Kaiser‘s Tengelmann Berlin in gelb und blau

Woche für Woche verschwindet in Berlin ein halbes Dutzend Kaiser‘s-Filialen aus dem Stadtbild. Die Edeka Minden-Hannover treibt den Farbenwechsel zügig voran und hat in der Hauptstadt noch viel vor.

Donnerstag, 30. März 2017 - Management
Tobias von Heymann
Artikelbild Berlin in gelb und blau
Bildquelle: Santiago Engelhardt

Über dem Eingang hängen Girlanden aus Luftballons in blau und weiß – und schon gleich dahinter steht ein gut gefüllter Einkaufswagen mit Waren des täglichen Bedarfs. Ein Schild daneben nennt Fakten zum Start unter neuer Firmenflagge: Auf den Cent genau sparen Edeka-Kunden jetzt 23,68 Euro im Vergleich zu vorher. „Im Durchschnitt wollen wir insgesamt 6 Prozent günstiger sein als Kaiser’s“, erklärt Mark Rosenkranz, Vorstandssprecher von Edeka Minden-Hannover, die Botschaft des plastischen Einkaufsbeispiels für die Kunden. Gleichzeitig will die wirtschaftlich erfolgreichste Regionalgesellschaft des Edeka-Verbunds mit der neuen Preispolitik auch ihren Umsatz in der Metropole steigern. „Unser Ziel ist, die Umsätze mittelfristig in den kommenden fünf Jahren im Vergleich zu den früheren Kaiser’s-Märkten um 20 bis 25 Prozent zu steigern“, sagt Rosenkranz. „Dabei haben wir außerdem den Anspruch, unseren Kunden eine tiefere und breitere Auswahl an Produkten zu bieten.“

Etwa 40 Prozent der Artikel tauschte Edeka im Zuge der Übernahme stufenweise aus. Statt bis zu 300 Artikeln der „Jeden Tag“-Eigenmarke von Kaiser’s sind jetzt über 1.200 Artikel der Edeka-Preiseinstiegsmarke „Gut & Günstig“ discountgünstig zu haben – als Teil von insgesamt 2.500 Eigenmarken-Produkten. Der Übergang lief dabei Schritt für Schritt und im laufenden Betrieb. Inzwischen sind jetzt nicht nur 12.500 Etiketten allein an den Regalen der Tempelhofer Filiale ausgetauscht: In dem 1.350 qm großen Supermarkt finden sich auch nur noch sehr vereinzelt die alten Marken – fast alles ist abverkauft.

„Schon gleich nach Unterzeichnen der Verträge Mitte Dezember 2016 haben wir mit der Integration der Kaiser’s-Märkte begonnen“, sagt Rosenkranz. Bis Ende Mai soll an allen Supermärkten das berühmte Kaffeekannen-Logo abmontiert – und die Standorte vollständig Teil der Edeka-Welt sein: Sie ergänzen dann die bereits etwa 120 Edeka-Standorte in der Hauptstadt. „Wir haben in den vergangenen Monaten mit unserer Vertriebsmannschaft sämtliche 61 Kaiser’s-Märkte je zweimal besucht, um zu informieren, die neuen Mitarbeiter kennenzulernen und um Unsicherheiten abzubauen“, sagt Rosenkranz. So übernahm Edeka sämtliche der 2.526 ehemaligen Kaiser’s-Mitarbeiter in Berlin. Sie haben jetzt eine Beschäftigungsgarantie für fünf Jahre.

