Bergader Käsehimmel in Weiß-Blau

Der bayerische Käsehersteller Bergader lebt von seinen starken Marken wie „Bavaria blu“. 2022 hieß es aber: Umsatz hoch, doch der Gewinn blieb gänzlich auf der Strecke. Ob 2023 die Wende bringt?

Freitag, 16. Juni 2023 - Molkereiprodukte
Dr. Friederike Stahmann
Artikelbild Käsehimmel in Weiß-Blau
Bildquelle: Wolfgang Maria Weber/Bergader

So simpel, so einprägsam: die weiß-blauen bayerischen Rauten. Auf der ganzen Welt sind sie bekannt. Sie stehen für Bayern und seinen blauen Himmel inklusive schneebedeckter Berge, für bayerische Gemütlichkeit inklusive Wirtshaus-kultur und für seine Landwirtschaft mit sattgrünen Wiesen inklusive weidender Kühe. Weiß-Blau funktioniert auch beim bayerischen Käsehersteller Berg-​ader. Und zwar gleich in zweifacher Hinsicht. In Waging am See, unweit des Chiemsees, liegt der Firmensitz. In einer Region, die man mit „Bayern aus dem Bilderbuch“ beschreiben könnte. Und damit mitten im Zentrum der Urlaubs-Sehnsuchtsregion so vieler. „Die Marke Bergader steht für höchsten Käsegenuss aus Bayern, das damit verbundene alpine Lebensgefühl und die Liebe zur Natur“, formuliert es Geschäftsführer Felix Kress, Urenkel von Basil Weixler, der die Käserei 1902 gründete. Kein Wunder also, wenn Kress betont: „Die Herkunft unserer Produkte ist für uns das Allerwichtigste.“ Die erlebbar zu machen, gehört zu den Grundpfeilern der Markenkommunikation, genauer eines Regionalmarketings, das national gespielt wird. Bergader wirbt ganz gezielt mit den Gegebenheiten, die eine Milchproduktion in den bayerischen Bergen besonders schwierig und aufwendig machen: kleinbäuerliche Betriebe mit durchschnittlich 40 Kühen und schwer zu bewirtschaftenden Almwiesen.
Die Käserei macht ihre regionalen Besonderheiten sichtbar. Online, auf Plakaten oder im Fernsehen spielt man mit Claims wie „Käse mit Heimat“, „Entdecke Deine Bergader“ oder „Genussmomente“ das Thema. Auch die Gesichter der Kampagnen könnten regionaler nicht sein: Vor einigen Jahren war es der ehemalige Skirennläufer Markus Wasmeier, jetzt ist es die ehemalige Biathletin Magdalena Neuner. Zwei echte Sympathieträger. Neben der nationalen Verkaufsförderung arbeitet man ganz bewusst auch direkt in der Urlaubsregion in Waging am See und in der Umgebung. Drei Läden mit Bedienkäsetheken rund um den Hauptsitz bieten eine breite Palette zum Thema Käse und Genuss, inklusive eines betriebseigenen Berghonigs und vieler Merchandising-Artikel, wie Sweatshirts und Co.

Mehr als ein Lebensgefühl
Weiß-Blau ist aber nicht nur ein Lebensgefühl für Bergader, sondern eines der wichtigsten Lebensmittel im Portfolio: der Blauschimmelkäse. Beliefert werden der Hauptstandort in Waging am See und das Wendelsteiner Käsewerk in Bad Aibling von rund 1.100 Vertragslandwirten aus dem bayerischen Voralpenland. Insgesamt kommen jährlich rund 360 Millionen Kilogramm gentechnikfreie Milch zusammen. Ein gutes Viertel davon ist sogenannte Bergbauernmilch. Die 750 Mitarbeiter des Unternehmens stellen daraus unter anderem 10.000 Tonnen Blauschimmelkäse jährlich her. Zwei Marken hat man im Portfolio. Zum einen den Bavaria blu. Mit diesem Käse ist man national unangefochtener Marktführer im Selbstbedienungsbereich des LEHs im Bereich Blauschimmelkäse. Und das eigentlich schon immer. Kein Wunder, denn die Käsemeister von Waging am See haben die Kombination aus Weichkäse mit weißem Schimmel außen und Blauschimmel innen erfunden. Inzwischen ist der Bavaria blu schon ein echter Best Ager mit seinen 50 Lenzen. „Und hat damit das Alter seiner Hauptverwender erreicht“, fügt Hans Burger, Vertriebschef bei Bergader, schmunzelnd hinzu. Neben dem Bavaria blu hat man unter dem Markennamen „Edelpilz“ einen weiteren Blauschimmelkäse im Portfolio, der sowohl als Thekenware als auch in SB angeboten wird. Der größte Teil der Milch geht jedoch in Weichkäse-Spezialitäten wie „Bonifaz“ oder „Almzeit“. Schnittkäse stellt mit rund 8.500 Tonnen die kleinste Fraktion. Verkauft wird der unter den Namen „Bergbauernkäse“ im SB-Bereich oder „Almzeit“ in der Bedientheke.

