Naturkosmetik Grüner verpackt

Hersteller von Naturkosmetikprodukten stellen sich auf neue Marktbedingungen und Verbraucherbedürfnisse ein. Nicht nur der Inhalt der Produkte wird stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, auch neue Verpackungskonzepte werden getestet.

Freitag, 30. April 2021 - Drogerieartikel
Bettina Röttig
Artikelbild Grüner verpackt
Bildquelle: Weleda

Die Corona-Pandemie hat zu Umwälzungen in der Kosmetikbranche geführt, auch im grünen Segment. „Der Naturkosmetik-Markt ist auch im Jahr 2020 gewachsen, allerdings auf einem geringeren Niveau im Vergleich zu den Vorjahren. Im Markt gibt es teilweise erhebliche Verwerfungen durch das veränderte Kaufverhalten“, sagt Ludger Schalkamp, Marketingleiter Lavera Naturkosmetik. Wie im Gesamtmarkt hätten auch bei der zertifizierten Naturkosmetik Kategorien wie dekorative Kosmetik oder Sonnenschutz eine negative Entwicklung verzeichnet, während der Handseifen- und Handpflegemarkt deutlich gewachsen seien, erläutert er. Auch die beschleunigte Digitalisierung und die Trends zum One-Stop- und Online-Shopping hätten zu Veränderungen im Naturkosmetikmarkt geführt, ergänzt Mirja Eckert, Zukunftsforscherin und Herausgeberin des Naturkosmetik Branchenreports (The New).

Unterm Strich erzielte der Bereich der zertifizierten Naturkosmetik im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von 5,7 Prozent. Damit ist das Segment erneut der Wachstumstreiber im Kosmetikmarkt, der 2020 stagnierte. Laut Eckert ist die positive Entwicklung zum Teil auf zusätzliche Verwender zurückzuführen. So gewann die Branche im vergangenen Jahr 1,4 Millionen neue Käufer für Naturkosmetik hinzu. Auch hätten Zuwachsraten im Lebensmittel-Einzelhandel sowie in den Drogeriemärkten zur positiven Entwicklung beigetragen, führt Eckert aus. Während die Handelsmarken stagnierten, seien Markenprodukte stärker nachgefragt worden.

Die Branchenakteure sehen gerade in der Pandemie eine Chance: „Über alle Generationen hinweg verstärkt sich das Bedürfnis nach klimafreundlichen und ethisch vertretbaren Produkten. Naturkosmetikmarken, die sowohl dem eigenen Körper als auch der Umwelt guttun, stehen im Fokus der heutigen Konsumenten.“ Die Beobachtung teilt Schalkamp und erwartet, „dass sich der Trend zu Naturkosmetik und Nachhaltigkeit insgesamt durch die Corona-Pandemie weiter verstärken wird“. Inzwischen seien nicht nur Nachhaltigkeit und natürliche Inhaltsstoffe, sondern auch Regionalität entscheidende Faktoren beim Kauf von Produkten.

Neue Bedingungen
Die aktuelle Situation stellt die Hersteller jedoch auch vor Herausforderungen. So läuft die Einführung von Neuprodukten unter erschwerten Bedingungen. Durch die mit den Corona-Maßnahmen einhergehenden Beschränkungen im alltäglichen Leben, fehlende Einkaufsmöglichkeiten oder auch weniger Bewegung im Straßenverkehr hat Speick Naturkosmetik nach eigenen Angaben mit den klassischen Marketingmaßnahmen 2020 weniger Reichweite erzielen können. „Das hat sich auch auf die Einführung unserer Neuheitenprodukte ausgewirkt, die 2020 deutlich langsamer voranging als gewohnt“, heißt es aus dem Unternehmen. Und auch in diesem Jahr erschwere die Pandemie noch immer die Einführung von Neuprodukten im Handel.

Dennoch blickt Speick auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. Die Themen Nachhaltigkeit und Naturkosmetik erfreuten sich immer größerer Beliebtheit und Relevanz in Deutschland. Dadurch habe Speick Naturkosmetik in den vergangenen Jahren zweistellige Zuwachsraten verzeichnet. Die vergangenen Monate hätten die Nachfrage nach Speick-Produkten im Bereich Hygiene, speziell Seife, sogar um 50 Prozent steigen lassen.

Weleda hingegen konnte keinen negativen Effekt auf die Einführung neuer Produkte beobachten. Die neue Realität fließt jedoch in die Produktentwicklung ein. „Durch den anhaltenden Shutdown verbringen wir deutlich mehr Zeit in den eigenen vier Wänden als noch vor der Pandemie“, so die Schweizer. Ein Trend gehe deshalb dahin, sich bewusst Zeit für sich selbst zu nehmen und mit Ritualen das Wohlbefinden im Alltag zu erhöhen. Düfte hätten Emotionen und Erinnerungen beeinflusst, weiß Weleda. So sollen vier neue Weleda-Aroma-Duschgels auf Basis ätherischer Öle das Wohlbefinden in diesen Zeiten unterstützen.

