PepsiCo „Wir wollen Coke abservieren“

Pepsico, der zweitgrößte Nahrungsmittelhersteller der Welt, ist auf dem deutschen Markt noch deutlich unterrepräsentiert. Wie sich das ändern soll, erzählt Torben Nielsen, der neue Pepsico-Geschäftsführer DACH, der Lebensmittel Praxis im exklusiven Interview.

Dienstag, 18. Mai 2021 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild „Wir wollen Coke abservieren“
Bildquelle: PepsiCo

Bei dem Tempo, das Pepsico zuletzt vorgelegt hat, konnte einem regelrecht schwindelig werden. Die Entscheidung, den israelischen Sprudler-Hersteller Sodastream zu übernehmen und zeitgleich die eigenen Weltmarken als Sirup anzubieten, kann man getrost als gelungenen Coup bezeichnen. Die Lebensmittel-Einzelhändler wurden von der Nachfrage überrannt. Es kam zu Lieferengpässen. Auch die Meldung, dass Pepsico als erstes Getränkeunternehmen in Deutschland bis Ende 2021 zu 100 Prozent auf das teure, recycelbare Plastik rPet setzen wird, sorgte für Aufsehen. Man könnte auch die milliardenschwere Übernahme von Rockstar Energy Beverages (3,39 Milliarden Euro) nennen oder die Entscheidung, dass alle Pepsi-Mitarbeiter in Deutschland auch nach Corona selbst bestimmen können, von wo aus sie arbeiten wollen. Eine wegweisende Entscheidung für den Wettbewerb um junge Talente. All diese Meldungen der letzten Monate zeigen, dass der US-Hersteller von Softdrinks und Snacks (weltweiter Umsatz 2020: 70,37 Milliarden US-Dollar) Tempo machen will. Die Zeichen stehen nicht schlecht: Während Pepsico weltweit von der gestiegenen Lust der Verbraucher auf Snacks wie Lays oder Doritos profitieren konnte, muss der Platzhirsch Coca-Cola deutliche Verluste bei Umsatz und Gewinn verkraften.

Bei der Wachstumsstrategie spielt Deutschland eine zentrale Rolle, denn hierzulande fühlt sich der FMCG-Riese noch nicht wirklich angekommen. Mit 550 Millionen Euro Umsatz konnte Pepsico im deutschsprachigen Raum 2020 zwar um 7 Prozent zulegen. Die DACH-Region trägt somit aber nicht mal 1 Prozent zum Konzernumsatz bei. Zum Vergleich: Hauptwettbewerber Coca-Cola erwirtschaftete 2019 in Deutschland einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro, immerhin über 7 Prozent des Konzernumsatzes. Doch die Rote Flotte strauchelt auch hierzulande. Für das Pandemiejahr schlägt ein Rückgang von 6,5 Prozent zu Buche. Aus diesem Grund dürfte den Coke-Managern in Berlin kaum zum Schmunzeln sein, wenn sie die neue Kampagne von Pepsi Max sehen. Mit dem provokanten Claim „Coke Zero abservieren“ spielen die Neu-Isenburger bewusst mit der Tradition der legendäreren Werbeschlachten, welche sich die beiden Softdrink-Kontrahenten viele Jahre vor allem in Amerika geliefert haben. Ein großer Spaß, wie man Torben Nielsen, seit Juni 2020 Pepsico-Chef der DACH-Region, im Gespräch anmerkt.

Herr Nielsen, die meisten der rund 500 Mitarbeiter, für die Sie verantwortlich sind, haben Sie wohl bisher nur digital getroffen, oder?
(lacht) Das ist richtig. Meine Vorstellung vor dem Team haben wir aus meinem Wohnzimmer gemacht. Das hatte eine persönliche Note. Es ist eine Herausforderung, wenn man als neue Führungskraft sein Team zum großen Teil nicht persönlich trifft. Auf der anderen Seite: Diese Digitalisierung der Arbeitswelt, das mobile Arbeiten ist die Zukunft. Die starre Anwesenheitspflicht in einem Büro ist die Vergangenheit. Bei uns können die Mitarbeiter schon jetzt zu 100 Prozent selbst entscheiden, von wo aus sie deutschlandweit arbeiten wollen.

Welche Vor- und Nachteile hatten Sie dadurch, dass Sie zu einem solchen Zeitpunkt die Rolle an der Spitze übernommen haben?
Das Unternehmen hatte sich zu Beginn des Jahres eine Planung zurechtgelegt, die wir dann bei meinem Start im Juni zusammenstreichen mussten und neu gedacht haben. Als Chance sehe ich, dass Corona das Konsumentenverhalten in einer Weise beeinflusst hat, die uns nutzen könnte.

Was meinen Sie konkret?
Die Deutschen, und das war ja nicht immer so, sind immer stärker online unterwegs. Da passiert sowohl bei den Verbrauchern als auch bei den Unternehmen unheimlich viel, und ich glaube, dieser Trend wird anhalten und nicht zurückgehen. Erstens: Amazon, Flaschenpost, Picnic – solche Player spielen eine immer größere Rolle. Zweitens: Verbraucher greifen in der Pandemie zu etablierten Marken. Drittens: Die Konsumenten gehen öfter in die Märkte, wo wiederum häufiger zu den ohnehin starken „on the go“-Produkten gegriffen wird. Alle drei Entwicklungen helfen uns zu wachsen.

Die DACH-Region trägt mit einem Umsatz von 550 Millionen Euro nicht mal 1 Prozent zum Konzernumsatz bei. Kein Zustand, oder?
Nein, und deswegen steht bei uns alles auf Wachstum. Wir wollen unseren Umsatz in den kommenden Jahren verdoppeln, wobei wir schon ein gutes Tempo vorlegen: 2020 sind wir im deutschsprachigen Raum immerhin um 7 Prozent gewachsen. Europaweit gilt: Pepsico soll der am schnellsten wachsende FMCG-Anbieter werden.