Die Käse-Herstellung bei Bergader ist bis zum heutigen Tag in einigen Bereichen Handarbeit. So schneiden die Käsemeister und eine angehende Käsemeisterin in einem Teil des Waginger Käsewerks den Käsebruch händisch mit der Harfe. Das Fühlen des Käsebruchs nach dem Zerschneiden der dickgelegten Milch gehört in allen Käsewerken in die Hände der Spezialisten. Auch die Überwachung der Reifung obliegt den Fachleuten.

In Familienhand ist seit Generationen die Geschäftsleitung. Die wechselte im Herbst 2021 von der Mutter auf den Sohn. Der heute 35-jährige Felix Kress, der Wirtschaftsinformatik studiert hat, hat sich sein erstes Jahr an der Spitze des Unternehmens sicher anders vorgestellt. Denn 2022 zogen dunkle Wolken am weiß-blauen Käsehimmel auf. „Nein, das vergangene Jahr war wirklich nicht toll“, bringt es der Jungunternehmer auf den Punkt. Zwar habe man bei den Markenprodukten gegen den sonstigen Trend gar ein Mengenwachstum erzielt und sogar Marktanteile dazugewonnen, aber in summa auf Gewinn verzichten müssen. So seien die Endverbraucherpreise, wie auch im übrigen Molkereisektor, im LEH kräftig gestiegen. Doch die Einkaufspreise des Handels hielten nicht in gleichem Maße mit, erklärt Hans Burger die Situation. Die höheren Kosten, unter anderem für Energie und den Rohstoff Milch, hätten sich im Handel nicht umfangreich genug weitergeben lassen.

Marke soll Marge bringen
Als Reaktion darauf wurde das Portfolio gestrafft, indem man sich von Randartikeln getrennt hat. Aber auch von kleinen Exportmärkten wie Japan oder Brasilien. Nicht gerüttelt werden soll am Rohstoffmarkt. Ein guter Milchpreis sei für die Landwirte in der Region essenziell. „Keine Kompromisse gibt es auch bei der gleichbleibend hohen Qualität unserer Käse“, fügt Felix Kress hinzu. „Wir wollen mit starken Marken Geld verdienen“, gibt Hans Burger das Ziel für 2023 aus. Und damit ist vor allem er, der seit dem 1. April als Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb bei der Bergader Privatkäserei verantwortlich zeichnet, gefragt. In Waging am See ist er kein Unbekannter. Bereits von 2006 bis 2016 war er Bergader-Geschäftsführer. „Da er unser Familienunternehmen und unsere Käsespezialitäten sehr gut kennt, kann er gleich ins Tagesgeschäft einsteigen und in diesen herausfordernden Zeiten für Kontinuität und Stabilität sorgen“, so Felix Kress.

Mittelfristig sollen die Marken mit starken Argumenten weiter aufgeladen werden. Dazu gehört ein Nachhaltigkeitsprogramm. Eckpfeiler sollen partnerschaftliche Beziehungen, eine ressourcenschonende Wertschöpfung, der Erhalt der Kulturlandschaft und ein gutes Mitarbeiterklima sein. Ganz konkret treibt man ein Tierwohl- und Fütterungsprogramm mit den Landwirten voran. In den Werken arbeitet man an Energieeffizienz und Ressourcenschonung, etwa durch den Bau einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage und die Umstellung auf Grünstrom. Die Marke Bergader will ihre Stärke auch mit Innovationen untermauern. Burger und Kress deuten an, wohin die Reise gehen soll: In den Convenience-Bereich, und auch Über​legungen zu einer veganen Marke gibt es. „Dabei gehen wir nach dem Motto: Was passt gut zu uns, was passt gut in den Markt?“, so Felix Kress.

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