Vegetarische und vegane Alternativen Was ist da drin?

Vegetarische und vegane Alternativen zu Wurst, Schnitzel oder Käse haben sich für Handel und Industrie zu einer beliebten Spielwiese entwickelt. Durch Deklarationsprobleme und kritische Test-Ergebnisse sind nun erste Wolken am Himmel aufgezogen. Wie der Markt reagiert.

Freitag, 21. Oktober 2016 - Sortimente
Bettina Röttig
Artikelbild Was ist da drin?
Bildquelle: Carsten Hoppen, Mirco Moskopp

Möglichst nah am Original sollen vegetarische und vegane Alternativen zu Wurst, Schnitzel und Käse sein. Das gilt jedoch nicht für ihre Bezeichnungen. Längst beschäftigen sich Anwälte und Gerichte mit der Frage, ob auf dem Etikett des Ersatzprodukts „vegane Leberwurst“ oder „Pflanzenkäse“ stehen darf. Gestritten wird auch darüber, für welche Produkte die Bezeichnungen Butter und Sahne (englisch: cream) zum Einsatz kommen darf. Dabei geht es eher um wettbewerbsrechtliche statt Verbraucherschutz-Gründe.

Erst Ende März hatte das Landgericht Trier entschieden, dass die Bezeichnungen „Käse“ oder „Cheese“ für vegane Lebensmittel verboten seien und untersagte dem Bio-Vegan-Pionier Tofutown die Nutzung der Bezeichnungen. Das Gericht beruft sich auf europäisches Recht (EU-VO 1308/2013). Zwar werde in der Produktbeschreibung klargestellt, dass es sich nicht um Erzeugnisse tierischen Ursprungs handele. Doch dies reiche nicht aus. Die Bezeichnung sei wettbewerbswidrig, da „Käse“ EU-weit Erzeugnissen aus Milch – also Kuhmilch oder Milch anderer Tierarten – vorbehalten ist, so die Begründung.

Das Urteil zu „veganem Käse“ lässt sich zwar nicht auf „vegetarische Wurst“ übertragen, da es nur für Käse entsprechende Rechtsvorschriften gibt. Dennoch sieht sich auch Cornelius, Spezialist für Pfälzer Wurstwaren, ähnlichen Problemen gegenüber.

Verwirrend für den Verbraucher, meint Tofutown-Gründer Bernd Drosihn: „Lebensmittel sollten nach unserer Meinung mit den Bezeichnungen benannt werden, wie sie vom Verbraucher ohnehin seit Jahren verwendet werden. Jeder Mensch bestelle z. B. in Cafébars einen ,Sojamilch-Cappuccino‘, nicht etwa einen ,Cappuccino mit geschäumtem Sojadrink‘.“ Sojamilch werde auch in den Speisekarten oder in Kochbüchern so aufgeführt. „Man kann vom Verbraucher auch nicht verlangen, ein Elektroauto nicht Auto zu nennen, nur weil es einen anderen Antrieb (ökologischen Rohstoff) hat. Die Wurst wird gegrillt, egal aus welchem Rohstoff sie besteht. Und aus Qualitätsgründen steht ,veggie‘ oder ,pflanzlich‘ drauf. Aber eine Wurst ist halt eine Wurst. Und ein Burger ist ein Burger“, macht Drosihn deutlich. John Gahlert, Geschäftsführer von AVE (Absolute Vegan Empire) teilt diese Sichtweise: „Gerade aus Verbrauchersicht sehen wir die Auslegung des Gerichts der EU-Regelung sowie der Käseverordnung als überholt an.“ Seit der ersten Fassung der Käseverordnung 1965 hätten sich die Ernährungsweisen und die Lebensmittelbranche gewandelt, dem müsse Rechnung getragen werden. „Formulierungen wie ‚Backbelag aus einem Erzeugnis aus Pflanzenfett‘ als Produktname sind unserer Ansicht nach derart absurd und abstrakt, dass es sehr viel Fantasie braucht, um diese Produkte als Alternative zu Käse bei Unverträglichkeiten oder moralisch motiviertem Veganismus zu erkennen“, meint er.

Markt-Daten

Fleischersatzprodukte und vegane Brotaufstriche wurden 2015 laut GfK von rund 14 Mio. Haushalten gekauft. Der Umsatz lag bei 310 Mio. Euro (plus 31,5 Prozent). In 37 Prozent der Haushalte leben laut GfK Flexitarier. Der Anteil der Haushalte mit Vegetariern liegt bei 5,1 Prozent.

Rewe-Kaufmann Kai Scholand urteilt entspannter. „Mir persönlich, und ich glaube, auch vielen anderen Verbrauchern ist es völlig egal, wie ein Produkt heißt, die Verpackung und nicht zuletzt der Inhalt sind entscheidend“, relativiert er. Verbraucher, die Käseersatzscheiben mit dem Vermerk „vegan“ im Regal sehen, wüssten in der Regel, was sie vor sich haben – ganz gleich, ob dort nun Cheese, Käse, Käseersatz oder etwas anderes draufstehe, so seine Erfahrung.

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