Tabakwaren Im Visier der Politik

Die Tabakbranche rüstet sich gegen die geplanten Regulierungen durch die Gesetzgeber. Wachstumschancen versprechen Produkte für Preissensible.

Mittwoch, 15. Dezember 2010 - Sortimente
Bettina Röttig
Artikelbild Im Visier der Politik
Absatz Tabakwaren (Quelle: The Nielsen Company)

Rauchverbote, zunehmender Zigarettenschmuggel und die wachsende Preissensibilität der deutschen Raucher. Nur drei zentrale Herausforderungen, mit denen die Tabakbranche hier zu Lande Jahr für Jahr stärker zu kämpfen hat. Im nächsten Jahr wird dies nicht anders sein. Im Gegenteil. Für 2011 hat die Politik die Branche einmal mehr ins Visier genommen.

Erstes Beispiel: Die von Bundestag beschlossenen Steuererhöhungen ab 1. Mai 2011. Demnach steigt der Preis einer Zigarettenpackung mit 19 Stück bis 2015 jährlich um 4 bis 8 Cent, bei einer 40-g-Packung Feinschnitt sogar um 12 bis 14 Cent. Zudem soll eine Mindeststeuer eingeführt werden. Hierdurch ergibt sich eine einmalige zusätzliche Preiserhöhung von 45 Cent je Packung Feinschnitt. Allein für 2011 rechnet die Regierung mit Mehreinnahmen von 200 Mio. Euro. Damit soll die Lücke im Sparpaket geschlossen werden. Über die Folgen der Maßnahme für den Tabakmarkt lässt sich derzeit nur spekulieren.

„Es darf davon ausgegangen werden, dass sich die Konsumenten angesichts der Tabaksteuererhöhungen wie früher auch schon auf die Suche nach Alternativen machen werden. Manche werden den Konsum reduzieren, andere werden auf günstigere Marken bzw. Handelsmarken ausweichen, Zigaretten selbst drehen oder – und das schadet der gesamten Branche, den Rauchern und dem Staat – unversteuerte bzw. sogar gefälschte Produkte konsumieren", so die Einschätzung von Oliver Sievers, Tabakexperte bei USP/Nielsen. Auch die Zollgewerkschaft mahnte bei einer Anhörung des Bundestags-Finanzausschusses Ende November, die geplante Anhebung der Tabaksteuer führe zu verstärkter Kriminalität.

Die Industrie indes zeigt sich eher optimistisch. Der momentane Gesetzentwurf lege nahe, dass es zu keinen gravierenden Marktverwerfungen kommen werde und die vorgeschlagenen Steuerschritte dem Gesundheits- und Jugendschutz dienten, zu Tabaksteuermehreinnahmen führten und steuerliche Planbarkeit für die Branche gewährleisteten, so die Meinung bei Philip Morris. Auch Japan Tobacco International (JTI) geht davon aus, dass es durch die moderaten Anpassungen nicht zu einer Verlagerung des Konsums in die Illegalität und legale Grenzeinkäufe sowie zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe kommen werde, wie es die überproportional hohen Tabaksteuererhöhungen zwischen 2001 und 2005 zur Folge hatten.

Belastende Steuern
Noch ist nicht klar, in welchem Ausmaß die Industrie die Steuererhöhungen an die Verbraucher weitergeben wird. „Als Hersteller klassischer Zigarren und Zigarillos sind die Marken unseres Hauses von der ersten Stufe der Mindeststeuer nicht betroffen, da alle unsere Angebote über dem Schwellenwert von 20 Cent pro Stück liegen", sagt Guido Kylau, Leiter Key Account Management bei Arnold André. Jedoch spätestens mit der zweiten Stufe müsse das Unternehmen reagieren. Im Zusammenhang mit den stetig steigenden Rohstoffpreisen für klassische Zigarren und Zigarillos werde es eine Herausforderung sein, die Belastung aus dem Steuermodell und den Kostensteigerungen in Summe erträglich an die Konsumenten weiter zu geben. Gizeh Raucherbedarf sieht in den geplanten Steuererhöhungen auch Chancen, insbesondere für Produkte, die Rauchern das Tabaksparen ermöglichen wie Extra Slim Blättchen und Extra Hülsen mit langem Filter.

Die Gefahr, Zigarettenschmuggel und -fälschungen könnten einen neuen Boom erfahren, sieht die Tabakbranche zwar nicht als Folge der Steuererhöhungen, sehr wohl jedoch im Hinblick auf die geplante Verschärfung der EU-Tabak-Richtlinie. Das erklärte Ziel der Europäischen Union: Das Rauchen soll in allen EU-Ländern weniger attraktiv und die Gesundheitsgefährdung reduziert werden. Die Vorschläge umfassen u.a. Einheitsverpackungen, ein generelles Präsentationsverbot von Tabakwaren im Handel sowie eine Reduktion toxischer und süchtig machender Inhaltsstoffe in Zigaretten, wie Nikotin.

Die Tabakindustrie läuft Sturm gegen die „Überregulierung". „Es gibt keine wissenschaftlichen Nachweise, dass die vorgeschlagenen Optionen die Verbreitung des Rauchens reduzieren", sagt Michael Zerbin, National Manager Food bei Philip Morris. „Solche Formen der Überregulierung führen lediglich zur Zunahme des illegalen Handels. "

Vor allem der Vorschlag von „Plain Packs" stößt auf massive Gegenwehr. Hierdurch werde die Herstellung gefälschter Tabakprodukte wesentlich vereinfacht, warnt JTI. „Pläne für 'plain packaging' oder Verbote, unsere Produkte im Geschäft zu präsentieren, halten wir für stark überzogen, denn sie wären ein eklatanter Verstoß gegen geltendes Grund- und Markenrecht und gegen das Recht auf den freien Handel für ein legales Produkt", heißt es bei British American Tobacco Germany (BAT). Klare Worte findet auch Reemtsma. Das Hamburger Unternehmen hat bereits rechtliche Schritte angekündigt. „Wir sehen in diesen Plänen unser geistiges Eigentum und unsere über Jahrzehnte aufgebauten Markenwerte bedroht und werden, falls es zur Umsetzung kommen sollte, dagegen klagen", erklärt Pressesprecherin Svea Milea Schröder.

„Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass beispielsweise ein Werbe- und Präsentationsverbot vor allem eines tut: nämlich Marktanteile einfrieren", argumentiert Heike Maria Lau, Director Corporate Affairs & Communications bei JTI. Denn wenn man Konsumenten nicht mehr über Produktneuheiten informieren könne, gebe es für den Raucher sehr viel weniger Anreize, seine Marke zu wechseln. „Das mögliche Ringen um Marktanteile ist aber der Grundbestandteil von sozialer Marktwirtschaft, einem offiziellen Ziel der Europäischen Union", betont Lau.

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Bild öffnen Tabakwaren (Quelle: iStockphoto)
Bild öffnen Absatz Tabakwaren (Quelle: The Nielsen Company)

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