Interview mit Florian Jaeger Mission: Markt besetzen

Der Lebensmittel-Lieferdienst Shopwings setzt zur internationalen Expansion an. Mit-Gründer Florian Jaeger über das neue Geschäftsmodell.

Donnerstag, 26. Februar 2015 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Mission: Markt besetzen

Verschiedene Unternehmen haben sich mittlerweile an den Online-Handel mit Lebensmitteln gewagt. Welche Vorteile bietet Shopwings im Vergleich zu den bestehenden Lieferdiensten?
Florian Jaeger: Die Vorteile liegen in der Breite des Sortiments, der Kurzfristigkeit der Auslieferung und der verlässlichen Ausführung durch Personal Shopper. Der größte Knackpunkt bei den bestehenden Services ist das Lieferfenster, das oft mehrere Tage im Voraus für die Lieferung des Online-Einkaufs gebucht werden muss. Shopwings liefert bereits ab zwei Stunden nach Eingang der Bestellung. Das Lieferfenster beträgt gerade mal eine Stunde. Unsere Shopper sind geschult, wählen die Ware sorgfältig nach den Wünschen der Kunden aus und rufen an, sollte ein Artikel nicht verfügbar sein. So hat der Kunde selbst die Wahl, ob und wenn ja, welches Ersatzprodukt gekauft werden soll.

Wie wird der Service bisher angenommen? Wie viele Kunden haben Sie?
Konkrete Kundenzahlen nennen wir nicht. Wir wachsen jedoch von Woche zu Woche sehr dynamisch, im deutlich zweistelligen Prozentbereich. Uns gibt es ja erst seit fünf Monaten. Ein hoher Prozentsatz unserer Kunden sind bereits „Wiederholungstäter“, die besten bestellen schon wöchentlich.

Sie arbeiten mit mehreren Handelsketten zusammen. Welche sind dies und wie groß ist das Angebot?
Wir arbeiten mit Discountern, Vollsortimentern und Spezialitätenanbietern zusammen: Aldi und Lidl, Edeka, V-Markt, Alnatura und neuerdings Frischeparadies. Insgesamt umfasst unser Angebot mittlerweile rund 16.000 Artikel. Allerdings ist es abhängig von der Lieferadresse des Kunden. Nach Eingabe der Postleitzahl werden die Geschäfte der Kooperationspartner vorgeschlagen, die sich in der Nähe befinden. Beim Frischeparadies beispielsweise stehen dann gut 2.000 Artikel zur Wahl.

Was macht die Zusammenarbeit mit Shopwings für Handelsketten attraktiv?
Unsere Partner partizipieren auf sehr einfache Weise an den wachsenden Online-Umsätzen und behalten den Umsatz trotzdem in ihren stationären Läden, wir fahren gemeinsame Marketing-Aktionen mit unseren Partnern und bieten ihnen im Rahmen des datenschutzrechtlich Erlaubten Analysedaten zum Einkaufs- und Suchverhalten unserer Kunden. Für unsere Partner ist es besonders interessant, gleich von Anfang an dabei zu sein, weil sich Kunden losgelöst von ihrer sonstigen Händlertreue beim Wechsel von stationär zu online neu orientieren und dadurch für unsere Partner Marktanteilsgewinne leicht möglich sind.

Kann ich meinen Shopper auch in mehrere Geschäfte schicken?
Daran arbeiten wir. Im Moment ist es möglich, in zwei verschiedenen Geschäften einkaufen zu lassen. Hierfür muss man die Bestellungen noch gesondert absenden und wir kombinieren diese dann. In Zukunft wird dies jedoch erweitert und vereinfacht.

Der Aufwand muss dann aber auch ‧bezahlt werden...
Richtig. Der Zeitaufwand muss sich dann in einer erhöhten Liefergebühr widerspiegeln. Dafür ist die eingesparte Zeit für den Kunden aber auch entsprechend höher.

Aktuell beträgt die Liefergebühr ab der 2. Bestellung 4,90 Euro. Sie werben damit, dass Ihre Shopper bis zu 20 Euro Stundenlohn verdienen können. Wie wollen Sie in die schwarzen Zahlen kommen?
Wir arbeiten stetig daran, alle Prozessschritte zu optimieren. Unsere Shopper müssen möglichst mehrere Einkäufe zusammen erledigen. Aber hierfür benötigen wir erst einmal ein gewisses Grundrauschen und entsprechende Volumina. Unser Hauptfokus liegt aber derzeit noch nicht auf konkreten Plänen zu schwarzen Zahlen.

Sondern?
Wir möchten zunächst ein überlegenes Produkt schaffen,möglichst viele Kunden für unseren Service gewinnen und den Markt besetzen. Der Markt für Lebensmittel-Lieferdienste wird nicht genug Raum haben für viele Player.

Wie sehen Ihre Expansionspläne aus?
Wir sind in München gestartet, kurz darauf in Berlin. Seit Ende Januar gibt es Shopwings auch in Sydney. Weitere Städte sind in Deutschland und im Ausland in Vorbereitung. Unsere Prozesse stehen, daher werden die nächsten Schritte sehr schnell gehen.

Wie viele Shopper arbeiten aktuell für Sie und wonach haben Sie diese ausgewählt?
In Berlin und München arbeiten derzeit jeweils rund 50 Einkäufer als freie Mitarbeiter für uns. Sie mussten in Gesprächen erst einmal beweisen, dass sie sich mit Lebensmitteln auskennen und findig sind in der Navigation durch Stadt und Supermärkte. Zudem muss der Shopper über einen fahrbaren Untersatz, Auto, Motorrad oder Fahrrad, verfügen.

Wie viel verdient ein Shopper bei Ihnen mindestens?
Das ist nicht so einfach zu sagen, da die Provision der freiberuflichen Shopper von der einzelnen Bestellung abhängt, aber deutlich über Mindestlohn-Niveau.

Nach welchen Faktoren richtet sich die Vergütung?
Beispielsweise nach dem Wert der Bestellung, Anzahl und Gewicht der Artikel, Lieferzeit etc.

Rocket Internet ist bekanntermaßen Ihr Hauptinvestor. Wie unterstützt das Unternehmen Sie konkret?
Rocket Internet ist bekannt für seine Systematik. In den ersten 100 Tagen unterstützt das Unternehmen Start-ups sehr intensiv, steckt sehr viel eigene Manpower in den Aufbau vor Ort. In den nächsten 100 Tagen ist Rocket noch immer dabei, aber zieht sich immer weiter zurück. Unser Team steht und arbeitet intensiv.