Rüschens Kolumne Vom Wert eines Produktes

Viele Kunden schnallen den Gürtel enger. Einige Hersteller halten den Preis gleich, reduzieren aber Packungsgrößen und ändern Zutaten.

Dienstag, 24. Oktober 2023 - Management
Prof. Dr. Stephan Rüschen
Artikelbild Vom Wert eines Produktes
Bildquelle: Getty Images

Die Preiswürdigkeit eines Produktes ergibt sich aus dem Verhältnis von Preis und Leistung. Somit besitzen Hersteller und Händler zwei Stellhebel, die Preiswürdigkeit eines Produktes zu beeinflussen.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat als eine Konsequenz der Inflation zwei Strategien identifiziert, die zunehmend eingesetzt werden, um die Preissteigerung für den Kunden geringer aussehen zu lassen:

Shrinkflation: Die Verpackungsgrößen werden reduziert, aber der Preis und die Qualität des Produktes bleiben grundsätzlich identisch. Durch die Reduzierung des Verpackungsinhaltes wird jedoch die Preiswürdigkeit des Produktes verschlechtert, da der Kunde weniger Leistung für sein Geld bekommt. Die Verbraucherzentrale hat bereits 75 Produkte identifiziert, die dem Phänomen der Shrinkflation zuzuordnen sind.

Skimpflation: Bei dieser Strategie werden die Inhaltsstoffe geändert, indem weniger oder minderwertigere Inhaltsstoffe verwendet werden. Das englische Wort „skimp“ bedeutet „knausern‘“ oder auch „geizig sein“. Als Beispiele führt sie einen Brotaufstrich auf, der weniger Rapsöl und Butter enthält als zuvor. Oder Cerealien, bei denen Palmöl statt Sonnenblumenöl verwendet wird. Die Verbraucherzentrale geht jedoch davon aus, dass diese Fälle deutlich seltener vorkommen als Shrinkflation. Eine empirisch valide Grundlage liegt für beide Phänomene nicht vor. Verbraucherschutzministerin Lemke will nun solche „Mogelpackungen“ gesetzlich verbieten, sodass Verpackungen bei gleichem Inhalt nicht vergrößert und der Inhalt bei gleichbleibender Qualität nicht verringert werden darf.

Politischer Aktionismus
Brauchen wir dafür wirklich noch eine gesetzliche Regelung? Nein. Denn es handelt sich bei Shrinkflation und Skimpflation offensichtlich nicht um Massenphänomene, daher ist eine solche gesetzliche Regelung der Schublade „Überregulierung“ zuzuordnen. Politischer Aktionismus, mehr nicht. In Frankreich ist ein solches Gesetz im Oktober in Kraft getreten. Dadurch werden die Hersteller verpflichtet, ihre Produkte zu kennzeichnen, wenn sich bei gleicher Packung der Inhalt verringert hat. Die französische Supermarktkette Carrefour kennzeichnet bereits seit September solche Produkte für die Kunden.

Prof. Dr. Stephan Rüschen
Professor für Lebensmittelhandel, Duale Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn.