Smartphones Da bist Du ja wieder!

Dank digitaler Services können stationäre Händler Vorlieben und Verhaltensweisen der Käufer systematisch erfassen. Das bringt Vorteile fürs Geschäft.

Mittwoch, 17. Februar 2016 - Management
Sonja Plachetta
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Das Smartphone ist zum ständigen Begleiter vieler Menschen geworden. 63 Prozent der Deutschen über 14 Jahre besaßen Anfang 2015 nach Angaben des Digitalverbands Bitkom ein solches Mobiltelefon. Das hat auch für Lebensmittelhändler Folgen: Die Kunden werden durch die meist mit Internetzugang versehenen Geräte autonomer in ihrer Entscheidung, was und wo sie einkaufen. Bereits jeder Zehnte recherchiert seinen Lebensmitteleinkauf heute vorab online, sagt Jannika Bock, Industry Leader Retail bei Google (siehe Seite 16). Die Konsumenten suchen mit ihrem Smartphone u. a. nach Händlern in der Nähe, nach Ladenöffnungszeiten und Wochenangeboten. 38 Prozent der Verbraucher recherchieren laut der Studie „Store 4.0 – Zukunft des stationären Handels“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) mit ihren mobilen Geräten auch online, während sie im Laden sind, jeder Dritte vergleicht dort online Preise. Die Digitalisierung prägt also bereits heute die sogenan nte „Customer Journey“, den Weg des Kunden.

Obwohl durch die Omnipräsenz der mobilen Geräte die Ansprüche und der Wettbewerbsdruck steigen, entstehen so auch vielfältige Chancen für die Ladengeschäfte. „Mit dem Siegeszug der Smartphones sind eine Vielzahl von relevanten ‚Touch Points‘ entstanden, die es erlauben, mit dem Kunden in Kontakt zu treten“, erklärt Jannika Bock. Selbst wenn ein Lebensmittelhändler bisher quasi alle Kunden mit Namen kannte und wusste, was sie gerne kaufen – so systematisch wie ein Online-Händler konnte er Verhaltensweisen und Vorlieben seiner Käufer kaum erfassen. Durch die Digitalisierung und die Entwicklung innovativer Technologien ändert sich das deutlich. Plötzlich können auch stationäre Händler z. B. präziser Auskunft über die Konversionsrate oder die Abbruchrate geben, und sie haben die Möglichkeit, die Kunden per Tracking durch den Markt zu „verfolgen“.

Verschiedene Big-Data-Anwendungen helfen, den Verbraucher individuell zu beraten und an sich zu binden. Immerhin 18 Prozent der befragten Konsumenten gaben in der PwC-Studie an, dass personalisierte Angebote für sie das Einkaufserlebnis im stationären Laden verbessern. Laut einer Untersuchung der marketing- und technologieagentur DigitasLBi auf Basis der Studie „Connected Commerce 2015“ würden mehr als die Hälfte der Konsumenten (53 Prozent) den Einzelhandel sogar häufiger besuchen, wenn sie solche Offerten direkt auf ihr Smartphone erhielten. Für ein digitales Treueprogramm zeigt sich demnach nahezu jeder Zweite (49 Prozent) offen. Generell gilt: Wer dem Erhalt solcher Angebote auf seinem mobilem Gerät zustimmt, wünscht sich vor allem Zusatzinformationen, individuelle Beratung und Preisnachlässe. Die große Herausforderung für den Händler sei es, den Kunden diese Mehrwerte anzubieten, ohne sie zu nerven, sagt Oliver Bohl, Director Digital Business De velopment bei Payback (siehe Interview Seite 18).

Gesichtsscannen ist Briten nicht geheuer
Tatsächlich kommt nicht alles, was technisch möglich ist, gut beim Kunden an. So war es z. B. den Briten nicht geheuer, dass die Supermarktkette Tesco eine Gesichtserkennungstechnik einsetzte. Dabei wurden die Augen der Kunden digital erfasst, woraufhin das Programm Optimeyes entschieden hat, welche kurzen Werbespots ihnen auf einem Bildschirm gezeigt wurden. Es blieb bei dem Test.

Klar ist aber, dass es immer mehr darum geht, Daten in Echtzeit zu verarbeiten und zu verknüpfen, damit Händler ihre Kunden am PoS während der gesamten Customer Journey begleiten können. So ist es inzwischen möglich, den Warenkorb eines Kunden, der mobiles Self-Scanning nutzt, zu analysieren, bevor er an der Kasse ankommt. Auf diese Weise kann der Händler ihm Vorschläge zum Cross- oder Up-Selling machen.

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