Brot und Backwaren Mehrgleisig fahren

Backstationen gehören im LEH mittlerweile zum guten Ton. Doch wie wirkt sich das auf den Brotverkauf im SB-Regal und in der Vorkassenzone aus?

Donnerstag, 20. Oktober 2011 - Sortimente
Hedda Thielking
Artikelbild Mehrgleisig fahren
Bildquelle: Mugrauer

SB-Regal, Vorkassenzone, Backstation: Alle buhlen um den Brotkäufer. Vor allem bei Bake-off greift der Kunde immer häufiger zu. So verzeichnet Brot (ohne Brötchen), das in Prebake-Stationen des LEH verkauft wurde, im ersten Halbjahr 2011 laut Nielsen einen Umsatzanteil von 10 Prozent. Im Jahr 2003 waren es noch 5 Prozent. SB-Ware im LEH (incl. Aldi) erzielt 58 Prozent der gesamten Brot-Umsätze (2003: 52,7 Prozent). Der Umsatzanteil von Brot in der Vorkassenzone hält sich seit vier Jahren mit etwa 32 Prozent einigermaßen stabil, im Jahr 2003 lag er noch bei 42 Prozent.

Die größten Umsatzpotenziale haben nach Ansicht von Harry-Brot Prebake-Stationen. Mit dem richtigen Sortiment-Mix und dem Blick auf die optimale Betreiberqualität könnten noch Umsatzchancen genutzt werden. „Jeder zweite Haushalt kauft mittlerweile Brot und Backwaren aus Prebake-Stationen des Lebensmittelhandels – mit steigender Tendenz“, sagt Marketingleiterin Karina Alikhan. Mit Brot ART bringt Harry-Brot ein Prebake-Sortiment in Premium-Qualität auf den Markt. Es richtet sich an Kunden, die den besonderen Geschmack lieben, und an Haushalte, denen der herkömmliche Brotlaib bislang zu viel war.

Die gestiegene Nachfrage nach Prebake wirkt sich auch aufs SB-Regal aus. Laut Marktdaten der Symphony IRI Group legte der Umsatz von SB-Brot (dazu zählen hier Brot/Vollkornbrot, Toastbrot, Brötchen, Baguette/Ciabatta) von Januar bis August 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar insgesamt leicht zu (+1,6 Prozent). Verkauft wurde aber 5 Prozent weniger SB-Brot. Das liegt vor allem am geringeren Absatz bei Aldi, Lidl und Norma. Hier nahmen die Menge um 13,6 Prozent und der Wert um 7,2 Prozent ab. „Es ist davon auszugehen, dass die Um- und Absatzrückgänge im SB-Regal auf eine Verschiebung zum Bake-off-Bereich zurückzuführen sind“, interpretiert Sarah Steinberg, Symphony IRI Group, die Marktlage. Vor allem Aldi Süd preschte im vergangenen Jahr mit Backstationen in die Märkte.

Im Gegensatz zu Harddiscountern machten traditioneller LEH, Verbrauchermärkte, restliche Discounter und Drogeriemärkte mit SB-Brot, Toast, Brötchen und Baguette insgesamt ein Umsatzplus, bei stabiler Verkaufsmenge.

Harry-Brot stellt im SB-Regal bei Schnittbrot eine Zunahme bei Harry-Markenbrot fest. Der Marktanteil (Absatz) der Marke Harry stieg laut Alikhan auf mehr als 30 Prozent. Diese Tendenz gehe hauptsächlich zu Lasten der Preiseinstiegs- und Handelsmarken.

Für Vielfalt im SB-Brotregal stehen etwa Mestemacher und Pema. Angebotsvielfalt und Qualität sorgen laut Pema dafür, dass der Kunde das SB-Regal frequentiert. Zurückhaltung übt das Unternehmen bei neuen Produkten, „da der Handel dann eine unserer bewährten Sorten aus dem Regal nehmen würde“. Mestemacher setzt dagegen auch auf neue Produkte. „Derzeit sind internationale Brotspezialitäten und Brot zum Lagern trendy“, sagt Prof. Dr. Ulrike Detmers, Mitglied der Geschäftsführung. Ihrer Meinung nach verlieren Brot- und Backwaren durch das Massengeschäft an individueller Qualität. Deshalb konzentriert sich Mestemacher auf Brotspezialitäten, die ungeöffnet lange genussfrisch sind, einen hohen Gesundheitsnutzen haben sowie auf internationale Brotspezialitäten, die eine handwerkliche Handschrift tragen. Größere Turbulenzen gab es im Markt für Aufbackware im SB-Regal. Hier fuhren die Discounter laut Symphony IRI Group drastische Verluste ein (Harddis counter: –20 Prozent, restliche Discounter: –55 Prozent). Traditioneller LEH und Verbrauchermärkte verkauften zwar auch weniger SB-Aufbackware, konnten aber ihren Umsatz leicht steigern. Mehrgleisigkeit macht sich also bezahlt.

Nachgefragt
Prebake, SB-Regal und Vorkassenzone: Wo sehen Händler das größte Potenzial für den Verkauf von Brot und Backwaren?

{tab=O. Tober}
Bisher betreiben wir in unserem Rewe-Markt keine Bake-off-Station. Dennoch glaube ich, dass der Trend zu Bake-off-Stationen geht. Im SB-Regal sehe ich Wachstumspotenzial bei Aufbackware und Vital-Brot. Bei letzterem können wir allerdings keine großen Sprünge machen. In unserem Markt kaufen viele ältere Kunden ein, die klassische Brote bevorzugen. Auch Bio-Brot läuft bei uns nicht so gut. Zuwächse verzeichnen wir dagegen im Sandwich-Bereich bei den Markenartikeln. Der Absatz von Eigenmarkenprodukten, vor allem im Niedrigpreissegment, ist ausbaufähig. Produktneuheiten stehen wir offen gegenüber. Wir probieren alles aus. Was sich nach zwei Wochen nicht dreht, listen wir wieder aus.

Oliver Tober, Inhaber, Oliver Tober EH oHG
{tab=D. Gotthardt}
Seit unserer Markteröffnung im Jahr 2008 betreiben wir auch eine Prebake-Station. Diese Angebotsform wird immer besser laufen. Die Nachfrage hängt aber auch von der Situation vor Ort ab und wie gut der Bäcker in der Vorkassenzone ist. Dort auftretende Defizite nutzen wir für unsere Prebake-Station. So überlegen wir zum Beispiel, ob wir die Prebake-Station mit einem neuen Stand aktualisieren, wo wir auch eine Teilbedienung mit Beratung anbieten. Hier kann der Kunde auf Wunsch beispielsweise ein halbes Brot geschnitten bekommen. Wichtig ist, dass man Prebake-Ware nicht so lustlos präsentiert, dann kann man damit auch Geld verdienen. Man muss aber auch am SB-Regal für Brot und Backwaren ständig arbeiten. Wir gehen fünf Mal täglich durch die Regale, füllen Ware auf und sorgen hier für Ordnung und Sauberkeit. Bei SB-Ware schreien die Kunden regelrecht nach Neuheiten und internationalen Spezialitäten. Dabei stellen wir fest, dass das Qualitätsbewusstsein der Verbraucher seit etwa zwei Jahren wieder in den Vordergrund gerückt ist.

Dominik Gotthardt, Inhaber, Edeka – Gebrüder Gotthardt OHG, Duderstadt
{tab=U. Kranich}
Ich erkenne Umsatzzuwächse in allen drei Bereichen. Einen guten Vorkassenbäcker aus der Region halte ich für sehr wichtig. Zu ihm haben die Kunden großes Vertrauen. Ihn tangiert es auch nicht, ob es im Markt eine Bake-off-Station gibt oder nicht. Eine Bake-off-Station kann beispielsweise den Verbraucherwunsch nach frischem Brot und Brötchen abdecken, wenn der Bäcker in der Vorkassenzone bereits geschlossen ist. Seitdem ich das Angebot im SB-Brotregal um 20 Prozent erweitert habe, konnte ich hier den Umsatz um 30 Prozent steigern. Aufbackware läuft besonders gut. Auch die Handelsmarken entwickeln sich positiv. TK-Brot macht eine sensationelle Entwicklung. Wichtig ist für mich, Produkte anzubieten, die es woanders nicht gibt.

Uwe Kranich, Geschäftsführer Rewe Kranich oHG, Marburg

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Bild öffnen Brot und Backwaren: Mehrgleisig fahren für mehr Umsatz (Bildquelle: Mugrauer)
Bild öffnen Es gibt noch Potenzial

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