Interview mit Jean Ploner Probier‘ doch mal!

Zusammenbringen, was zusammen gehört: Gastronomie und Lebensmittelhandel nähern sich aneinander an. Was dabei erfolgversprechend sein kann, und was nicht, erklärt Konzept-Spezialist Jean Ploner.

Donnerstag, 08. Dezember 2016 - Management
Nicole Ritter
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Herr Ploner, gehen Sie manchmal in einen Supermarkt zum Essen?
Jean Ploner : Ich esse manchmal im Supermarkt. Ich glaube, das ist auch das, was die Menschen machen. Ein Supermarkt ist keine Destination, wo man Essen geht, sondern es ist ein Ort, wo man manchmal was isst.

Ist das dann Gastronomie?
Das ist durchaus Gastronomie – Gastronomie ist alles, was dem Magen guttut. Manche definieren Gastronomie klassisch mit Restaurant, mit Tischen, Stühlen und mit Service. Aber das ist ja schon längst nicht mehr der Fall. Die eigentliche Unterscheidung ist: Geht es um Verpflegung oder um Erlebnis? Erlebnisgastronomie braucht Tischdecken, braucht ein bisschen Drumherum. Je wertiger, desto besser, weil es die Menschen erfreut und sie dann auch bereit sind, etwas mehr Geld auszugeben. Verpflegung braucht das alles nicht. Wenn jemand etwas Schönes baut, assoziiert der Gast damit automatisch Luxus, und das ist immer ein bisschen teurer. Je preiswerter man seine Einrichtung macht, desto weniger Geld kann man verlangen.

Was also passiert in einem Supermarkt?
Im Supermarkt essen ist eindeutig Verpflegung. Aber: Das Probieren im Supermarkt kann Erlebnis sein. Dann steht es in einem Zusammenhang: Wenn ich in einer Weinabteilung einen guten Wein probieren darf, ist das ein Erlebnis. Wenn ich eine Cola trinke, weil ich Durst habe, ist es Verpflegung. Wenn ich eine Bratwurst esse mit Senf und billigem Brötchen, ist es Verpflegung. Wenn ich einen Prosciutto probieren darf, oder einen Patanegra-Schinken, dann ist das ein Erlebnis. Man muss differenzieren, was man anbietet. Auch wenn das Schinkenbrötchen dann 5 Euro kostet.

Man kann ein Stück Erlebnis in jede Gastronomie bringen. Aber man muss bei dem bleiben, was das Kerngeschäft ist, und das ist Versorgung. Wer im Einzelhandel Gastronomie anbietet, möchte eine höhere Verweildauer erreichen. Aber täuschen wir uns nicht: Das geht auch mit einem Versorgungsangebot – das macht ja zum Beispiel Ikea perfekt Der Hotdog ist bestimmt kein Erlebnis. Dennoch werden davon Millionen verkauft.

Was schließen Sie aus dem Phänomen Ikea?
Wenn es darum gehen soll, das Bedürfnis nach Versorgung zu befriedigen, würde ich mich aus dem Supermarkt bedienen. Ich würde, wenn ich Spaghetti mache, Spaghetti Miracoli machen, und ich würde es auch so nennen. Warum sollte man es sich kompliziert machen? Es wird schwer, einen guten Koch zu motivieren, in einem Supermarkt zu arbeiten. Und dann ist die Frage: Was kann er dort überhaupt machen? In Frankreich zum Beispiel experimentiert man damit, eine Mikrowelle in eine Ecke zu stellen, in der sich die Kunden das fertige Essen, das sie im Markt kaufen, aufwärmen und dort essen können. Jetzt könnte man diese Ecke noch etwas aufwerten. Die Frage ist, ob das bei den Mietpreisen im Supermarkt in der Großstadt rentabel ist. Das macht es schwierig.