Das gilt auch für die 33 Mitarbeiter von Edeka am Tempelhofer Damm, die entsprechend motiviert den Wechsel zu den neuen Betreibern unterstützten. Sie alle haben an Schulungen teilgenommen, um die neuen Abläufe, logistischen Themen und technischen Prozesse von IT- und Kassensystemen kennenzulernen und zu erproben. „Von den 61 Märkten haben wir inzwischen 45 technisch umgestellt, bis Ende März wollen wir diese Arbeit abgeschlossen haben“, sagt Torsten Krethlow, Vertriebsleiter für Berlin. „Bis dahin wollen wir in allen Märkten die IT-Strukturen angeglichen sowie die Warenwirtschaft angepasst haben.“ So optimierte Edeka die Lieferwege, erweiterte das Obst- und Gemüseangebot, stellte auf eigene Fleischlieferanten um und sortierte die Regale nach eigenen Konzepten neu. „Bislang waren bei Kaiser’s die Weine nach Region zusammengestellt“, sagt Krethlow. „Jetzt ordnen wir sie nach ihrer Farbe und geben den Kunden dazu noch Hinweise zu den Weinen wie etwa deren Geschmacksnote.“

Ab sofort an jedem Dienstag gibt Edeka zudem einen Rabatt von 20 Prozent auf Wurstwaren. Und der frühere „Backstop“ heißt jetzt „Edeka-Backstube“: Alle Filialen erhalten ihr frisches Brot nun von der Traditionsbäckerei Schäfer’s, die in Berlin die Backwaren auch frisch produziert. „Herausfordernd war in diesem ganzen Prozess das Umstellen von der zentralseitigen Bestellung bei Kaiser’s auf unser dezentrales System“, sagt Krethlow. Das alte Verfahren, das ausgehende Waren automatisch nachbestellte, ist Vergangenheit. „Jetzt haben die Mitarbeiter deutlich mehr Freiheiten und entscheiden selbst, welche Artikel sie in welcher Menge nachbestellen.“ Diese Flexibilität bei der Warenwirtschaft, die günstigeren Preise sowie das größere Angebot sollen die Erfolgsgeschichte von Edeka Minden-Hannover auch in Berlin weiterschreiben. Pro Woche verschwindet jetzt ein halbes Dutzend früherer Kaiser’s-Schriftzüge für immer aus dem Stadtbild Berlins: Vereinzelt fragen aktuell Sammler und Liebhaber nach, ob sie eine der alten Leuchtreklame-Schilder mit der Kaffeekanne erstehen können – als Souvenir und zur Dekoration.

Drei Fragen an Mark Rosenkranz

Was waren die größten Herausforderungen bei der Integration der Kaiser’s-Märkte in Berlin?
Eine große Herausforderung ist die technische Umstellung von so vielen Märkten innerhalb von nur zwölf Wochen. Das hat unser IT-Team hervorragend gemeistert. Die größte Herausforderung aber haben unsere neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus der Kaiser’s-Welt jetzt den Übergang in die Edeka-Welt schaffen. Wir bieten umfassende Schulungen und die persönliche Betreuung durch Teams aus bestehenden Edeka-Märkten an, aber es ist eine enorme Herausforderung für jeden einzelnen Mitarbeiter, wenn sich zahlreiche Arbeitsprozesse von einem Tag auf den anderen ändern. Vor dieser Leistung habe ich größten Respekt.

Welche Schritte stehen jetzt noch an?
Seit Jahresbeginn gab es zuerst die technische Umstellung. Dieser Schritt wird Ende März abgeschlossen sein. Aktuell folgt die vertriebliche Umstellung. Bis Ende Mai werden nahezu jede Woche sechs Märkte auch nach außen sichtbar auf Edeka umgestellt. Dies umfasst u. a. die Außenkennzeichnung, die gesamte Innenwerbung von Plakaten über Preisschilder bis hin zu Einkaufswagen und Arbeitskleidung, und selbstverständlich auch den Edeka-Handzettel.

Welche Erwartungen haben Sie an die geschäftliche Entwicklung von Edeka in Berlin?
Zukünftig gibt es in Berlin und dem Umland rund 180 Märkte unter der Marke Edeka. Wir haben uns vorgenommen, den Umsatz in den übernommenen Kaiser‘s-Märkten im Durchschnitt um 20 bis 25 Prozent zu steigern und in drei bis fünf Jahren Gewinne zu erzielen.

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