Bier Überdreht

Bier hat im LEH nur noch einen geringen Wert. Dabei zeigt eine neue Studie, dass sich der Handel mit dem Verschleudern starker Marken selbst am meisten schadet.

Donnerstag, 17. November 2011 - Sortimente
Tobias Dünnebacke
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Bier bewegt die Massen und ist in Deutschland nahezu im Überfluss vorhanden. Die Überkapazität am Markt führt schon seit Jahren zu dem Phänomen, dass Markenbiere immer häufiger zu Preisen unterhalb der 10-Euro-Schmerzgrenze (je Kasten) verschleudert werden und damit plötzlich mit den früher als „Billigbiere“ verschrienen Preiseinstiegsbieren konkurrieren müssen. Aber nicht nur große Markenartikler, auch kleine Brauereien ärgern sich, auch vor dem Hintergrund stark steigender Rohwarenpreise, über den Handel: Es sei die Nachfragemacht der großen Einzelhandelsketten, die die Bierpreise drückten und die Lage der Produzenten damit zusätzlich erschweren würden, klagte jüngst Gerhard Ilgenfritz, Präsident des Verbandes Privater Brauereien in Bayern, am Rande der Brau Beviale.

Und tatsächlich: Das Verramschen von Bier im deutschen LEH geht ungehemmt weiter. Nach Ergebnissen der Marktforscher von Nielsen ist der Anteil des Aktionsabsatzes bei ausgewählten Marken in den letzten drei Jahren von 14 auf 40 Prozent gestiegen (Basis ist das Nielsen Consumer Panel, also der Konsum privater Haushalte). Die Folgen für Verbraucher, Hersteller und Handel werden derzeit in der aktuellen Studie „Der Nächste bitte! Händler entdecken Bier als Promotion-Zugpferd“ vorgestellt. Das Fazit ist wenig schmeichelhaft: Der LEH schade mit seinen Preisschlachten in erster Linie sich selbst. Vor allem der Vergleich des durchschnittlichen Kassenbons (siehe Grafik) zeigt: Käufer ausgewählter Marken in Preisaktion zeigen wenig Bereitschaft, noch Geld für andere Artikel auszugeben. „Bier-Promotion-Käufer stellen auch Kategorie übergreifend für den Händler eine unattraktivere Zielgruppe dar, als der Non-Promotion Käufer“, heißt es in der Studie. 

Auch die Zahl der Aktionskäufer muss sich bei dem Angebot zwangläufig erhöhen. So hat sich die Käuferreichweite, also die Anzahl der Haushalte, die mindestens einmal Bier in der Aktion gekauft haben, im ersten Halbjahr 2011 mit rund 60 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2009 verdoppelt. Hinzu kommt: Der Konsument ist lernfähig: So ergab die Studie, dass der Kauf zunehmend nach den Aktionen ausgerichtet und auf Vorrat gekauft wird.

Von dieser „Überdrehung“ hat zunächst nur der Verbraucher etwas. Der Markt kann nicht stabilisiert werden. So schlägt im Halbjahresvergleich 2011 zu 2010 (LEH, DM, GAM und Tankstellen) wieder ein sattes Absatzminus von -3,7 Prozent zu Buche. Im Markenbereich, wo die meisten Preisaktionen stattfinden, konnte der Absatz zwar stabilisiert werden, auf Umsatzbasis verlieren die Fernsehbiere aber zwangsläufig. Dass es bei der Überkapazität gerade für Marken schwierig sein wird, ein hohes Preisniveau zu halten, liegt auf der Hand. Ebenso scheint klar, dass der Handel auch in Zukunft Bier in der Aktion nutzen wird, um die preisbewusste Klientel in die Märkte zu locken. Die Empfehlung der Nielsen-Autoren dabei ist, mehr auf höherwertige Reklame zu setzen: „Mit wertigen und zielgruppengenauen Consumer Promotions (z. B. Gewinnspiele oder Sammelaktionen sein) können ebenfalls hohe zusätzliche Volumenwirkungen generieren können“, sagt Stefan Röse, Senior Cli ent Consultant bei Nielsen. Solche Promotions mit stärkerer Markenbindung seien der reinen Preisaktionen vorzuziehen.

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Bild öffnen Handel schadet sich mit dem Verramschen selbst - sagt eine Studie. Foto: fotolia
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