MLF Tagung in Kiel Moin moin vom Tüten-Meyer

Wie können Händler umweltbewusster agieren? Das ist die zentrale Frage auf der MLF-Tagung in Kiel. Gastgeber Jan Meifert alias „Tüten-Meyer“ und interessante Gäste geben Denkanstöße.

Mittwoch, 25. Oktober 2023 - Management
Heidrun Mittler
Artikelbild Moin moin vom Tüten-Meyer
Bildquelle: Christian Schmid

Die Situation war schon mal besser“, begrüßt Stefan Lenk, Vorsitzender des Vorstands der Mittelständischen Lebensmittel-Filialisten (MLF), die Gäste in Kiel. Vor allem die überbordende Bürokratie macht seiner Aussage nach den Einzelhändlern zu schaffen. Lenk nennt ein konkretes Beispiel, das Lieferkettensorgfaltspflicht- Gesetz: „Da wissen viele Händler noch gar nicht, was da auf sie zukommt.“

Stefan Giese, Sprecher der Geschäftsführung der Edeka Nord, pflichtet ihm bei. Er beobachtet bei Kunden, aber auch Händlern „Angst vor Wohlstands-Verlusten“. In der aktuellen Lage sind die Lebensmittelhändler in der Zwickmühle: Einerseits steigen die Kosten, andererseits sinken die Margen. Hinzu kommt die Kaufzurückhaltung der Kunden – eine ungünstige Konstellation. Oder, wie Rewe-Kaufmann Lenk mit Blick auf die Rekordumsätze während der Corona-Pandemie kommentiert: „Die große Party ist vorbei.“

Das 167. Arbeitstreffen der MLF-Kaufleute wurde ausgerichtet von der Edeka-Familie Meyer mit Sitz in Neumünster. Gastgeber Jan Meifert stellt sich den Teilnehmern als überzeugter Naturschützer vor. Er hat dem Treffen ein Motto mitgegeben, das zum Nachdenken anregen soll: „So reicht das nicht!“ Die Aussage stammt aus einem Buch von Ulrich von Weizsäcker, Professor der Naturwissenschaften und Politiker. Weizsäcker zieht am letzten Tag der Tagung die Zuhörer persönlich in seinen Bann.

"Jeder Händler stellt seine Märkte für den Wettbewerb auf. Wir müssen auch die Erde wettbewerbsfähig machen!“."
Jan Meifert, Inhaber Edeka Meyer’s

Vorreiter beim Plastiksparen

Gastgeber Jan Meifert hingegen zeigt an praktischen Beispielen, warum ihn das Thema Naturschutz umtreibt. Er hat schon 2014 beim Spaziergang im Wald häufig Plastiktüten gefunden, die das Logo „Edeka Meyer’s“ trugen. Gleichzeitig wurde ihm bewusst, wie groß das Problem von Plastikstrudeln im Meer ist. „Das kriegt man nicht mehr aus dem Kopf raus“, berichtet er. Seine Reaktion: Plastiktüten aus dem Sortiment nehmen, Mehrweg-Taschen einführen und das Handeln mit einer aufmerksamkeitsstarken Spendenaktion begleiten. Allein im ersten Jahr hat der Edekaner rund 10.000 Euro Spenden gesammelt. Die Aktion, so berichtet Meifert, hat ihm damals den Spitznamen „Tüten-Meyer“ eingebracht.

Heute lässt der Kaufmann zudem den Gedanken der Mehrweg-Boxen an den Bedienungstheken wiederaufleben. Auch an der Fischtheke geht er in puncto Sortiment einen neuen Weg: So lässt er seine Krabben direkt an der Nordsee pulen, um sie dann in Bedienung anzubieten. Diese Krabben werden laut Meifert nicht nach Marokko verschifft, verursachen einen deutlich geringeren CO2-Ausstoß und benötigen weniger Konservierungsmittel als in Nordafrika gepulte Nordseekrabben.

Zudem versucht der Kaufmann, möglichst viele Menschen zu Mitstreitern zu machen. So hat er 2019 den Verein „Naturhelden“ gegründet, der unter anderem Blühwiesen anlegt und Insektenhotels aufstellt – ein Punkt für Artenvielfalt.

Denkanstöße für Kreislaufwirtschaft

„Kreislaufwirtschaft und Genuss“ wollen Inga Ali und Pascal Raschke mit mehreren Kollegen den deutschen Händlern zugänglich machen. Ali stammt aus der Kaufmannsfamilie Cramer aus Burgwedel, Raschke war 22 Jahre lang unter anderem im Produktmanagement bei der Edeka tätig. Die beiden betreiben ein Bio- Hotel und vermarkten unter „AllerLiebe“ verschiedene Feinkostprodukte. Dazu möchten sie mit anderen Partnern einen Mehrweg-Pool im Lebensmittelhandel aufbauen. Ein ambitioniertes Projekt, von dem man in den nächsten Jahren sicher noch einiges hören und lesen wird.

Zu den wichtigsten Punkten der Tagung gehört wie immer ein Rundgang durch die Meyer’schen Supermärkte. Hier zeigt sich die Bandbreite der vier Standorte in Neumünster. Flaggschiff ist das Freesen-Center auf 5.300 Quadratmetern Verkaufsfläche. Der ehemalige Real-Markt ist heute die größte Edeka-Fläche in Schleswig-Holstein, mit einem Jahresumsatz von knapp 30 Millionen Euro. Mit einer hohen Flächenleistung punktet der Standort in der Goethestraße, der schon 2016 von der Lebensmittel Praxis zum „Supermarkt des Jahres“ gekürt wurde. Zwei Nahversorger machen das Bild komplett: ein Geschäft am Hansaring, ein weiteres in der Mühlenstraße. Hier gilt es für die Teilnehmer, sich Inspirationen für den eigenen Alltag zu holen.

Wer hart arbeitet, soll auch anständig feiern – dieser Devise folgen die MLFler beim Abendprogramm. Die Temperaturen sind eher sommer- als herbstlich, als sich die Tagungsgäste zur Schiffstour auf der Kieler Förde einfinden – mit DJ Jakob Wehrmann (Edeka Wehrmann, Hiddenhausen) am Mischpult. Die nächste MLF-Tagung findet vom 12. bis 15. Mai in Berlin statt, Gastgeber sind die Rewe-Kaufleute Soran und Sulaf Ahmed.