Süsswaren Entscheidende Impulse am PoS

Das Süßgebäck-Regal gibt noch einiges her. Bei einem CM-Projekt von selbstständigen Edekanern und Bahlsen wird von mindestens
5 Prozent Mehrumsatz ausgegangen.

Donnerstag, 27. Januar 2011 - Sortimente
Dieter Druck
Artikelbild Entscheidende Impulse am PoS
Neue Ordnung: Das umgestellte Süßgebäckregal bei Edeka Legat.
Bildquelle: Dieter Druck

Der Kunde fackelt nicht lange am Süßgebäckregal. Sein „Suchlauf" am PoS ist kurz, weniger als 20 Sekunden. Und wenn er das gewünschte Produkt nicht findet, sucht er nicht automatisch länger. Also eine kurze Zeitspanne, die über Kauf oder Nichtkauf entscheidet. Entscheidende Sekunden für den Handel, der um seine Kunden kämpfen muss. Das heißt in erster Linie Befriedigung verschiedenster Kundenbedürfnisse wie Übersicht/Orientierung auf der Fläche und am Regal, Ordnung, Vielfalt, One-Stop-Shopping etc. Dazu bedarf es einer Sortimentsexpertise. Gleichzeitig geht es um möglichst hohe Bons und Flächenproduktivität. Gesichtspunkte, die Bahlsen bei seinen inzwischen über mehr als einem Jahrzehnt initiierten Category-Management-Projekten einbezieht.

In dieser Zeit aktiver Category-Arbeit hat sich einiges verändert. Geblieben ist der alles entscheidende Punkt: vertrauensvolle Partnerschaft zwischen Handel und Industrie bei der gemeinsamen Sortimentsentwicklung. „Manche Handelspartner haben hier vielleicht schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht. Das versuchen wir gleich im Vorfeld auszuräumen. Unsere Prämissen sind eine objektive Datenbasis, die Betrachtung der gesamten Warengruppe und ein Shopper orientierter Ansatz", erklärt der Leiter Customer Marketing Bahlsen, Matthias Meyer. Kern ist die Artikeldatenbank mit rund 6.200 Produkten. Dazu kommen Marktforschungszahlen von Nielsen, Gfk, USP & Drotax sowie Konsumentenstudien zu Themen wir Eye-Tracking, Out-of-Stock, Kundenlauf & PoS-Maßnahmen).

Das jüngste CM-Projekt wurde mit selbstständigen Kaufleuten der Edeka in der Region Nordbayern / Thüringen angegangen. Dazu wurden zunächst zwei Testmärkte, ein E-Center und ein Neukauf, nach individuell erstellten Planogrammen umgebaut und sechs Monate analysiert. „Dieser Zeitraum ist notwendig, um verlässliche Werte zu erhalten, da der Kunde sich erst an das veränderte Regal gewöhnen muss", erläutert Julia Schrader, Leitung Category Management Bahlsen.

In Hannover umfasst der CM-Prozess fünf Schritte:

  • Schaffung einer gemeinsamen Basis
  • Analyse der Warengruppe
  • Strategien und Maßnahmen
  • Umsetzung am PoS
  • Kontrolle und Service.
Dabei richtet sich auf die Aspekte Sortiment („Führe ich die Artikel, die meine Kunden erwarten?") und Platzierung („Finden meine Kunden bei mir, was sie suchen?") das Hauptaugenmerk. Aber auch Promotions („Lohnen sich meine Aktionen?") können je nach CM-Projekt und Kunde individuell beleuchtet werden.

Ein zentraler Punkt ist die Platzierung. Damit verbunden die Diskussion Marken- oder Produktblock. Bei Bahlsen herrscht in diesem Punkt eine eindeutige Meinung: „Unsere Shopper-Studien belegen, dass der Kunde den Produktblock in puncto Übersichtlichkeit und Orientierung signifikant schlechter bewertet als den Markenblock", unterstreicht Schrader. Nur beim Aspekt Preisvergleich schneidet der Produktblock etwas besser ab.

Ein weiteres Argument für den vertikalen Markenblock ist, dass über starke Ankermarken und Blöcke, wie etwa Leibniz als ein Synonym für Butterkeks in Deutschland, farbliche Akzente gesetzt werden, die dem Kunden am Süßgebäckregal Übersicht und Orientierung geben sowie ihn bei der Kaufentscheidung stimulieren, weil dieser sehr stark auf Farbe und Form anspricht.
Darüber hinaus empfehlen die Category Manager in Hannover die Platzierung von neuen Produkten im direkten Umfeld starker Marken zur Absatzsteigerung. Hochwertige Artikel sollten auf den oberen Böden ihren Platz finden, weil dadurch die Wertigkeit unterstrichen werde. Kinder- und Volumenartikel sollten im unteren Regalbereich ihren Platz haben, auch mit Blick auf ein leichteres Handling für die Mitarbeiter am PoS.

Auch sollte die Zahl der Böden überprüft werden, denn hier gelte, dass oftmals weniger mehr sei, unterstreicht Meyer. Ebenso sollte der Händler bemüht sein, nicht laufend Änderungen vorzunehmen, sondern „Ruhe ins Regal" zu bringen.
Das Ergebnis des CM-Projekts sind laut Schrader absatzgerechte Platzierungen anhand von Scannerdaten (z. B. proportionaler Absatz) unter Berücksichtigung von Regionalitäten, Bausteingrößen und anderen Kriterien. Die Gesamtmaßnahme führe zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit sowie -bindung und letztlich zu Mehrumsatz. Aber auch von der Zentrale und den Kaufleuten käme ein positives Feedback, fügt Schrader an.

