Onlinehandel Generation APP - Nach wie vor eine Nische

Ein Jahrzehnt nach dem Hype um Internet-Supermärkte, als 10 Prozent Marktanteil im Jahr 2010 schon ausgemachte Sache war, bleibt das Geschäft schwierig. Es haben sich verschiedene Modelle etabliert. Hoffnungen ruhen auf Impulsen durch technische Neuheiten wie Smart Phones und nachrückende Käufergenerationen.

Mittwoch, 01. September 2010 - Management
Markus Oess

Er kennt sich mit Online-Shopping bestens aus und hat bereits viele Verbraucher dazu befragt. Peter Sonneck, Senior Consultant Consumer & Retail bei TNS Infratest, über den typischen Internetkäufer:

Herr Sonneck, hat sich der Onlinehandel mit Lebensmitteln neu erfunden?
Peter Sonneck: Der Onlinehandel mit Lebensmitteln hat in Deutschland nach wie vor Nischen besetzt: Bei Gourmet, Bio, Schokolade, Müsli, Saft & Co. ist E-Food heute erfolgreich. Der Onlinehandel mit Lebensmitteln wird sich jedoch erst dann neu erfinden, wenn es gelingt, ein Massenpublikum mit einem Vollsortiment anzusprechen, das sich bei Bedarf, Bestellung und Lieferung stärker an den alltäglichen Einkaufsgewohnheiten der Konsumenten orientiert.

Wie sieht der typische Online-Käufer aus?
Rund 10 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren haben im Jahre 2009 schon einmal Lebensmittel, Delikatessen oder Getränke online gekauft. Der typische Lebensmittel-Online-Käufer ist zwischen 30 und 50 Jahren alt, hat mindestens einen mittleren Bildungsabschluss, lebt in einem 3-Personen-Haushalt und verfügt über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang Vertrauen zum Händler?
Das grundsätzliche Vertrauen der Käufer in „ihre“ Lebensmittel-Online-Händler stufe ich als sehr hoch ein: 9 von 10 Kunden haben bei diesen Einkäufen positive Erfahrungen gemacht. Meiner Einschätzung nach muss aber für einen Massenmarkt noch viel Aufbauarbeit in punkto Vertrauen geleistet werden, insbesondere wenn es um das Thema Frische geht. Kaum ein Endverbraucher weiß, dass bereits heute sensible Lebensmittel – wie zum Beispiel Frischfleisch – ohne Unterbrechung der Kühlkette bis zum Verbraucher geliefert werden können.

Was hat sich bei den Sortimenten getan?
Der überwiegende Anteil der Online-Anbieter ist nach wie vor auf Nischen spezialisiert. Nur einzelne Händler bieten ein umfassenderes Warensortiment an, klammern dann jedoch den Frischebereich aus und bieten überdies nur eine sehr begrenzte Auswahl je Warengruppe an.

Hat der Handel die Logistik hinsichtlich frischer, kühlbedürftiger Artikel im Griff?
Die wenigen Internet-Anbieter mit kühlbedürftigen Frischeartikeln wie Fleisch, Obst oder Gemüse haben die Logistik bereits heute im Griff. Die Supply Chain des klassischen Einzelhandels ist jedoch auf das Stationärgeschäft ausgerichtet. Um dem E-Food-Bereich in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen, braucht es meiner Meinung nach einen starken Stationärhändler als Vorreiter, dem die Konsumenten Vertrauen entgegen bringen. Ein solcher Stationärhändler müsste jedoch zunächst eine kostenintensive Logistikkette aufbauen, was unter den besonderen wettbewerbsintensiven Bedingungen ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellt.

Kann Online die Alternative für wohnortnahe Versorgung werden, z.B. auf dem platten Land, oder bleibt es eine Nische?
Die heutigen E-Food-Käufer wohnen in Großstädten. Daran wird sich auch in naher Zukunft nichts ändern, denn in diesen Gebieten dürfte die Investition in die Logistikkette aufgrund der Bevölkerungsdichte am vielversprechendsten sein. Viel wird davon abhängen, welche Zustell- (oder auch Abholmöglichkeiten) geschaffen und akzeptiert werden. Packstationen könnten hier eine sinnvolle Option sein, ermöglichen sie doch die „Zustellung“ ohne vorherige Terminvereinbarung und sind unabhängig von Ladenöffnungszeiten.