Test der Besten Das macht den Unterschied

Die strenge Fachjury für den „Supermarkt des Jahres“ zeichnet mit Recht nur die Besten der Besten aus. Können diese Märkte ihr hohes Niveau auch über Jahre halten? Die LP hat nachgeprüft.

Dienstag, 24. Oktober 2023 - Management
Reiner Mihr, Silvia Schulz
Artikelbild Das macht den Unterschied
Bildquelle: Moskopp

Vorweg: Die Bilanz des Bestentests der 2020er-„Supermärkte des Jahres“ ist durchwachsen, die Unterschiede groß. In der nachträglichen Bewertung durch die LPTester erreichte ein Markt 12 Prozent, ein anderer 88. Dabei lagen sie alle einmal bei 100 Prozent. Wie kann das sein?

Die ausgezeichneten Supermärkte zeichnen sich damals wie heute durch einen stimmigen Ladenbau aus. Bei Erlebnis, Serviceorientierung und emotionaler Einkaufsatmosphäre gibt es die ersten größeren Unterschiede. Inspiration und persönliche Kundenbedienung sind die Stärken der ausgezeichneten Märkte, zumindest im Jahr der Auszeichnung. Das jeden Tag auf der Fläche umzusetzen, ist die dringendste und schwierigste Aufgabe des Händlers. Dass das nicht immer gleich gut gelingt, zeigt der 2020er-Bestentest, der wie immer nur eine Momentaufnahme ist.

Der Kunde sieht fast alles

Der Bestentest basiert auf der Kundensicht, bewertet also keine wirtschaftlichen Kennziffern. Immer verzichtbar sind zugestellte Gänge, die den Griff ins Regal erschweren oder gar unmöglich machen. Aber auch Regallücken im gesamten Sortiment, fehlende Kundenführung, Schmuddelecken schätzt niemand. Und Kunden- WCs, deren Benutzung eine Zumutung ist, schrecken ab. Was aber (fast noch) schlimmer wiegt, sind Mitarbeiter, die sich vor dem Kunden verstecken, anstatt aktiv auf ihn zuzugehen und ihn anzusprechen. Man mache sich nichts vor: Es hat Folgen, die nachwirken, wenn der Kunde - vor allem menschlich - enttäuscht wird. Zum Beispiel wenn der Kunde mit einer Frage einfach stehen gelassen wird, wenn es an Freundlichkeit mangelt. Wenn dann noch fehlendes Fachwissen hinzukommt, ist kein Personal auf der Fläche beinahe besser.

Positives überwiegt

Zum Glück überwiegen die positiven Erlebnisse. Viele Märkte beeindrucken mit Atmosphäre. Dazu gehören ein durchdachtes Ladenlayout, viel Tageslicht im Markt und/oder gut durchdachte Lichtkonzepte, eine gefällige, wohlige Gestaltung und der Einsatz von Naturmaterialien. Zum Positiven zählen auch Services, die vom Kunden aus gedacht sind oder eine sich selbst erschließende Kundenführung, Übersichtlichkeit im gesamten Markt, Verweilmöglichkeiten und gastronomische Angebote. Das Sortiment spricht den Kunden an und Beson - der heiten wie regionale Artikel und Spezialitäten von hier, aber auch aus aller Welt sind in Szene gesetzt. Die unangefochtenen Stars sind die Bedientheken. Hier sind Mitarbeiter nötig (und die Tester wissen, wie schwer das gerade ist), die ihren Job gerne machen. Und es gibt sie: die, die mit Probierhäppchen Kunden aktiv ansprechen und an die Theke locken, Fragen werden nicht immer zu 100 Prozent richtig, aber emotional kompetent beantwortet, und das ist es, was „Supermärkte des Jahres“ von anderen, aber vor allem vom Discount, von unbemannten Einkaufsstätten und vom Onlinekauf unterscheidet: gelebte, herzliche Kundenhinwendung.

Das Gesamtergebnis der Märkte

 Elli  Rewe  Prechtl  WEZ

 12

 3

 21

 11

 Sterne (50%)  Sterne (12%)  Sterne (88%)  Sterne (46%)

Viel Licht, aber auch Schatten

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Elli
Kaunitzerstraße 61
33758 Schloss Holte-Stukenbrock
Gewinner beim SDJ in der Kategorie: Filialisten bis 2.000 m2

Außen überzeugt der Markt mit erkennbarer Zufahrt, großzügigen Parkplätzen und Einblick. Innen: modern, lichtdurchflutet und mit gefälliger und wohliger Gestaltung. Die Obst- und Gemüseabteilung, in warmes Holz gebettet, sorgt für Atmosphäre. Regionale Artikel sind auffällig und prominent in Szene gesetzt. Dann kommt doch noch die Enttäuschung: Out-of-Stocks ohne Ende, kein Personal auf der Fläche. Gut besetzt sind die ansprechenden Bedientheken und Kassen. Die Bedienung glänzt mit Präsenz, Qualität und Frische.


+++ Verweilmöglichkeiten

++  angenehmes Ladenlayout

--- Personal(-mangel), evtl. durch Urlaubszeit?

