WPR Grünes Potenzial nutzen

Nachhaltige Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel sind aus den Regalen nicht mehr wegzudenken. Konsumforscher sind überzeugt: Hier steckt noch mehr drin.

Dienstag, 07. September 2010 - Sortimente
Hedda Thielking

Klimawandel, CO2-Emissionen und Ökologie sind für viele Verbraucher keine böhmischen Dörfer. Im Gegenteil: Immer mehr wollen aktiv etwas für den Umweltschutz tun. Beim Einkauf von Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln (WPR) beispielsweise achten sie verstärkt auf umweltverträgliche Produkte und solche, die helfen, Energie zu sparen. „Grüne“ Produkte von Öko-Herstellern sind schon lange auf den Markt. Inzwischen haben auch Hersteller herkömmlicher WPR auf das veränderte Konsumverhalten mit passenden Produkten reagiert. Grund genug für die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK, Bereich GfK Panel Services), das Thema „Nachhaltigkeit in WPR-Märkten“ im Rahmen einer Multi-Client-Studie unter die Lupe zu nehmen. Die Konsumforscher wollten u. a. wissen, wie sich der nachhaltige WPR-Markt entwickelt hatte, wer die Käufer waren und wo sie einkauften. Berücksichtigt wurden WPR-Produkte mit bestimmten Begriffen wie „ökologisch“, „biologisch“ oder „Natur“ auf der Verpackung. Ebenso flossen Artikel mit Produkteigenschaften wie phosphatfrei oder „weitgehende biologische Abbaubarkeit der Inhaltsstoffe“ mit ein. Die GfK kam dabei zu folgenden Ergebnissen:

Mit einem Marktanteil von 2,4 Prozent am Gesamtsortiment besetzen nachhaltig orientierte WPR zwar eine Nische, aber die Wachstumsrate ist beachtlich. So stieg der Umsatz um satte 29 Prozent (im Zeitraum Juni 2008 bis Mai 2009 gegenüber Juni 2007 bis Mai 2008). Die Käuferreichweite erhöhte sich von 20,3 auf 25,2 Prozent. Demnach kaufte jeder vierte Haushalt (insgesamt 7,6 Mio. Haushalte) im nachhaltigen WPR-Markt ein. Theoretisch könnten also noch drei Viertel aller Haushalte für die „grünen“ Produkte erschlossen werden, heißt es in der Studie. Mehr noch: Die Käufer des nachhaltigen Segments gaben insgesamt 75,64 Euro für WPR aus, und damit wesentlich mehr als alle WPR-Käufer. Deren Ausgaben beliefen sich auf rund 58 Euro. Allerdings deckten die Käufer des nachhaltigen Segmentes erst 7 Prozent ihres WPR-Bedarfs über nachhaltig orientierte Produkte.

Nachhaltige WPR-Käufer verfügten außerdem über ein deutlich höheres Einkommen und waren eher etwas älter als der Durchschnitt der WPR-Käufer. Intensiv-Käufer – sie hatten mindestens drei Mal nachhaltige WPR gekauft – achteten besonders auf Produktqualität und weniger auf den Preis. Und so ist für die GfK sicher: In diesem Segment steckt noch großes Potenzial. Vor allem in Waschmittel- und Weichspüler-Kategorien seien nachhaltige Produkte noch unterrepräsentiert. Außerdem sei die Treue zu diesen WPR-Produkten noch ausbaufähig.

Ein Blick auf die Vertriebswege: Drogeriemärkte hatten am gesamten WPR-Markt einen wertmäßigen Marktanteil von rund 25 Prozent. Im nachhaltigen Segment war er deutlich höher. Hier erzielten die Drogeriemärkte laut GfK einen Marktanteil von 36 Prozent. Rund 24 Prozent entfielen auf SB-Warenhäuser. Discounter kamen während des Erhebungszeitraums auf 10,7 Prozent. Allerdings konnte sich Lidl mit seinem nachhaltigen Allzweckreiniger-Segment gut behaupten. Die Marktanteile in den verschiedenen Einkaufsstätten lassen vermuten, dass die Drogeriemärkte vom Wachstum am meisten profitieren.


