Frühstückscerealien Der Hafer sticht kräftig

Locker, flockig steigt der Absatz der Frühstückscerealien. Das Markenbewusstsein wird in Krisenzeiten stimuliert. Eindeutig auf dem Vormarsch ist der individualisierte, gesunde Mix.

Mittwoch, 27. Mai 2020 - Sortimente
Dieter Druck
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Cerealien sind bei Hamstern und Hamsterkäufern wohl gleichermaßen beliebt. Letztere haben den Absatz in der Warengruppe am Beginn der Corona-Pandemie deutlich stimuliert. Die meisten Anbieter registrieren inzwischen aber eine Normalisierung. Zudem ist das Einkaufsverhalten zurzeit anders. Einkaufslisten werden möglichst schnell abgearbeitet und dabei wird eher zur Marke (des Vertrauens) und traditionellen Produkten gegriffen. Neuprodukte und Neueinsteiger erfahren zumindest gefühlt dadurch eine geringere Aufmerksamkeit.

Aber Corona stellt nicht alles auf den Kopf. Das Gleichgewicht aus Genuss und Gesundheit ist nach wie vor die Basis eines Wachstumsmarktes. „Der Markt der Frühstückscerealien in Deutschland hat das Potenzial, bis 2023 um bis zu zehn Prozent auf einen Marktwert von rund 1,1 Milliarden Euro zu wachsen, sofern die Branche kreative Ansätze zur Zuckerreduktion findet, den Bedarf nach vitaler Energie erfüllt und die Themen Darmgesundheit und Immunabwehr erschließt“, sagt Heidi Lanschützer, Food & Drink Analyst Germany bei Mintel. Gesundheits- und Lifestyle-Bedürfnisse sind daher die Leitplanken für die Produktentwicklung auf Herstellerseite.

An der Zuckerreduzierung arbeiten alle. Im Rahmen ihrer neuen Salz-, Fett- und Zuckerreduktionsziele haben sich die Hersteller von Frühstückscerealien verpflichtet, den Zuckeranteil bis 2025 um 20 Prozent zu senken.

Es muss nicht alles neu sein. Einen gesunden Hype verzeichnen Haferflocken. „Der Haferflockenmarkt wächst seit Jahren kontinuierlich. Im März betrug das Plus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum satte 60 Prozent“, heißt es bei Marktführer Kölln. Und dieser blickt positiv in die Zukunft und rechnet mit nachhaltigen Effekten aus dem aktuell veränderten Verbraucherverhalten heraus, insbesondere in diesem Segment.

Und nennt man das Ganze Porridge statt Haferbrei , erfährt dieses Haferprodukt einen noch kräftigeren Wachstumsschub. Der Markt für fertige Porridge-Mischungen ist ein kleines Segment mit vielen Anbietern und starker Dynamik. Mit aktuell elf Prozent Marktanteil sieht sich Kölln als führend und spricht von einem Food-Phänomen, das weiter anhalten wird. Auch René Schramm bei Dr. Oetker erkennt hier ein wachsendes Segment mit Potenzial, an dem die Marke Dr. Oetker mit Einführung des Vitalis Porridge vor einem Jahr ihren Anteil hat.

Zu einem verkaufsanregenden Produktmerkmal entwickelt sich auch Bio. Einer der Pioniere war Kölln mit der 2000 eingeführten Multikorn-Range in Bio-Qualität, der vier Jahre später die „Multikorn Fleks“ im Segment der traditionellen Cerealien folgten, die nach eigenen Angaben von immer mehr Verbrauchern entdeckt werden. Ähnlich die Sicht bei Dr. Oetker: Der Teilmarkt der bio-zertifizierten Müsliprodukte sei über die vergangenen Jahre gewachsen und habe damit seine Bedeutung im Gesamtmarkt ausgebaut, sodass man nicht mehr von einer Nische sprechen könne.