Feste Formulierungen
Aktuell stehen vor allem nachhaltige Verpackungsthemen auf der Agenda der Hersteller. So kommen mehr Glastiegel und -flaschen sowie Verpackungen auf Basis von Rezyklaten zum Einsatz. Zahlreiche Innovationen kommen ganz ohne Produktverpackung aus.

So setzt auch Speick Naturkosmetik in diesem Jahr unter anderem auf Produktneuheiten, durch die klassische Plastikflaschen eingespart werden: Zwei neue feste Shampoos ergänzen ab Frühjahr das Produktportfolio. Das feste Sortiment sei „quasi ein Heimspiel“ für das Unternehmen, das nach eigenen Angaben mit mehr als 50 festen Seifen im Sortiment über mehr als 90 Jahre Expertise in diesem Bereich verfügt.

In den letzten Jahren habe sich Laverana verstärkt auf das Thema nachhaltige Verpackungen konzentriert, erklärt Marketingchef Schalkamp. Die Marke Lavera arbeite mit FSC-zertifiziertem Papier und setze bei vielen Produkten den höchstmöglichen Anteil an Rezyklaten ein, zudem seien feste Shampoos und Duschen eingeführt worden. „Der Markt der festen Produkte wird sich weiter ausbauen und wird neben Shampoos und Duschen auch andere Segmente erobern“, ist sich der Manager sicher.

Wiederverwenden
Weiter gehen aktuell die ersten Tests mit Nachfüll-Konzepten im Bereich der Naturkosmetik. So beteiligt sich Weleda als erstes zertifiziertes Naturkosmetikunternehmen ab sofort an einem Unverpackt-Projekt mit Flüssigprodukten. In drei Märkten des Bio-Händlers Alnatura in Freiburg, Karlsruhe und Frankfurt am Main werden Körperpflegeprodukte von Weleda erstmals ohne Verpackung, sondern zum Abfüllen erhältlich sein. Das Projekt läuft voraussichtlich bis Ende 2021. Zunächst stehen vier beliebte Weleda-Produkte, Körperöle und Duschgel, bereit. Sie können in individuell benötigten Mengen abgefüllt werden. Kunden haben die Möglichkeit, die Produkte in eigene Behältnisse abzufüllen oder im Markt geeignete Leerbehältnisse zu erwerben. Die Abrechnung erfolgt nach Gewicht. „Die CO2-Bilanz ist bis zu 20-mal besser, wenn man die Körperöle in eigene Mehrwegbehälter abfüllt und diese immer wieder verwendet“, sagt Dr. Stefan Siemer, Leitung Nachhaltigkeitsmanagement Weleda. In dem von Alnatura entwickelten Spezialmöbel werden zudem flüssige Produkte der Alnatura-Marke Alviana sowie feste unverpackte Produkte angeboten – kompakte Seifen, Duschen und Shampoos. Weleda will durch die Beteiligung am Pilotprojekt Erfahrungen sowohl mit flüssiger unverpackter Naturkosmetik als auch mit der Umsetzbarkeit einer Unverpackt-Lösung sammeln. Eine besondere Herausforderung bei unverpackter Naturkosmetik liege darin, die Stabilität und Haltbarkeit auch ohne synthetische Konservierungsstoffe zu gewährleisten, erläutert das Unternehmen.

Eine eigene Lösung für ein Abfüll‧angebot hat die Fair Squared GmbH entwickelt. Mit den neuen Produkten aus der „Zero Waste Beauty Bar“ bieten die Kölner erstmals Großgebinde aus Mehrweg-Glasbehältern für den Handel an. „Unsere Kundschaft wünscht sich individuelle Abfüllmengen, kurze Wege und Nachhaltigkeit“, so Geschäftsführer Stephan Stavridis. Die Zero Waste Beauty Bar sei auf Wunsch vieler Unverpackt-Läden entwickelt und mit Begeisterung angenommen worden. Die 2.500 Milliliter fassenden Großgebinde aus Braunglas sind Teil des Mehrwegsystems und werden nach Rücksendung gereinigt und erneut befüllt. Aktuell bietet Fair Squared mehr als 20 Produkte zum Selbstabfüllen an; darunter Handcreme, Flüssigseife, Bodylotion, Duschgel, Shampoo und Seife mit Fair-Trade-Inhaltsstoffen wie grünem Tee, Mandelöl, Aprikosenkernöl, Kokosnuss oder Limette.

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