Die Hersteller von WPR waren mit der Entwicklung des Geschäfts im vergangenen Jahr trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage zufrieden. Absatz und Umsatz der Marke Frosch entwickelten sich laut Werner & Mertz sehr positiv. Zu den Gewinner-Produkten zählten Frosch Lavendel Urinstein- und Kalk-Entferner, sowie Frosch Oase Raumerfrischer Wasserlilie. „Die umweltbewussten LOHAS (Lifestyle of health and sustainability) werden auch in diesem Jahr 30 bis 40 Prozent der deutschen Konsumenten ausmachen. Daher wissen wir, dass dieser Markt immer noch wachstumsträchtig ist“, sagt Birgitta Schenz, Bereich Unternehmenskommunikation. Allerdings werde sich bald die Spreu vom Weizen trennen. Der Konsument werde erkennen können, welche Marke Nachhaltigkeit lebt und welche nicht.

„Wachstums-Spitzenreiter“ waren bei Ecover der WC-Reiniger Atlantikfrische, das Waschpulver Color und der Weichspüler „Unter der Sonne“. Alle drei Produkte erzielten dreistellige Wachstumsraten. Ecover hält in Zeiten zunehmenden Wettbewerbs an seiner Innovationsstrategie fest. Das Unternehmen investiert viel in Forschung, um ökologische Produkte auf der Basis pflanzlicher Rohstoffe und Mineralien herzustellen. So seien Bio-Tenside ein Thema, das in der Zukunft eine noch größere Rolle spielen wird. Diese Tenside werden aus vollständig nachwachsenden Rohstoffen in einem neuartigen, energiesparenden Verfahren hergestellt und hätten eine höhere Reinigungskraft als Tenside auf Erdölbasis. Bereits im vergangenen Jahr brachte das Unternehmen vier Putzmittel mit Bio-Tensiden auf den Markt. Weitere Produkte sollen folgen.

Bei Henkel gehörten 2009 der Persil-Relaunch und die Einführungen von Persil ActicPower, Somat 9 und Somat Perfect Gel zu den Highlights. Georg Baratta-Dragono, Geschäftsführer des deutschen Wasch- und Reinigungsmittelgeschäfts von Henkel, freut sich auf jedes neue Produkt auf dem Markt, das besonderen Wert auf Nachhaltigkeit legt. Es zeige, wie wichtig dieses Thema heute und auch künftig sein werde. „Doch bisher sind es wenige Hersteller, die werblich massiv in das Thema Nachhaltigkeit investieren wie wir mit der Marke Terra Activ“, stellt der Gechäftsführer fest. Unter der Marke Terra Activ bietet Henkel fünf Reiniger-Varianten und zwei Waschmittel an.

Investiert wird auch in Produkte, die helfen, Energie zu sparen. Markenhersteller wie Henkel und Procter & Gamble sehen ein großes Potenzial in Waschmitteln, die schon bei Waschtemperaturen von 15 bis 20 Grad wirksam sind. Die Verbraucher seien bereit, bei geringeren Temperaturen zu waschen, wenn sie keine Kompromisse beim Waschergebnis eingehen müssen. So soll Ariel Excel Gel von Procter & Gamble schon im Kaltwaschgang ein exzellentes Waschergebnis liefern.

