Interview mit Peter Kopietz Auf der Überholspur

Während deutsche Brauer euphorisch sind, wenn sie keine Hektoliter verlieren, kann der niederländische Konkurrent Heineken hierzulande zweistellig wachsen. Woher der Erfolg kommt und warum Cider das nächste große Ding wird, erklärt Peter Kopietz, Chef von Heineken Deutschland.

Donnerstag, 09. August 2018 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Auf der Überholspur
Bildquelle: Sebastian Pfütze

Heineken ist mittlerweile der zweitgrößte Brauer der Welt. Warum ist die Bedeutung in Deutschland so gering?
Peter Kopietz: Also da stimme ich erstmal gar nicht überein (lacht). Es gibt in Deutschland über 5.000 Biermarken. Die größten haben am Markt einen Anteil von gerade einmal zehn Prozent. So betrachtet, finde ich unseren Anteil von 1,5 Prozent gar nicht so klein. Viel spannender ist die Entwicklung: Wir bewegen uns in einem Markt, der seit 20 Jahren an Größe verliert. Außer wenigen Ausnahmen kann da keine Marke zulegen. Wir hingegen sind die letzten Jahre immer zweistellig gewachsen. Ich möchte nicht so verwegen sein und sagen, dass noch 98,5 Prozent vor uns liegen, aber das Potenzial zu verdoppeln ist allemal drin. Was uns optimistisch macht: Unsere Markenbekanntheit kann mit großen Fernsehbieren mithalten. Mit unserem geringen Promotionanteil und einem deutlich überdurchschnittlichen Preis macht die Zusammenarbeit zudem auch unseren Handelspartnern Spaß.

Sie sind gebürtiger Österreicher und kennen über Ihren Mutterkonzern den niederländischen Markt. Wie unterscheidet sich Deutschland von anderen Märkten?
Deutschland ist noch tradierter und noch gesättigter. In anderen Ländern findet der Aufschwung erst jetzt statt, den es in Deutschland, Österreich oder Tschechien schon vor hundert Jahren gegeben hat. Man sollte auch nicht vergessen: Mit einem Pro-Kopf-Konsum von 103 Litern liegt Deutschland weltweit auf dem dritten Platz. Wachstum ist hier nicht mehr zu erwarten angesichts einer alternden Bevölkerung, eines größer werdenden Angebots und des steigenden Gesundheitsbewusstseins. Was die Branche betrifft, kann ich sagen, dass die Niederländer experimentierfreudiger und innovativer sind.

Den deutschen Ableger von Heineken gibt es seit 1993. Groß geworden ist man über die Szene-Gastronomie. Welche Rolle spielt heute der klassische Lebensmittel-Einzelhandel?
Wir sehen den LEH als den großen Wachstumstreiber - jetzt und in der Zukunft. Wir beobachten in den Supermärkten einen klaren Trend, dass die Konsumenten nach Marken und Premium-Qualität Ausschau halten. Es geht nicht mehr alles nur um den Preis. Diese Position nehmen wir gerne ein. Mittlerweile macht der LEH 70 Prozent unseres Geschäftes in Deutschland aus.

Bei der Vorbereitung auf dieses Interview habe ich gelernt, dass Sie den Begriff „Importbier“ hier in Berlin nicht gerne hören. Als was definieren Sie denn Ihre Marke, und wie positionieren Sie sich zwischen teurem Craft und Handelsmarke?
Heineken ist ein internationales Premium-Bier. Uns geht es mehr um die Marke und deren Geschichte als um die Flüssigkeit. Wir sind das internationale Bier. Es ist egal, wo es gebraut wird. Die Vermarktung geht nicht über den Preis. Wir machen keine Aktionen wegen Mengendruck. Das brauchen wir auch gar nicht. Mehr und mehr Konsumenten identifizieren sich mit dem Image unserer Marken und sind bereit, dafür etwas mehr auszugeben.

Was bei Ihrer Werbung auffällt, ist die Ansprache an eine deutlich jüngere Zielgruppe, nicht nur bei Mix-Getränken wie Desperados, sondern auch dem klassischen Heineken.
Man kann heute keinen 25-Jährigen mehr mit der klassischen Biergarten-, Lederhosen- und Humpen-Welt in Begeisterungsstürme versetzen. Die Menschen sind heute anders. Vernetzt durch soziale Medien und das Studium. Insgesamt viel internationaler aufgestellt. Deren Erwartungshaltung ist: Ich will mehr von der Welt sehen als unser heimisches Bier. Daher auch unser Claim „Open your World“, der ja zum Ausdruck bringt: Wir sind in der ganzen Welt zu Hause. Mit dieser Generation von Biertrinkern wollen wir uns entwickeln.

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