Tabak Rauchst du noch oder dampfst du schon?

Der Tabak-Markt und die E-Zigaretten entwickeln sich dynamisch. Wären da nicht die dunklen Wolken der Tabakproduktrichtlinie.

Freitag, 11. Dezember 2015 - Sortimente
Tobias Dünnebacke
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Die vollständige Umsetzung der Tabakproduktrichtlinie (kurz: TPD2, siehe Kasten Seite 74), eine weitere Verschärfung des Werbeverbots und die Konkurrenz durch E-Zigaretten: Die klassischen Tabak-Segmente Fabrikzigaretten und Feinschnitt stehen von allen Seiten unter Beschuss . Trotzdem zeigen sich die Schwergewichte der Branche verhalten optimistisch. Auch Innovationen sowohl beim klassischen Tabak, als auch im elektronischen Segment, zeigen, dass sich der Markt insgesamt in einem guten Zustand befindet.

Trotzdem: Im Zuge der Umsetzung der TPD2 in nationales Recht stehen zahlreiche Zigarettenmarken auf dem Prüfstand. Viele von ihnen werden komplett vom Markt verschwinden, denn häufig kann die teure Umsetzung der Richtlinie nicht durch die zu geringe Marktbedeutung gerechtfertigt werden. Nach Aussage von Ralf Wittenberg, Vorstandsvorsitzender von British American Tobacco (BAT), steht beispielsweise die Traditionsmarke HB („HB-Männchen“) zur Disposition. Viele andere Marken werden die Umsetzung der TPD2 in nationales Recht bis 2016 ebenfalls nicht überleben. Laut Wittenberg gehe so die Vielfalt auf dem Tabakmarkt durch TPD2 verloren.

Doch das größte Ärgernis der Industrie ist nicht die eigentliche EU-Richtlinie, sondern der deutsche Gesetzesentwurf, der zum Teil weit über die Forderungen aus Brüssel hinausgeht. Die Richtlinie sieht etwa vor, dass Menthol-Zigaretten ab 2020 nicht mehr produziert werden dürften, Deutschland will sie aber schon ab Mai 2016 verbieten. Auch die Liste der verbotenen Zusatzstoffe ist im deutschen Gesetzentwurf umfassender als in dem EU-Entwurf. Die Reaktionen dazu sind eindeutig: „Wir fordern eine klare 1-zu-1-Umsetzung der Direktive in deutsches Recht und ein angemessenes Timing für die Umsetzung. Alles andere würde einer ‚Mission Impossible‘ gleichen“, sagt beispielsweise Reemtsma (JPS, Gauloises) Market Manager Michael Kaib. Rückendeckung bekommt Kaib von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), die bei einem Besuch des Werks von Japan Tobacco International in Trier sagte, dass es um die Frage gehe, inwieweit man in Deutschland ansässige Unternehmen im Vergleich zum europäischen Wettbewerb benachteilige, denn dafür gebe es kein Argument. Sie sei „zuversichtlich“, dass der Gesetzentwurf vor der Einbringung in den Bundestag noch geändert und entschärft werde.

Trotz dieser schwierigen politischen Debatten und dem mit TPD2 einhergehenden befürchteten Markensterben versenden die Konzerne insgesamt positive Signale: „Wir sind zuversichtlich, dass sich unser Portfolio für Fabrikzigaretten und Feinschnitt auch weiterhin positiv entwickeln wird“, heißt es beispielsweise auf Anfrage aus dem Haus des Marktführers Philip Morris. Ähnlich wie die Wettbewerber hat auch der Hersteller von unter anderem Marlboro angesichts der sich verschlechternden Rahmenbedingungen den Kopf nicht in den Sand gesteckt und auch in diesem Jahr auf das Thema Innovation gesetzt und damit signalisiert, dass man bei der klassischen Zigarette nach wie vor Impulse setzen kann. Ein Beispiel hierfür ist die „Marlboro Advance“, eine Zigarette mit zurückgesetztem Filter und ein Zigarettenpapier, das für weniger lockere Asche sorgt. Die Neuheit wurde ebenso wie ein ähnliches Produkt von BAT massiv beworben.

Auch die Nummer Zwei im Markt, Reemtsma, lässt sich von den immer schärfer werdenden gesetzlichen Restriktionen nicht einschüchtern: „Wir sind sicher, auch nach Einführung der Tabakproduktrichtlinie weitere Zuwächse für unsere strategisch wichtigen Marken zu generieren“, sagt Kaib. Auffallend war der Schritt, Route 66 in die West-Markenfamilie zu integrieren. Auch dies ein Beispiel für die Konsolidierung des Marktes. Um den Konsumenten den Übergang zu erleichtern, wurden die Route 66-Feinschnittprodukte von Oktober bis Dezember 2015 zunächst mit kombinierten Logos beider Marken verkauft. Der Grund für diesen Schritt sei laut Unternehmen eine klare Fokussierung des Feinschnittportfolios. „Reemtsma steht für ein komplettes Tabakportfolio in allen Segmenten. Wir setzen einen klaren Fokus auf unsere stärksten Markenfamilien JPS, Gauloises, Davidoff und West und auf die richtigen Strategien in den unterschiedlichen Segmenten”, sagt Kaib. Die Kernmarken haben zudem 2015 neue Verpackungen bekommen und werden mit Kampagnen und PoS-Kommunikation unterstützt.

Schaut man sich die Trends im Markt an, so hat sich die letzten Jahre nicht viel geändert. Nach wie vor stehen zusatzstofffreie Zigaretten, Großpackungen und Volumentabak hoch im Kurs der Verbraucher. Die Packungsgrößen XL und XXL (ganz aktuell sind im Zigarettenmarkt auch XXXL-Varianten erhältlich) würden laut Philip Morris besonders von preissensiblen Kunden geschätzt. Vor allem im Niedrigpreissektor hätten sich Großpackungen mittlerweile zum bedeutendsten Packungsformat entwickelt, denn im Vergleich zu den Originalpackungen bieten sie einen nicht zu unterschätzenden Preisvorteil. Auch im Segment der Premiumzigaretten sollen dadurch preisbewusstere Kunden in ihrer Wahl für ein solches Produkt bestärkt werden. Die Philip Morris GmbH ist hier mit den drei Hauptmarken Marlboro, L&M und Chesterfield aufgestellt.

E-Zigaretten: Große Verunsicherung

Der Markt für E-Zigaretten entwickelt sich positiv. Die Tabakproduktrichtlinie aber bringt Verunsicherung.
Im Mai 2016 läuft die Frist für die Umsetzung der Europäischen Tabakproduktrichtlinie, kurz TPD 2 genannt, in deutsches Recht ab. Die Auseinandersetzung um die Formulierung des deutschen Gesetzes ist in vollem Gang. Erstmalig werden auch Produktion und Vertrieb so genannter E-Zigaretten reguliert. Bisher werden diese Produkte genauso, teilweise sogar schlechter behandelt als traditionelle Tabakwaren. Bisher findet die Tatsache, dass es sich um unterschiedliche Produkte handelt, keine große Berücksichtigung. Sollten die vorliegenden Gesetzentwürfe so in nationales Recht umgesetzt werden, sind nach Schätzungen des Bündnis für Tabakfreien Genuss e.V. (BfTG) existenzbedrohende Umsatzeinbußen von bis zu 80 Prozent in einem noch jungen, von unabhängigen, kleineren und mittleren Unternehmen geprägten Markt die Folge.

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