Wie wollen Sie das erreichen? Die Gastronomie liegt durch die Pandemie brach. Das AfG-Geschäft ist in der Summe rückläufig …
Das Außer-Haus-Geschäft spielt bei uns eine noch untergeordnete Rolle von weniger als 5 Prozent. Daher hat uns Corona auch nicht so stark getroffen. Im Gegenteil: Der Zuwachs kam auch durch das beflügelte LEH-Geschäft. Was den AfG-Markt betrifft, muss man genauer hinschauen: Bei PET-Mehrweg oder den klassischen 1-Liter-Gebinden sehen wir eine Stagnation, richtig. Aber es gibt auch viel Dynamik. Schauen Sie auf den Energy-Markt. Der geht nach oben und wir wollen mit unserer Marke Rockstar dabei sein. Hier werden wir 2021 richtig viel machen. Ähnliches gilt für das Wachstumssegment Eistee und unsere Marke Lipton. Unsere Cola-Marke Pepsi positionieren wir gerade neu, mit neuen Verpackungsformaten und einer etwas verjüngten, frecheren Kommunikation. Übrigens gilt auch hier: Zuckerfrei wächst weiter. Als vierte Wachstumskategorie haben wir die Snacks. Mit Lays und Doritos konnten wir 2020 auch 30 Prozent drauflegen. Daneben ist nicht ausgeschlossen, dass die eine oder andere globale Marke unseres Portfolios in Zukunft auch in deutschen Regalen stehen wird.

Für den AfG-Markt gilt: Wachsen kann man nur, wenn man Wettbewerbern Anteile streitig machen kann. Für das Außer-Haus-Geschäft haben Sie mit Radeberger einen starken Partner. Wie sieht es mit dem LEH aus?
Der Handel mag grundsätzlich den Wettbewerb (lacht). Den wollen wir verstärkt und natürlich auch auf der Fläche austragen, weil der LEH ein sehr großer Bestandteil unseres Geschäftes ist und auch bleiben wird. Wir stoßen hier also auf offene Ohren, denn niemand mag es, wenn ein Player zu groß oder zu mächtig wird. Das geht auch über den Verbraucher, der ja oft seinen Einkauf auf einer Art Autopilot durchführt und einfach seine Coke Zero kauft, weil er es immer so gemacht hat. Dieses Muster wollen wir mit einer innovativen und disruptiven Kommunikation durchbrechen. Dies bedeutet, dass wir noch stärker auf die jüngere Zielgruppe gehen, mit einer etwas provokanteren Art und mithilfe aller Kanäle, auch der digitalen wie beispielsweise Youtube.

Für die neue Kampagne für Pepsi Max sprechen Sie davon, dass SieCoke Zero „abservieren“ wollen. Was lassen Sie sich diesen Spaß kosten?
Für Pepsi Max halten wir einen zweistelligen Millionenbetrag bereit. Das ist die größte Aktivierung in der Geschichte dieser Marke und beinhaltet auch die neuen Verpackungen. Ansonsten möchte ich mich nicht konkret zu Marketing-Etats äußern. Nur so viel: Er liegt signifikant über dem Vorjahr.

Wer die Generation „Fridays for Future“ abholen möchte, kann beim Thema Nachhaltigkeit nicht sparen. Fühlen Sie sich hier gut gerüstet?
Ja, denn wir haben schon 2006 Nachhaltigkeit als eigenen Aufgabenbereich definiert. Wir haben hier große Ambitionen. Bis 2021 werden wir als erstes Getränkeunternehmen in Deutschland ausschließlich auf 100 Prozent rPet für unsere kohlensäurehaltigen Getränke und Lipton Eistee setzen.

Es besteht aber die Chance auf eine von den Grünen geführte Regierung. Spätestens dann müssen sich die Einweg-Hersteller auf einen harten Gegenwind einstellen. Stichwort Mehrwegquote.
Wir schauen uns die politischen Entwicklungen natürlich genau an. Jetzt kommt erst mal der Schritt mit 100 Prozent rPet. Aber wir bleiben ja hier nicht stehen. Wir investieren und forschen weiter, auch bei Verpackungskonzepten. Wer weiß, wie wir in zehn Jahren konsumieren werden? Darüber hinaus: Plastik ist natürlich ein wichtiges Thema. Aber es ist nicht alles. Es geht um die Frage, wie wir produzieren werden. Wie transparent sind wir und welche Qualitätsstandards gibt es? Wie gehen wir mit der Landwirtschaft um? Wie wirken wir Wasser-, Energie- und Lebensmittelverschwendung entgegen? Mit diesen ganzen Themen beschäftigen wir uns. Bis 2040 will der Konzern emissionsneutral wirtschaften. Global. Bis 2030 werden wir den Einsatz von Anbaumethoden für regenerative Landwirtschaft auf eine Fläche von sieben Millionen Hektar ausweiten. Das entspricht nahezu dem gesamten landwirtschaftlichen Fußabdruck des Unternehmens und ist flächenbezogen äquivalent zu rund 50 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland.

Man hat das Gefühl, dass Sie Ihre Wettbewerber mit diesem Tempo gerade vor sich hertreiben wollen. Kann ein tradiertes Unternehmen wie Pepsico eine Start-up-Mentalität entwickeln?
Das müssen wir vielleicht gar nicht. Das Optimum wäre, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren. Es gab in der Pandemie definitiv einen Lerneffekt: Unternehmen müssen sich neu aufstellen. Sie müssen agiler und flexibler werden. Sowohl in der Kommunikation nach innen als auch nach außen.

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