 

Die große Enttäuschung

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Rewe Grünhof
Eschersheimer Landstraße 221
60320 Frankfurt am Main
Gewinner beim SDJ in der Kategorie: Filialisten ab 2.000 m2

Rewe Grünhof holte die Trophäe gleich zweimal, 2008 und 2020. Der Nach-Test enttäuscht. Mitarbeiter, die Kunden aus dem Weg gehen, Paletten zuhauf in jedem Gang – Ware und Pappensammler. Entspannt einkaufen geht anders. Kundenfragen werden weder fachlich korrekt noch freundlich beantwortet. Bemühen ist Fehlanzeige. Die Rettung ist die Käseverkäuferin, vor allem aber die Kassiererin. Sie lächelt, fragt nach Payback, Leergut-Bon und Parkticket – schaltet es frei. Dumm, dass die Tester trotz Nicht-Überschreitung der Höchstzeit bezahlen müssen.


+++ die Käse-Verkäuferin spricht vorbeigehende Kunden geschickt an
---  Kunden-WC: unterirdisch
---  Out-of-Stock ohne Ende

 

Mensch im Mittelpunkt

bild
Edeka Prechtl
Friedrich-Fuckel-Straße 3
83064 Raubling
Gewinner beim SDJ in der Kategorie: Selbstständige bis 2.000 m2

Die Kernkompetenz des Marktes: Es menschelt an allen Kundenkontaktpunkten, denn bei E Prechtl steht der Mensch im Mittelpunkt. Das spürt der Kunde in jeder Abteilung, im Getränkemarkt und auch in der Boutique. „E Prechtl – hier geht’s mir gut“ – der Slogan ist Programm und wird von Mitarbeitern mit Leben gefüllt. Sie begegnen Kunden herzlich und auf Augenhöhe. Dazu laden Ladenbau, Einrichtung, Atmosphäre und Sortiment zum entspannten Einkaufen und Bummeln durch den Markt ein. Regional einkaufen und genießen ist hier zu Hause.


+++ kompetente Mitarbeiter
+++ Kundenhinwendung
++  überzeugende Atmosphäre

 

Cooler Markt mit Schwächen

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WEZ
Weserstraße 73
32547 Bad Oeynhausen
Gewinner beim SDJ in der Kategorie: Selbstständige ab 2.000 m2

Der Markt ist großzügig, und die Kundenführung erleichtert die Übersicht. Bodentiefe Fenster, helles Mobiliar und ein durchdachtes Lichtkonzept sorgen für Tageslicht im Markt. Wie aus der Zeit gefallen scheinen dagegen die niedrige Raumhöhe und lange Regalgondeln. Auf und neben dem Loop findet sich der Neukunde schnell zurecht. Das Highlight im Markt sind definitiv die Bedientheken. Einziger Wermutstropfen: das Personal. Auf die gestellten Fragen wurde weder mit Fachkompetenz noch mit emotionaler Stärke und Kundenhinwendung reagiert.


+++ Übersichtlichkeit im Markt
+++ Präsentation an den Theken
---  angesprochene Mitarbeiter sind nicht hilfsbereit

 

TEST DER BESTEN - So wurde geprüft

Der Bestentest besteht aus vier Rubriken: Look & Feel, Personal, Service und Sortiment. In jeder Rubrik gibt es zehn Unterpunkte, sodass alle Rubriken gleichwertig in das Ergebnis einfließen.

Look & Feel: Ladenlayout, Ambiente, Einrichtung und Einrichtungsstil, Ordnung, Sicherheit, Sauberkeit, Verweilmöglichkeiten und gastronomische Angebote, Aufenthaltsqualität, Atmosphäre und Erlebnis

Personal: Erscheinungsbild, Präsenz, emotionale Kompetenz, fachliche Kompetenz, Freundlichkeit, Aufmerksamkeit, Hilfe (wo nötig), Aktivität (wie schnell und wie lange), Kundenhinwendung und Privatgespräche

Service: Zufahrt & Zugang, Parkplätze, Leergutannahme (Standort), Öffnungszeiten, Hygienestation/WC, Kundenführung, Übersichtlichkeit, Wartezeiten, Servicepunkt/Kundeninfo, Bring- und Lieferdienst/Click and Collect

Sortiment: Gesamtheit, Vielfalt, Besonderheiten/Spezialitäten, Verfügbarkeit, Präsentation, Preisauszeichnung, Qualität, Frische, Hygiene, Zugänglichkeit

Fragen, um die fachliche und emotionale Kompetenz der Mitarbeiter bewerten zu können.

Das Wertungssystem:

10 Punkte pro Kategorie. Ist alles bestens, können Märkte das Maximum, 100 Prozent, erreichen.

Die Prozente werden in Sterne umgemünzt:

100 % = 6 Sterne
90 % = 5 Sterne
80 % = 4 Sterne
70 % = 3 Sterne
60 % = 2 Sterne
50 % = 1 Stern

Der vollständige Test kann abgerufen werden: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

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