Henkel bringt im März weitere Color-Produkte von Spee und Weißer Riese auf den Markt, die schon bei 20 Grad Waschtemperatur wirken. Bereits 2009 launchte Henkel Persil Gold mit neuer Rezeptur für bessere Fleckentfernung ab 20 Grad. Hinzu kam Persil ActicPower. Diese Flüssigwaschmittel kommen laut Hersteller mit der Hälfte der bisherigen Dosierung aus, entwickeln schon ab 15 Grad ihre Waschkraft. „Gleichzeitig wissen wir, dass bei diesen niedrigen Temperaturen Textilien nicht genauso hygienisch rein werden wie bei etwa 60 Grad. So kann die Anzahl der Keime und Krankheitserreger steigen, die in Textilien zurückbleiben, wie Fuß- und Hautpilze oder Bakterien, die Magen-Darm-Erkrankungen hervorrufen“, sagt Baratta-Dragono. Deshalb gibt es seit Januar den Persil Hygiene Spüler. Er wird zusätzlich zum Waschmittel verwendet und soll 99,99 Prozent der Bakterien und spezielle Keime zuverlässig auch im Kaltwaschgang sowie bei der Handwäsche beseitigen.


{tab=Der WPR-Markt}
Ein Blick auf den gesamten WPR-Markt: Der Umsatz mit Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln erhöhte sich laut The Nielsen Company um 4,3 Prozent (Dezember 2008 bis November 2009 vs. Vorjahreszeitraum; Deutschland inkl. Aldi). Markenprodukte verbuchten einen Umsatzanteil von fast 73 Prozent. Der Umsatz von Markenprodukten lag etwas unter dem Durchschnitt, der von Eigenmarken fiel leicht überdurchschnittlich aus. Vergleicht man den Absatz der verkauften Verpackungseinheiten, legten nur die Eigenmarken zu. Zu bedenken ist bei den Absatzzahlen jedoch, dass die Packungsgrößen der Hersteller stark differieren. Das Umsatzplus geht vor allem zugunsten der Verbraucher- und Drogeriemärkte. Auffällig ist: Die kooperierenden Discounter erwirtschafteten zwar nur 8 Prozent vom Gesamtumsatz, sie erzielten mit 16,6 Prozent aber die höchsten Wachstumsraten. Aldi, Lidl und Norma verloren leicht an Umsatz. Bei Waschmitteln ging der Wert um mehr als 6 Prozent zurück.



{tab=Diagramm, Starke Discounter}
WPR-Umsatzverteilung nach Vertriebslinien in Mio. Euro; Dezember 2008 bis November 2009; Veränderungen in Prozent.



Auch bei Ecover erkennt man für 15- bis 20-Grad-Waschmittel großes Potenzial. Aber: „Sie stellen für uns eine technologische Herausforderung dar, denn sie müssen wirksam sein und ökologisch funktionieren. Manche Inhaltsstoffe, die konventionelle Hersteller benutzen, würden wir in unseren Produkten nicht verwenden, weil sie nicht nachhaltig sind“, sagt Ecover Concept-Manager Peter Malaise. Ausschlaggebend seien „effiziente Wirksamkeit des Artikels und umfassende Nachhaltigkeit“. Letztere beginne bei Rohstoffgewinnung, Produktherstellung, Anwendung und der biologischen Abbaubarkeit. Wenn ein Produkt nicht wirkt, dann betrachten wir es als unnötige Umweltbelastung.“

Auch in der Kategorie Geschirrspülreiniger arbeiten Hersteller weiter an energie- und umweltbewussten Lösungen. In Sachen Geschirrspülreiniger stehen bei Reckitt Benckiser die Themen Energie sparen, Klima schützen und nachhaltiges Handeln im Vordergrund. „Spülmaschinen benötigen zirka 80 Prozent der Energie nur zum Aufheizen des Wassers“, sagt ein Unternehmenssprecher. Deshalb gibt Finish/Calgonit Verbrauchern verschiedene Empfehlungen, Energie zu sparen. So bräuchen Verwender von Finish/Calgonit-Produkten keine Programme mit hohen Temperaturen zu wählen, um ein „glänzendes“ Ergebnis zu erzielen. Es reiche ein ECO-Programm bzw. ein 50°C bis 55°C Programm aus. Mit dem Finish/Calgonit Quantum Relaunch 2009 brachte Reckitt Benckiser ein verbessertes Produkt für noch mehr Glanz auf den Geschirrspülmarkt.