Seeberger lobt auf dem Großteil der Müsli- und Porridge-Produkte „Bio“ mittels Störer aus. „Das mag am PoS Kaufimpulse auslösen, dennoch erkennen wir an unseren Abverkaufszahlen nicht, dass Seeberger-Müsli beziehungsweise -Porridge aufgrund des Bio-Status eher gekauft werden“, sagt Marketingleiter Joachim Mann. „Das mag daran liegen, dass Verbraucher dies beim hohen Qualitätsanspruch von Seeberger auch erwarten, gleich ob bio oder nicht.“

Lose-Verkauf auf Prüfstand
Neues auch von Handelsseite: Der Lose-Verkauf von Cerealien ist en vogue. Viele Händler überlegen, experimentieren oder haben ein entsprechendes Angebot bereits in ihren neuen Märkten installiert. Auch die Hersteller haben den Lose-Verkauf im Blick, wobei die Meinungen auseinander gehen. Dr. Oetker beispielsweise hat sich damit befasst und PoS-Tests an verschiedenen Standorten durchgeführt. „. Das Geschäft birgt allerdings größere logistische sowie hygienische Herausforderungen und Risiken, die uns insbesondere in der aktuellen Pandemie zur Aussetzung unserer Bemühungen gezwungen haben. Wir werden diesen Trend aber weiterhin sehr intensiv beobachten und unsere Aktivitäten gegebenenfalls fortführen“, sagt René Schramm, Group Key Account Manager. Auch Seeberger beschäftigt sich laut Mann mit dieser Angebotsform. Allerdings kam den Ulmern das Coronavirus dazwischen. Im 2. Quartal waren Lose-Ware-Regale in einigen Testmärkten geplant, werden aber dann verschoben. Als kritischen Erfolgsfaktor sieht Mann die mit der notwendigen personellen Infrastruktur einhergehenden Kosten, die der Händler bereitstellen muss.

Caroline Nichols, Geschäftsführerin von 3 Bears sieht im Verkauf unverpackter Ware eher eine Nische, aber dennoch auch die Relevanz für bestimmte Kundengruppen. Sie glaubt an die Berechtigung der Unverpackt-Märkte, mit denen 3Bears schon im engen Austausch stehe. Aber alle, die sich diesem Thema nähern, stellen sich die Frage, ob der Verbraucherwunsch nach unverpackten Cerealien nach Corona im starken Maße fortbesteht. Zumal Hersteller nachhaltigere Verpackungslösungen forcieren ebenso wie etwa Käufer aus der Gruppe der gesundheits- und umweltbewussten Millennials.

Frühstückscerealien sind auch eine reizvolle Plattform für Start-ups, die meist schwerpunktmäßig auf den Online-Handel setzen. Mymuesli hat den Start-up-Status mit 13 Jahren Marktpräsens hinter sich gelassen. Online ist der stärkste Absatzkanal und hat während der Corona-Pandemie zusätzlichen Schub erhalten. Gleichzeitig wird der LEH mit „Premium-Retail-Konzepten weiter erschlossen, die über das Müsli hinaus alles bieten, was auf den Frühstückstisch gehört – von Porridge, über Blatttees, pflanzlichen Milchalternativen bis hin zum Frühstücksgeschirr. „Darüber hinaus haben wir unser Custom-Mixed-Angebot auch für Supermärkte geöffnet, das heißt individuelle, exklusive Konzepte von der Zutatenzusammenstellung bis hin zum Dosen-Design“, sagt Wenke Blumenroth, Corporate Communication. Ebenfalls voran geht es mit den eigenen Stores. In München wurde im vergangenen Jahr am Münchner Viktualienmarkt ein Standort mit vielfältigen Gastro-Elementen eröffnet. Stores in Nürnberg und Frankfurt eröffnen nach Umbau. Wien folgt im Sommer. Alles keine 1:1-Standorte, sondern mit spezifischem Zuschnitt. In Frankfurt wird Fokus auf Ready-to-Eat-Angebote gelegt. In Nürnberg wird eine kleine Gastrofläche mit Kaffee installiert. Kreative Kraft bergen zudem Neuprodukte wie Activated Crunch mit Bifidokulturen und gekeimten Zutaten, Porridge Cakes und als nächster Individualitätslevel stoffwechseltypbasiete Müsli-Empfehlungen per DNA-Analyse.

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