Nach Abschluss der Testphase können die Selbstständigen auf Musterplanogramme zurückgreifen. Dabei wird von Herstellerseite als Mindestergebnis ein Umsatzplus von 5 Prozent erwartet. „Die Testmärkte belegen, dass oftmals aber auch ein zweistelliges Plus beim Umsatz mit Süßgebäck erzielt werden kann", sagt Meyer.

{tab=10 Regeln fürs Süßgebäckregal}
1. Für nachhaltige Pflege des Regalbildes sorgen.
2. Klar abgegrenzte, vertikale Markenblöcke bauen.
3. Einheitliche Farben und Verpackungen zusammenstellen.
4. Orientierungsmarken (z. B. Leibniz) in Kundenlaufrichtung an den Regalanfang.
5. Kinderartikel und großvolumige Produkte auf die unteren Regalböden.
6. Hochwertige Produkte auf die oberen Regalböden.
7. Starke Marken im Regal verteilen.
8. Bekannte Markenartikel gut sichtbar platzieren.
9. Absatzgerechte Mengen platzieren.
10. Regallücken vermeiden.


Category Management in der Praxis
Stefan Legat ist selbstständiger Edekaner mit drei Märkten in der Oberpfalz, nahe der tschechischen Grenze. Der Standort Waldsassen mit seinen 1.600 qm Verkaufsfläche war Testmarkt im Rahmen des CM-Projekts Süßgebäck mit Bahlsen.

Herr Legat, welche Bedeutung hat die Süßware generell an diesem Standort?
Wir kommen von einem Anteil am Food-Umsatz von mehr als 14 Prozent. Das ist im internen Edeka-Vergleich schon ein hoher Wert. Durch Umsetzung des Ankermarken-Konzepts von Ferrero zum Beginn des vergangenen Jahres und die Verlagerung der Abteilung an den Anfang des Kundenlaufs konnten wir das Ganze nochmals auf etwa 17 Umsatzanteil pushen. Insgesamt sind 44 Regalmeter mit rund 1.500 Artikeln belegt.

Was war für Sie der Grund nach dem grundlegenden Umbau auch das Süßgebäck-Regal anzupacken?
Als selbstständiger Einzelhändler in einem stark besetzten Wettbewerbsumfeld, auch auf tschechischer Seite, bin ich immer auf der Suche nach Differenzierungs- und Optimierungsansätzen und so habe ich das Angebot angenommen, selektiv das Süßgebäck zu beleuchten.

Welche Schwerpunkte wurden hierbei gesetzt?
Der Fokus lag in erster Linie auf der Platzierungsoptimierung, das heißt auf der Neubewertung gelisteter Artikel nach ihren Absatzanteilen und der Anordnung von Markenblöcken im neuen Kundenlauf. Natürlich wurde auch etwas gestrafft. Circa 15 schwachdrehende Artikel wurden herausgenommen und vier neue Produkte eingelistet. Die Regalfläche blieb unverändert.

Welche Bedeutung spielt bei Ihnen der Aspekt Regionalität?
So gut wie gar keiner. Bei uns dominieren die bekannten nationalen Marken und natürlich die Edeka Premiummarke Backstube.

Haben sich danach die Promotions-Anteile für Süßgebäck verändert und wo ist der Platz für das Aktionsgeschäft?
Der Promotionsanteil bei Süßgebäck hat sich bei uns nicht verändert. Er ist vergleichsweise gering. Die Fläche für Süßwaren-Zweitplatzierungen wurde im direkten Umfeld des Mopro-Regals, dem Ort mit der längsten Verweildauer im Markt, neu eingerichtet.

Wie beurteilen Sie im Nachhinein den Projektablauf und den Arbeits- bzw. Zeitaufwand?
Das war ein straff organisiertes, faires und vor allem praxis- und zielorientiertes Projekt, weil das gesamte Sortiment bewertet wurde. Es kam nie der Eindruck auf, dass ein Bahlsen-Regal umgesetzt werden sollte. Zeit- und Arbeitsaufwand hielten sich in Grenzen, da sehr viel im Vorfeld per Mail und Telefon auf dem kurzen Weg zu bewerkstelligen war.

Welche Effekte verbuchen Sie seit der Umstellung?
In Waldsassen haben wir über einen Zeitraum von sechs Monaten ein kumuliertes Umsatzplus von rund 20 Prozent.

Wir sichern und kontrollieren Sie das Ergebnis?
Zum einen haben wir klare Zuständigkeiten im Markt was MHD-Kontrolle, Warenbestand, Umsetzung von Herstellerabsprachen etc, angeht. Zum anderen gibt die Edeka Nordbayern aktualisierte Platzierungs- und Artikelempfehlungen heraus und ebenso bringt sich der Bahlsen-Außendienst ein, der uns im Vier- bzw. Sechswochen-Rhythmus besucht. Ziel muss sein, das Regal mindestens einmal im Jahr zu aktualisieren und auf den neuesten Stand zu bringen.

Bilder zum Artikel

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Bild öffnen Neue Ordnung: Das umgestellte Süßgebäckregal bei Edeka Legat.
Bild öffnen Stefan Legat: selbstständiger Kaufmann mit Category-Background.

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