Das neue Somat 9 von Henkel enthält u.a. einen Niedrigtemperatur-Aktivator. Damit kann das Geschirr schon bei 40 Grad gereinigt werden.

Ecover überarbeitete die Rezeptur der Spülmaschinen-Tabs. Diese kommen im April auf dem Markt. Der Launch wird von einem Aktions-XL-Pack mit 70 Tabs begleitet. Die Spülmaschinen-Tabs reinigen laut Hersteller dank einer neuen, nachhaltigen Tensid-Zusammensetzung noch wirksamer und entfetten effektiv. Die Tabs enthalten weder Phosphate, noch Phosphonate oder Chlor. Sie seien schnell und vollständig biologisch abbaubar. Um den Launch zu unterstützen, wird bereits ab März eine Aktionspackung des Geschirrspülmittels Zitrone & Aloe Vera (500 ml; 1 l) mit einer On-Pack-Probierpackung mit zwei Spülmaschinen-Tabs erhältlich sein. Mit On-Pack-Promotions, Öko-Power-Packs für Reinigungsmittel und weiteren Cross-Promotions soll der Absatz zusätzlich angekurbelt werden.

Industrie und Handel profitieren gleichermaßen von diesem Trend. Damit nachhaltige WPR-Produkte noch besser ankommen, wünschen sich manche Händler mehr Werbung, mehr Informationen zum Thema Nachhaltigkeit auf der Verpackung, eine moderne Verpackungsgestaltung, Kleingrößen zum Probieren und attraktive Preise.

{tab=Nachgefragt}
Es drängen immer mehr nachhaltige Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel auf den Markt. Wie steht es mit Nachfrage und Markentreue der Verbraucher im LEH?

Nachhaltige WPR-Produkte werden immer beliebter. Während jüngere Kunden mehr Eigenmarken-Artikel kaufen, greifen ältere lieber zu Markenprodukten. Ob Jung oder Alt, sie wechseln die Marken in der Regel nicht. WPR-Produkte von Ökomarken haben wir bisher nicht gelistet, da wir nicht genug Platz haben und die Nachfrage zu gering ist. Waschmittel, die schon bei 15 bis 20 °C verwendet werden können, tun sich noch schwer. Die Verbraucher können solche Produkte schlecht einschätzen. Es wird auch zu wenig Werbung dafür gemacht.
Dirk Wasmuth, Markpartner der Rewe Wasmuth OHG, Bielefeld-Sennestadt

Unsere Kunden fragen zwar vermehrt nach nachhaltigen WPR-Produkten, aber der Durchbruch ist noch nicht da. Vor allem konventionelle Hersteller sollten noch mehr im nachhaltigen WPR-Bereich tun und das Angebot erweitern. Da die Markentreue in dieser Warengruppe stark ausgeprägt ist, würden die Kunden am ehesten ökologische Produkte von „ihrer“ Marke kaufen. Außerdem sollten die Hersteller über die Vorteile ökologischer Produkte mehr informieren. Gut wären Informationen auf der Verpackung oder kleine Info-Broschüren als Zugabe.
Nora Peters, stellvertretende Marktleiterin Rewe Tibarg-Center, Hamburg

Beim nachhaltigen WPR-Segment handelt es sich um einen sehr schwierigen Markt. Reinigungsmittel laufen besser als Waschmittel. Gerade bei Waschmitteln bleiben die Kunden lieber bei ihrer Stammmarke. Öko-Produkte sind gut, aber sie werden wenig beworben. Die Nachfrage ist deshalb gering. Hinzu kommt, dass unsere Kunden in letzter Zeit preisbewusster geworden sind und mehr im Angebot kaufen. Sie sind deshalb auch nicht bereit, für ökologische WPR-Artikel einen höheren Preis zu bezahlen.
Achim Straßfeld, Inhaber Edeka Straßfeld, Kerpen-Sindorf



{tab=Neue Produkte}