Mosa, Rewe-Chef Alain Caparros sowie Vertreter der Gewerkschaft Verdi an einem geheimen Ort zusammenkommen, sollten die Unternehmen „im Ringen um Marktanteile die Interessen der Mitarbeiter nicht aus den Augen verlieren“, sagte Duin den „Ruhr Nachrichten“. Sollte es bei dem Treffen keine Einigung geben, könnte bereits am Freitag bei einer Sitzung des Tengelmann-Aufsichtsrats die Zerschlagung des Unternehmens beschlossen werden. Damit wären bis zu 8.000 Arbeitsplätze gefährdet.
Für eine solche Zerschlagung hat sich Daniel Zimmer, der frühere Leiter der Monopolkommission, ausgesprochen. Zimmer hatte nach der gegen den Rat der Kommission erteilten Ministererlaubnis durch Sigmar Gabriel sein Amt niedergelegt. „Diese Lösung könnte in kurzer Frist realisiert werden“, sagte Zimmer den „Ruhr Nachrichten“. Würde das Filialnetz von Tengelmann unter mehreren Handelsunternehmen aufgeteilt, wären einerseits die Wettbewerbsbedenken nicht so groß wie bei einer Komplettveräußerung an den Marktführer Edeka. Seinen Angaben zufolge hatten mehrere Wettbewerber Interesse an Tengelmann gezeigt. So habe das Schweizer Einzelhandelsunternehmen Coop das Berliner Filialnetz übernehmen wollen, Tegut die Geschäfte in Bayern. Der „Zeit“ sagte Daniel Zimmer: „Aus Wettbewerbsgründen wäre ein Verkauf der Filialen an unterschiedliche Erwerber von Anfang an der beste Weg gewesen. Edeka hätte ja immer noch viele Läden übernehmen können, aber eben nicht alle. Das wäre auch mit Blick auf die Arbeitsplätze die günstigste Lösung gewesen.“ Dass nun möglicherweise mehr Mitarbeiter ihre Jobs verlieren als das bei einer früheren Lösung nötig gewesen wäre, schreibt er der Sturheit von Tegelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub zu: „Er hat sich von Anfang an auf Edeka versteift und hält stur daran fest. Dabei wäre es schon vor eineinhalb Jahren, als das Bundeskartellamt den Komplettverkauf an Edeka untersagt hatte, an der Zeit gewesen, sich Gedanken über wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Alternativen zu machen.“
Auch Manfred Schick, Aufsichtsratsmitglied und Betriebsratsvorsitzender der Region München/Oberbayern, sieht die Verantwortung, die Haub an der Lage hat. Dennoch fordert er den Erhalt der Supermarktkette. „Statt Zerschlagungsszenarien brauchen wir ein Fortführungskonzept, das trägt, bis die Gerichte entschieden haben, oder es eine Einigung aller Beteiligten gibt“, sagte er der „Wirtschaftswoche“.
Mitarbeiter von Kaiser’s Tengelmann haben sich außerdem in einer E-Mail mit der Bitte an Rewe-Chef Alain Caparros und Rewe-Chef Lionel Souque gewandt, die Rewe-Klage vor dem OLG Düsseldorf zurückzuziehen, damit die Ministererlaubnis vollzogen werden kann, weil sonst viele Kollegen arbeitslos würden. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Rewe Group, Andreas Ratzmann, appellierte hingegen an alle Beteiligten, nicht nur an die Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann, sondern auch an die bei Rewe zu denken. Er sprach sich gegen eine Komplettübernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka aus, weil Edeka durch die Fusion eine „absolute marktbeherrschende Position erreichen würde“ und dadurch Arbeitsplätze bei Rewe gefährdet seien, heißt es in einem Schreiben.